Der Zinsanteil einer Zeitrente aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs ist im Fall der Wahl der Zuflussbesteuerung als nachträgliche Betriebseinnahme gemäß § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen.

Veräußert ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb gegen wiederkehrende Bezüge -insbesondere gegen eine Leibrente-, gewähren ihm sowohl die Rechtsprechung als auch die Finanzverwaltung1 in Bezug auf die Einkommensteuer Erleichterungen. Dabei geht die jüngere Rechtsprechung2 davon aus, dass es sich bei der Sofortbesteuerung um den gesetzlichen Normalfall handelt und die Zuflussbesteuerung „eine auf Billigkeitserwägungen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beruhende Ausnahmeregelung“ darstellt. Daraus folgt, dass der Gewinn aus einer Betriebsveräußerung auch dann, wenn der Veräußerungserlös in Form wiederkehrender Bezüge gezahlt wird, grundsätzlich bereits im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern ist; zu einer Zuflussbesteuerung kann es nur kommen, wenn diese vom Steuerpflichtigen ausdrücklich gewählt wird.
Besteht der Kaufpreis eines Gewerbebetriebs u.a. aus langfristig wiederkehrenden Bezügen, die hauptsächlich im Interesse des Veräußerers vereinbart wurden, um dessen Versorgung zu sichern, und nicht im Interesse des Erwerbers, so liegen Bezüge vor, die einer Leibrente gleichen. Sie sind im Fall eines ungewöhnlich langen, nicht mehr übersehbaren Zeitraums ähnlich wagnisbehaftet und eröffnen als sog. (Veräußerungs-)Zeitrenten das Wahlrecht zwischen der Sofort- und der Zuflussbesteuerung3.
Für die Unterscheidung einer solchen betrieblichen Veräußerungszeitrente von der Veräußerung gegen Kaufpreisraten ist der Vertragsinhalt entscheidend, der eindeutig die Absicht des Veräußerers erkennen lassen muss, sich mit der Veräußerung eine Versorgung zu verschaffen. Hinsichtlich des Zeitraums, den die höchstrichterliche Rechtsprechung als ungewöhnlich lang und nicht mehr übersehbar ansieht, stellt sie auf die im Geschäftsleben üblichen Stundungszeiträume ab. So hält sie etwa eine Laufzeit der wiederkehrenden Bezüge von über 25 Jahre als außerhalb dieser Stundungszeiträume liegend4. Auch eine Vereinbarung von Kaufpreisraten mit einer Laufzeit von über zehn Jahren ist nach Auffassung des BFH als so ungewöhnlich lang und wagnisbehaftet anzusehen, dass das für wiederkehrende Bezüge geltende Wahlrecht zu gewähren ist5. Kaufpreisraten über einen Zeitraum von nur zehn Jahren liegen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dagegen (noch) „in einem im Geschäftsleben durchaus üblichen Rahmen“6.
Die Finanzverwaltung gewährt nach H 16 Abs. 11 der Einkommensteuerhinweise bei einer Zeitrente das für die Veräußerung des Betriebs gegen wiederkehrende Leistungen vorgesehene Wahlrecht nach R 16 Abs. 11 EStR und stellt bei Kaufpreisratenzahlung auf einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren ab7.
Die Voraussetzungen für die Wahl der Zuflussbesteuerung sind im vorliegenden Fall erfüllt. Das Feststellungs-Finanzamt hat das Vorliegen einer Betriebsveräußerung bestandskräftig und bindend festgestellt. Außerdem wurde eine Zeitrente mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren zur Versorgung des Veräußerers vereinbart. Letztendlich haben die Veräußerer am 16.05.2013 im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2009 ihr Wahlrecht auf Inanspruchnahme der Zuflussbesteuerung wirksam ausgeübt und sind in jenem Jahr auch dementsprechend veranlagt worden.
Deswegen steht auch für das Streitjahr bindend fest, dass der Veräußerer den festgestellten Veräußerungsgewinn für seine Mitunternehmeranteile entsprechend dem Zufluss zu versteuern hat. Dies ist -jedenfalls dem Grunde nach- zwischen den Beteiligten auch nicht streitig, so dass der Bundesfinanzhof insoweit von weiteren Ausführungen absieht.
Die als Teil dieser Zeitrente dem Veräußerer im Streitjahr zufließenden Zinsen sind wie die Tilgungsanteile nachträgliche Betriebseinnahmen gemäß § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Forderung des Veräußerers auf Zahlung der Zeitrente bleibt nämlich bei Wahl der Zuflussbesteuerung eines Veräußerungsgewinns auch nach dem Ende der gewerblichen Tätigkeit weiterhin Teil des (Rest-)Betriebsvermögens.
Bei Wahl der Sofortversteuerung werden in der Rechtsprechung und im Schrifttum in Bezug auf die Zugehörigkeit einer solchen Kaufpreisforderung unterschiedliche Auffassungen vertreten8.
Wird demgegenüber -wie im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall- die Zuflussbesteuerung gewählt, ist die Finanzverwaltung der Ansicht, dass sowohl der das Kapitalkonto übersteigende Tilgungsanteil wie auch der Zinsanteil nachträgliche Betriebseinnahmen gemäß § 15 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG seien9. Folglich behandelt sie die Kaufpreisforderung als im Betriebsvermögen verblieben.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist hinsichtlich der Zugehörigkeit einer (verrenteten) Kaufpreisforderung aus einer Betriebsveräußerung zu unterscheiden: Während diese Forderung bei Wahl der Sofortversteuerung nach der Versteuerung des Veräußerungsgewinns Privatvermögen sein kann, bleibt sie in dem Fall, in dem -wie hier- der Steuerpflichtige die Zuflussbesteuerung wählt, stets Teil des Restbetriebsvermögens.
Im Fall der Betriebsveräußerung ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG der Wert des Betriebsvermögens oder des (Mitunternehmer-)Anteils für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG zu ermitteln. Dieses so auf den Veräußerungszeitpunkt berechnete Betriebsvermögen dient der Abgrenzung des (letzten) laufenden Gewinns vom begünstigten Veräußerungsgewinn. Die Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und diesem Betriebsvermögen zum Zeitpunkt der Veräußerung ist der Veräußerungsgewinn. Er umfasst sämtliche stillen Reserven des Betriebs, die nunmehr zu versteuern sind.
Kommt es zum Regelfall der Sofortversteuerung dieses Veräußerungsgewinns, werden sämtliche stillen Reserven der Besteuerung unterworfen. Folglich kann eine anschließend noch bestehende Forderung Privatvermögen werden, weil ihre Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen zur Sicherstellung der Besteuerung stiller Reserven entbehrlich ist. Nur in Ausnahmefällen werden Wirtschaftsgüter im (Rest-)Betriebsvermögen verbleiben (müssen), und zwar dann, wenn sie nicht in das Privatvermögen überführbar sind. Für eine Kaufpreisforderung gilt dies nicht.
Wählt der Steuerpflichtige dagegen die Zuflussbesteuerung des Veräußerungsgewinns, kommt es -anders als im Fall der Sofortversteuerung- jedoch gerade nicht zur Besteuerung der stillen Reserven im Veräußerungszeitpunkt. Auch eine Unterscheidung zwischen der Besteuerung eines laufenden Gewinns und der ermäßigten Besteuerung eines Veräußerungsgewinns (§§ 16, 34 EStG) ist nicht nötig. Es kommt vielmehr zu einer ratierlichen Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven, sobald das Kapitalkonto überschritten wurde. Diese Betrachtung zwingt zu der Annahme, dass die Kaufpreisforderung des Veräußerers, die ja auch die stillen Reserven des Unternehmens umfasst, weiterhin (Rest-)Betriebsvermögen bzw. betrieblich verhaftet bleiben muss. Sie wird (allein) aufgrund der Veräußerung des Betriebs im Ganzen nicht in das Privatvermögen überführt. Wenn dem so ist, kann der Zufluss des in den Kaufpreisanteilen enthaltenen Zinsanteils nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Dies verbietet die Subsidiarität dieser Einkünfte (vgl. § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG).
Der Bundesfinanzhof kann es im vorliegenden Fall offenlassen, ob eine Trennung der Zahlungen in einen Zins- und Tilgungsanteil nötig ist. Denn im Streitjahr fallen sowohl ein Tilgungs- als auch ein Zinsanteil an. Die steuerpflichtige Gesamtrate übersteigt den rechnerischen Zinsanteil, so dass jedenfalls in Höhe dieser Zinsen Betriebseinnahmen vorliegen. Nur diese wollen die Veräußerer als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert wissen. Die Gesamthöhe der steuerpflichtigen Rate ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und auch vom Finanzgericht nicht abweichend ermittelt worden. Ausgehend vom Revisionsantrag hat der Bundesfinanzhof somit nur über die Qualifizierung des Zinsanteils zu entscheiden.
Sollte der Tilgungsanteil aufgrund der Besteuerung des Zinsanteils entsprechend dem Zufluss in der Vergangenheit im Streitjahr 2011 zu gering angesetzt worden sein, wäre es dem Bundesfinanzhof im Übrigen verwehrt, dies zu Lasten der Veräußerer zu korrigieren. Das revisionsrechtliche Verböserungsverbot untersagt es dem Revisionsgericht, die Rechtsstellung des Revisionsführers, wie sie sich aufgrund des Finanzgericht, Urteils ergibt, zu seinen Ungunsten zu ändern, wenn -wie im Streitfall- kein anderer Beteiligter Revision eingelegt hat10.
Da die Kaufpreisforderung im Betriebsvermögen verblieben ist, kann schon aus diesem Grund das BFH-Urteil vom 18.11.201411 zur vergleichbaren Fragestellung bei einer Veräußerung gemäß § 17 EStG nicht einschlägig sein. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG betrifft ausdrücklich nur die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die sich im Privatvermögen des Veräußerers befinden. Auch hat der Bundesfinanzhof in diesem Urteil die Frage, ob die wiederkehrenden Leistungen in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen seien, ausdrücklich offengelassen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 5. November 2019 – X R 12/17
- heute R 16 Abs. 11 EStR 2012[↩]
- vgl. hierzu und zur Rechtsprechungsentwicklung das BFH, Urteil vom 17.07.2013 – X R 40/10, BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883, unter II. 1., m.w.N.[↩]
- vgl. nur BFH, Urteil vom 26.07.1984 – IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829, unter II. 1.b, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829, unter II. 2.[↩]
- BFH, Urteil vom 15.06.2010 – X R 36/08, BFH/NV 2017, 4, Rz 46, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 12.06.1968 – IV 254/62, BFHE 92, 561, BStBl II 1968, 653, unter 1.a[↩]
- BMF, Schreiben vom 03.08.2004 – IV A 6-S 2244-16/04, BStBl I 2004, 1187, Tz. 2[↩]
- vgl. dazu nur BFH, Urteile vom 16.12.1997 – VIII R 11/95, BFHE 185, 205, BStBl II 1998, 379, unter II. 4. (Privatvermögen); vom 29.06.1995 – VIII R 2/94, BFHE 179, 13, BStBl II 1996, 60, unter 2.a (wohl auch Privatvermögen); vom 19.08.1999 – IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179, unter 2.b (ausdrücklich offengelassen, welchem Vermögen eine solche Kaufpreisforderung zuzuordnen ist); vom 09.11.1999 – II R 45/97, BFH/NV 2000, 686, unter II. 2.a (kein Zwang, die Kaufpreisforderung dem Privatvermögen zuzuordnen); s.a. Blümich/Schallmoser, § 16 EStG Rz 597 (notwendiges Privatvermögen); Kobor in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 405, m.w.N. (Restbetriebsvermögen); Seer in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 16 Rz 271 (Restbetriebsvermögen) [↩]
- BMF, Schreiben in BStBl I 2004, 1187, Tz.02.1[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 07.03.2006 – VII R 12/05, BFHE 212, 388, BStBl II 2006, 584, unter II. 2., m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 18.11.2014 – IX R 4/14, BFHE 248, 138, BStBl II 2015, 526[↩]
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