Verlustfeststellung – und die berücksichtigungsfähige Außenhaftung des Kommanditisten

Bei der im Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG enthaltenen Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung handelt es sich nicht um eine selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage.

Verlustfeststellung – und die berücksichtigungsfähige Außenhaftung des Kommanditisten

Der Gewinnfeststellungsbescheid i.S. des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO kann eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen (Streitgegenstände) enthalten1.

Im Verlustfeststellungsbescheid i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der verrechenbare Verlust gesondert festzustellen. Dies ist gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG der nach Absatz 1 der Vorschrift nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach Absatz 2 abzuziehenden und vermehrt um die nach Absatz 3 hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust). Der Hinzurechnungsbetrag nach § 15a Abs. 3 EStG stellt nach der Rechtsprechung des beschließenden Bundesfinanzhofs eine selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage dar, die allerdings im Gewinnfeststellungsbescheid nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO festzustellen ist2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob die beiden übrigen in § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG genannten Berechnungsgrundlagen ebenfalls selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlagen sind3, oder ob nur der verrechenbare Verlust als das Ergebnis seiner Berechnungsgrundlagen die selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage des Verlustfeststellungsbescheids bildet. Jedenfalls handelt es sich bei der im Verlustfeststellungsbescheid enthaltenen Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung (vgl. § 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG) -ebenso wie bei einer dort dargestellten Kapitalkontenentwicklung4- nicht um eine selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage. Denn die Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung geht lediglich in die Ermittlung des nicht ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlustes nach § 15a Abs. 1 EStG ein. Solange eine berücksichtigungsfähige Außenhaftung besteht, sind die Verluste -trotz eines entstehenden oder sich erhöhenden negativen Kapitalkontos- nicht verrechenbar, sondern ausgleichs- und abzugsfähig.

Weiterlesen:
Der Heileurythmist als freier Beruf

Klagen nicht alle von mehreren nach § 48 FGO Klagebefugten gegen eine selbständig anfechtbare Feststellung, müssen im Grundsatz die übrigen nach dieser Vorschrift Klagebefugten zu dem Verfahren beigeladen werden5. Klagt beispielsweise eine Personengesellschaft nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO gegen den in einem Gewinnfeststellungsbescheid als selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage festgestellten Sonderbetriebsgewinn eines Gesellschafters, so ist dieser Gesellschafter im Klageverfahren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO notwendig beizuladen6; klagt eine Personengesellschaft gegen den in einem -mit dem Gewinnfeststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 Satz 5 EStG verbundenen- Verlustfeststellungsbescheid festgestellten verrechenbaren Verlust eines Kommanditisten, so ist (nur) dieser Kommanditist im Klageverfahren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO notwendig beizuladen7.

Im hier entschiedenen Fall begehrt die Kommanditgesellschaft für die Jahre 2010 und 2011 eine Erhöhung des laufenden, allein dem Kommanditisten zuzurechnenden Gesamthandsverlusts . Selbst wenn der GmbH & Co. KG diese erhöhten Verluste vollständig zugesprochen werden sollten, wären die verrechenbaren Verluste des Kommanditisten nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG -betrachtet man das Ergebnis der in dieser Norm genannten Berechnungsgrundlagen als die selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage- für die Streitjahre unverändert mit jeweils 0 € festzustellen. So wäre bei dem Kommanditisten selbst bei Berücksichtigung der begehrten höheren laufenden Gesamthandsverluste und des sich dadurch weiter erhöhenden negativen Kapitalkontos aufgrund seiner „überschießenden“ Außenhaftung (vgl. § 172 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) weiterhin ein erweiterter Verlustausgleich nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG möglich; seine berücksichtigungsfähige Außenhaftung würde hierdurch nicht verbraucht werden. Damit wären die geltend gemachten Verluste in voller Höhe ausgleichs- und abzugsfähig. Es gäbe daher keinen nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgleichs- und abzugsfähigen Verlust. Danach könnte sich auch hieraus für den Fall, dass man die Berechnungsgrundlage nach § 15a Abs. 1 EStG als eine selbständig feststellbare Besteuerungsgrundlage qualifizieren würde, keine Beschwer des Kommanditisten ergeben. Die den Verlustfeststellungsbescheiden 2010 und 2011 jeweils beigefügte Kapitalkontenentwicklung und Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung sind selbst keine selbständig anfechtbaren Feststellungen. Die sich in diesen Berechnungen ggf. ergebenden Veränderungen können daher keine Rechtsverletzung begründen. Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass der Kommanditist durch die Verlustfeststellungen 2010 und 2011 i.S. des § 40 Abs. 2 FGO beschwert ist. Das Finanzamt hat bisher weder ausgleichs- und abzugsfähige Verluste zu Unrecht als verrechenbare Verluste noch zu Unrecht einen zu niedrigen verrechenbaren Verlust festgestellt. Es ist auch nicht erkennbar, dass bei Berücksichtigung der für 2010 und 2011 geltend gemachten höheren laufenden Gesamthandsverluste ein höherer verrechenbarer Verlust als bisher festzustellen wäre.

Weiterlesen:
Gewinnfeststellungen, Verlustfeststellungen - und der Streitwert

Der beschließende Bundesfinanzhof weist -ohne Bindungswirkung- für das weitere Verfahren daraufhin hin, dass eine von der GmbH & Co. KG gegen die Verlustfeststellungen 2010 und 2011 ggf. erhobene Klage offensichtlich unzulässig wäre. Fehlt dem Kommanditisten bereits die eigene Beschwer nach § 40 Abs. 2 FGO, ist es der GmbH & Co. KG ebenfalls nicht möglich, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO in Prozessstandschaft für den Kommanditisten eine Rechtsverletzung geltend zu machen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23. März 2023 – IV B 31/22

  1. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 01.10.2020 – IV R 4/18, BFHE 271, 154, Rz 25, m.w.N.[]
  2. BFH, Urteil vom 20.11.2014 – IV R 47/11, BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532, Rz 21 f.[]
  3. vgl. z.B. v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15a Rz G 47, G 51[]
  4. vgl. dazu BFH, Beschluss vom 27.11.2019 – IV B 16/19, Rz 4[]
  5. z.B. BFH, Urteile vom 08.11.2018 – IV R 38/16, Rz 24, zum Gewinnfeststellungsbescheid i.S. des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO; vom 31.05.2012 – IV R 14/09, BFHE 238, 38, BStBl II 2013, 673, Rz 24, zum Verlustfeststellungsbescheid i.S. des § 15a Abs. 4 EStG[]
  6. z.B. BFH, Urteil vom 22.03.2022 – IV R 13/18, BFHE 276, 139, BStBl II 2022, 656, Rz 31[]
  7. z.B. BFH, Beschluss vom 20.06.2012 – IV B 147/11, Rz 7[]
Weiterlesen:
Verlustfeststellung - Vorgreiflichkeit und Inhalt