Die unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmeranteilen der Eltern an einer GbR (Besitzgesellschaft) -jeweils als Teilmitunternehmeranteile- auf ihre Kinder führt nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven, wenn die Eltern als Sonderbetriebsvermögen bei der GbR behandelte Anteile an der Betriebsgesellschaft (GmbH) nicht vollständig auf ihre Kinder, sondern auch zu einem geringen Teil zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen bzw. nach Übertragung zum Buchwert zwischen den Sonderbetriebsvermögen der Ehegatten schließlich -insoweit unter Aufdeckung der stillen Reserven- in das Privatvermögen überführen.

Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 02.08.20121 scheidet nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG, der nach Halbsatz 2 der Vorschrift auch auf die unentgeltliche Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person anzuwenden ist, die Aufdeckung der stillen Reserven im unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen worden ist. Zur Begründung hat der BFH in diesem Urteil u.a. ausgeführt, dass die Privilegierungen nach § 6 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 5 EStG nach dem Wortlaut des Gesetzes gleichberechtigt nebeneinander stünden. Ein Rangverhältnis sei weder ausdrücklich geregelt noch lasse es sich im Wege der Auslegung bestimmen. Ihrem Wortlaut nach könnten § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG unabhängig voneinander und damit -wenn die Beteiligten von Übertragungsvorgängen in zeitlichem Zusammenhang sowohl die Rechtsnachfolge des bisherigen Betriebsinhabers als auch Umstrukturierungen beabsichtigen – auch gleichzeitig -jeweils mit der Rechtsfolge der Buchwertfortführung- zur Anwendung gelangen.
Die Frage des Verhältnisses von § 6 Abs. 3 EStG zu § 6 Abs. 5 EStG ist durch dieses Urteil in BFHE 238, 135 hinreichend geklärt. An der dort vertretenen Auslegung von § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG hat der Bundesfinanzhof auch in seinen Urteilen vom 09.12 20142 und vom 12.05.20163 festgehalten.
In Einklang damit ergibt sich (auch) aus dem Urteil vom 12.05.20164, dass die Übertragung eines zurückbehaltenen Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens in ein anderes Betriebsvermögen zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 EStG der Buchwertprivilegierung der unentgeltlichen Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht entgegensteht.
Auch der Hinweis auf den Umstand, dass im Streitfall zwischen den Sonderbetriebsvermögen der Eheleute bei der GbR nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zum Buchwert übertragenes Sonderbetriebsvermögen -nunmehr unter Aufdeckung der stillen Reserven- in das Privatvermögen eines der bisherigen Mitunternehmer der GbR entnommen worden ist, rechtfertigt keine erneute Stellungnahme des Bundesfinanzhofs zur Auslegung des § 6 Abs. 3 EStG. In seinen Urteilen in BFHE 238, 135 und in BFHE 247, 449 hat der Bundesfinanzhof ausgeführt, dass Wirtschaftsgüter, die vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen bzw. (unter Aufdeckung der stillen Reserven) entnommen oder veräußert worden sind, nicht mehr Bestandteil des Mitunternehmeranteils sind.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30. Juni 2016 – IV B 2/16