Bei einem vom Rest des Unternehmens nicht hinreichend selbständigem Geschäftsbereich handelt es sich nicht um einen Teilbetrieb i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, der im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Gewerbeertrag ist gemäß § 7 Satz 1 GewStG der u.a. nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigten ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Dieser ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs um solche Bestandteile zu bereinigen, die nicht mit dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen1. Zu diesen -herauszurechnenden- Bestandteilen gehören Gewinne, die nicht dem laufenden Betrieb, sondern dessen Aufgabe oder Veräußerung zuzuordnen sind2.
Die weitgehende Verselbständigung eines Teilbetriebs im Rahmen des gesamten Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung maßgebliche Rechtfertigung dafür, dass auch Gewinne aus der Aufgabe oder Veräußerung eines Teilbetriebs nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen und damit den Gewinnen aus der Aufgabe oder Veräußerung des Gesamtbetriebs gleichzustellen sind3. Dabei kommt es -anders als im Anwendungsbereich des § 34 EStG- nicht notwendigerweise darauf an, dass alle stillen Reserven aufgedeckt werden, denn die Nichtbelastung mit Gewerbesteuer dient nicht dazu, die Folgen der zusammengeballten Realisierung stiller Reserven zu mildern. Sie hat ihren Grund vielmehr in dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, die grundsätzlich nur den durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinn erfassen soll4.
Der Begriff des Teilbetriebs ist in diesem Zusammenhang ebenso zu verstehen wie in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG5, also als organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein funktions- bzw. lebensfähig ist6. Anders als die Unternehmerin meint, hat danach der § 613a BGB zugrundeliegende Betriebsbegriff für die Beurteilung des Streitfalls keine Bedeutung.
Ob die veräußerten Wirtschaftsgüter in ihrer Zusammenfassung einer sich von der übrigen gewerblichen Tätigkeit des Veräußerers deutlich abhebenden Betätigung dienen und als Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzen, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden7, und zwar nach den Verhältnissen beim Veräußerer und nicht beim Empfänger8. Bei dieser Gesamtwürdigung sind die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Abgrenzungsmerkmale -z.B. räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, eigener Wirkungskreis, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm und eine die Eigenständigkeit ermöglichende interne Organisation- zu beachten9. Diese Merkmale brauchen zwar nicht sämtlich vorzuliegen, der Teilbetrieb erfordert allerdings eine gewisse Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb10. Ob zivilrechtlich unter dem Aspekt des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes ein zur Veräußerung vorgesehener Teil des Gesamtbetriebs definiert werden kann, ist für den steuerrechtlichen Begriff des Teilbetriebs entgegen der Auffassung der Unternehmerin nicht von Bedeutung.
Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen billigte der Bundesfinanzhof im vorliegend entschiedenen Fall, dass es sich bei dem veräußerten Geschäftsbereich „Gastronomie“ nicht um einen mit der erforderlichen Selbständigkeit ausgestatteten Teilbetrieb gehandelt hat:
Im Streitfall sprechen einzelne Umstände durchaus für eine Selbständigkeit des Geschäftsbereichs „Gastronomie“: So wurden die LKW für den Geschäftsbereich „Gastronomie“ verwendet und deren Fahrer diesem Bereich auch personell zugeordnet. Auch wurden die Dienstleistungen der betroffenen Unternehmensbereiche getrennt beworben und die Lieferverträge getrennt ausgehandelt. Die vorgenannten Umstände wiegen aber bereits deshalb nicht schwer, weil die angesprochene Trennung nicht durchgängig erfolgte: Eine personelle Trennung war nach den Feststellungen des Finanzgericht etwa für die Leergutsortierung sowie die Kommissionierung und Beladung der LKW nicht gegeben. Auch wurden die Unternehmensbereiche bis auf die genannten punktuellen Bereiche organisatorisch einheitlich geführt.
Hinzu kommt im Rahmen der Gesamtabwägung, dass der Unternehmensbereich „Gastronomie“ nicht räumlich vom Rest des Unternehmens getrennt und eine eigenständige Verwaltung der Unternehmensbereiche nicht klar erkennbar war. Insbesondere verfügten beide Geschäftsbereiche nicht über eine jeweils eigenständige Buchführung, sondern lediglich bezogen auf den Bereich der Warenwirtschaft erfolgte eine Trennung in der Kostenstellenrechnung. Schon der Umstand, dass die von den Unternehmensbereichen erzielten Erlöse und aufgewendeten Kosten nicht getrennt und permanent erfasst wurden, sondern nach den Feststellungen des Finanzgericht nur „herleitbar“ waren, zeigt, dass es an der erforderlichen Selbständigkeit des Geschäftsbereichs „Gastronomie“ fehlte. Deshalb ist die Würdigung des Finanzgericht, dass bis zum Verkauf des Bereichs „Gastronomie“ ein aus beiden Geschäftsbereichen bestehendes Gesamtunternehmen bestanden habe, möglich und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Oktober 2015 – IV R 17/12
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 15.04.2010 – IV R 5/08, BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912; vom 24.08.2000 – IV R 51/98, BFHE 192, 534, BStBl II 2005, 173, m.w.N.[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 18.12 2014 – IV R 59/11, BFH/NV 2015, 520, m.w.N.; vom 15.06.2004 – VIII R 7/01, BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754[↩]
- BFH, Urteil vom 07.08.2008 – IV R 86/05, BFHE 223, 245, BStBl II 2012, 145, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 03.02.1994 – III R 23/89, BFHE 174, 372, BStBl II 1994, 709; vom 17.03.2010 – IV R 41/07, BFHE 228, 381, BStBl II 2010, 977[↩]
- BFH, Urteile vom 23.11.1988 – X R 1/86, BFHE 155, 521, BStBl II 1989, 376, m.w.N.; vom 25.11.2009 – X R 23/09, BFH/NV 2010, 633[↩]
- BFH, Urteile vom 04.07.2007 – X R 49/06, BFHE 218, 316, BStBl II 2007, 772; in BFHE 223, 245, BStBl II 2012, 145[↩]
- BFH, Urteile vom 10.10.2001 – XI R 35/00, BFH/NV 2002, 336; vom 16.11.2005 – X R 17/03, BFH/NV 2006, 532; vom 15.03.2007 – III R 53/06, BFH/NV 2007, 1661[↩]
- BFH, Beschluss vom 18.10.1999 – GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123; BFH, Urteil in BFH/NV 2007, 1661[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFH/NV 2002, 336, und in BFH/NV 2006, 532[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFH/NV 2002, 336[↩]