Vertragsbeziehungen zwischen verschwägerten Personen unterliegen als Angehörigenverträge einer Fremdvergleichskontrolle.

Die Zuweisung einer Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen setzt voraus, dass der hierfür auslösende Vorgang einen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb aufweist. Darlehensverbindlichkeiten stellen Betriebsvermögen dar, wenn die Kreditmittel für betriebliche Zwecke, insbesondere zum Erwerb von Wirtschaftsgütern, verwendet werden. Die Person des Gläubigers oder dessen Beweggründe für die Darlehenshingabe sind regelmäßig unbeachtlich1.
Wurde allerdings ein Darlehen, dessen Valuta betrieblich eingesetzt wird, von einem nahen Angehörigen gewährt, erfordert die Zuordnung zum Betriebsvermögen im Hinblick auf den bei Angehörigen vielfach fehlenden natürlichen Interessengegensatz darüber hinaus, dass der zugrunde liegende Vertrag unter Fremdvergleichsaspekten steuerrechtlich anzuerkennen ist.
Die hierfür erforderliche Prüfung knüpft seit der Neuausrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.11.19952 an die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten an. Nach wie vor wird vorausgesetzt, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Jedoch schließt nicht mehr jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen3. Indiz für die Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich ist insbesondere, ob der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist. In diesem Zusammenhang erlangt der Umstand, ob die Vertragschancen und -risiken in fremdüblicher Weise verteilt sind, wesentliche Bedeutung4.
Speziell bei Darlehensverträgen hängt die Intensität der Prüfung des Fremdvergleichs vom Anlass der Darlehensaufnahme ab. Hierbei unterliegen Vertragsbeziehungen, bei denen das Darlehen der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern dient, einer eher großzügigen Fremdvergleichsprüfung5.
Wenn das Finanzgericht Köln formuliert, die Verschwägerung mit dem Darlehensgeber begründe „kein enges“ Verwandtschaftsverhältnis, das von „vornherein auf einen Interessengleichklang hindeutet“6, verkennt es bereits, dass generell auch Vertragsbeziehungen zwischen verschwägerten Personen steuerrechtlich einem Fremdvergleich standhalten müssen. Zwar hat dies die höchstrichterliche Rechtsprechung -soweit ersichtlich- bislang nur für Mietverträge entschieden7. Allerdings sind keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb nicht Selbiges für Darlehensverträge gelten soll.
Dass die beiderseitigen Pflichten vertraglich klar geregelt wurden, genügt selbst unter Beachtung der großzügigeren Fremdvergleichsprüfung bei Investitionsdarlehen nicht. Denn das allein lässt zum einen den Gesichtspunkt ungewürdigt, ob die gewählte Gestaltung die gegenseitigen Vertragschancen und -risiken ausgewogen verteilt hat.
So hätte die Vereinbarung im hier entschiedenen Fall Anlass zu der Erwägung geben müssen, ob die fast 35-jährige Darlehensgesamtlaufzeit und der fast 20 Jahre andauernde tilgungsfreie Zeitraum für den Darlehensgeber nicht mit unverhältnismäßigen Risiken behaftet ist, denen keine erkennbaren adäquaten Chancen -insbesondere keine Erträge aus einer Kapitalanlage- gegenüberstehen. In diesem Zusammenhang hätte auch der Umstand einbezogen werden müssen, dass zu Gunsten des Schwagers als Darlehensgeber nach der schriftlichen Vertragslage keine Sicherheiten bestellt wurden. Deren Fehlen wird zwar von der Rechtsprechung -für sich betrachtet- jedenfalls bei Investitionsdarlehen keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, ist allerdings zu würdigen und kann bei langfristig unkündbaren Darlehen an Gewicht gewinnen8.
Zum anderen fehlten im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall Feststellungen des Finanzgericht zum Lebensalter des Darlehensgebers. Hieraus hätte sich ergeben können, ob dieser mit Blick auf den tilgungsfreien Zeitraum bis Oktober 2030 unter Berücksichtigung der durchschnittlichen statistischen Lebenserwartung überhaupt noch von der Rückzahlungsverpflichtung durch die Darlehensnehmerin hätte profitieren können. Zu würdigen gewesen wäre ebenso das Lebensalter der Darlehensnehmerin, da die vereinbarte Tilgung in den Jahren von 2030 bis 2045 Zeiträume umfasst, in denen die schon ältere Darlehensnehmerin altersbedingt womöglich keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen kann, so dass der Rückzahlungsanspruch von jährlich fast 16.000 € ggf. gefährdet sein könnte.
Die Anpassung bzw. Neugestaltung der Vertragsbedingungen in späteren Jahren kann dagegen die vorliegend ausschließlich für das Streitjahr vorzunehmende Beurteilung fremdüblicher Vereinbarungen nicht beeinflussen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Mai 2019 – X R 19/17
- vgl. BFH, Urteil vom 13.07.2017 – VI R 62/15, BFHE 259, 91, BStBl II 2018, 15, Rz 15, m.w.N.; Beschluss vom 04.07.1990 – GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II. 3.d[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, unter B.I. 2.[↩]
- vgl. statt vieler BFH, Urteil vom 10.10.2018 – X R 44-45/17, BFHE 263, 11, BStBl II 2019, 203, Rz 18 f., m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 25.01.2000 – VIII R 50/97, BFHE 191, 267, BStBl II 2000, 393, unter II. 2.; ebenso BFH, Urteil vom 22.10.2013 – X R 26/11, BFHE 242, 516, BStBl II 2014, 374, Rz 35[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 242, 516, BStBl II 2014, 374, Rz 40[↩]
- FG Köln, Urteil vom 01.09.2016 – 12 K 3383/14[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 07.05.1996 – IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, unter 1.; vom 27.07.2004 – IX R 73/01, BFH/NV 2005, 192, unter II. 4.[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 242, 516, BStBl II 2014, 374, Rz 54 ff.[↩]