Vorübergehende Pachtverzichts bei Betriebsaufspaltung

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstehen, sind nicht vorrangig durch die Beteiligungs-, sondern durch die Miet- oder Pachteinkünfte veranlasst und daher ungeachtet des § 3c Abs. 2 EStG in vollem Umfang abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolgt, die einem Fremdvergleich standhalten.

Vorübergehende Pachtverzichts bei Betriebsaufspaltung

Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachtzahlungen steht § 3c Abs. 2 EStG der Abziehbarkeit der durch die Nutzungsüberlassung entstehenden Aufwendungen nur entgegen, wenn der Verzicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und daher einem Fremdvergleich nicht standhält1.

Auch wenn grundsätzlich das Finanzamt die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG trägt, ist der Steuerpflichtige unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs jedenfalls bei einem Pachtverzicht, der endgültig und nicht lediglich für einen ganz kurzen Zeitraum ausgesprochen wird, gehalten, dem Finanzamt ein Mindestmaß an substantiierten Darlegungen sowohl zur regionalen Marktlage im Bereich der Gewerbeimmobilien als auch zu seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der Pächterin zu unterbreiten.

Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG in der in den Streitjahren 2002 und 2003 geltenden Fassung dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (ab dem Veranlagungszeitraum 2009: zu 60 %) abgezogen werden.

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Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs hat –unter Heranziehung der in den Entscheidungen des X. Senats des BFH vom 18.04.20122 für die Beurteilung substanzbezogener Wertminderungen entwickelten Grundsätze– zur Behandlung laufender Aufwendungen auf Wirtschaftsgüter, die einer Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter zur Nutzung überlassen werden, die folgenden Leitlinien aufgestellt3:

Auch für die Abgrenzung von Aufwendungen, die durch voll steuerpflichtige Einnahmen veranlasst seien, zu solchen, die durch teilweise steuerfreie Einnahmen veranlasst seien, sei maßgebend, aus welchen Gründen („auslösendes Moment“) der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätige. Daher seien auch innerhalb einer Einkunftsart Aufwendungen derjenigen –voll steuerpflichtigen oder teilweise steuerfreien– Einnahmenart zuzuordnen, die im Vordergrund stehe und die Beziehungen zu anderen Einnahmenarten verdränge.

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstünden, seien voll abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolge, die einem Fremdvergleich standhielten. In einem solchen Fall seien die Aufwendungen vorrangig durch die Erzielung voll steuerpflichtiger Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung veranlasst. Demgegenüber sei bei einer unentgeltlichen –und daher nicht fremdüblichen– Nutzungsüberlassung ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen aus der Beteiligung gegeben. Dieser Zusammenhang ermögliche zwar trotz der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung den Abzug der entsprechenden Aufwendungen, führe aber zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG. Davon ausgenommen seien indes substanzbezogene Aufwendungen wie Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Erhaltungsaufwendungen; diese seien in Fortentwicklung der Senat des Bundesfinanzhofssurteile in BFHE 237, 106 und BFHE 237, 119 unabhängig von den Gründen des Pachtverzichts stets in vollem Umfang abziehbar. Im Fall einer verbilligten (teilentgeltlichen) Überlassung seien die Aufwendungen nach Maßgabe des Verhältnisses zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem fremdüblichen Pachtentgelt aufzuteilen.

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Der Veranlassungszusammenhang könne sich im Laufe der Zeit ändern. Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachteinnahmen komme es darauf an, ob der Verzicht durch das Pachtverhältnis oder aber das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Die auf Seiten des Verpächters vorhandenen Gründe für den Verzicht seien durch die Tatsacheninstanz zu ermitteln und unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs zu würdigen. Ein Pachtverzicht aufgrund eines generellen Absinkens der marktüblichen Pachtentgelte oder im Rahmen einer fremdüblichen Sanierungsmaßnahme spreche für eine Veranlassung durch das Pachtverhältnis. Demgegenüber deute es auf eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hin, wenn ein fremder Dritter den Verzicht in der konkreten Situation weder in zeitlicher Hinsicht noch der Höhe nach akzeptiert, sondern weiterhin auf der Zahlung des vereinbarten Entgelts bestanden oder aber das Pachtverhältnis beendet hätte. Im Rahmen dieser Würdigung liege die Feststellungslast beim Finanzamt, weil § 3c Abs. 2 EStG die Abzugsfähigkeit von grundsätzlich einkünftemindernd zu berücksichtigenden Aufwendungen einschränke.

Der erkennende X. Senat des Bundesfinanzhofs schließt sich diesen Grundsätzen an.

Auf dieser Grundlage hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs die von der dortigen Vorinstanz getroffene Würdigung bestätigt, an der Fremdüblichkeit fehle es –mit der Folge der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 EStG–, wenn ein Besitzunternehmer die vereinbarte Pacht gegenüber einer in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen Betriebs-Kapitalgesellschaft über mehrere Jahre hinweg nicht geltend mache, ohne von seinem Recht zur Kündigung des Pachtvertrags Gebrauch zu machen4.

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In einem weiteren Verfahren hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs die Feststellung des dortigen Tatrichters, der Steuerpflichtige habe unwidersprochen und in nachvollziehbarer Weise vorgetragen, der vorübergehende Verzicht auf Pachtzins habe dem Bestand und der Erhaltung des Mietverhältnisses gedient, allein nicht ausreichen lassen, um die Fremdüblichkeit eines erheblichen Pachtverzichts (vollständiger Verzicht für ein Jahr, danach dauerhafte Herabsetzung von zuvor 4.800 DM auf 1.000 EUR monatlich) bejahen zu können5.

Für das weitere Verfahren weist der Bundesfinanzhof –ohne die Bindungswirkung des § 126 Abs. 5 FGO– darauf hin, dass der Streitfall im Vergleich zu den vom IV. Senat des Bundesfinanzhofs entschiedenen Fällen, in denen eine Fremdüblichkeit des Pachtverzichts entweder zu verneinen war oder jedenfalls nicht abschließend festgestellt werden konnte, einige Besonderheiten aufweist, die zugunsten der Kläger sprechen könnten.

So lag die Höhe des vertraglich vereinbarten Pachtzinses (jährlich 80.240 EUR) so erheblich über den anfallenden Aufwendungen (jährlich 19.400 EUR), dass der Kläger nicht nur in der Vergangenheit beachtliche Überschüsse aus der Verpachtung erzielen konnte, sondern selbst in den von Pachtverzichten geprägten Streitjahren jeweils noch nennenswerte Überschüsse aus der Verpachtung erwirtschaftete. Ob diese Überschüsse auch im Fall einer Kündigung des Pachtverhältnisses und der Suche nach einem neuen Pächter hätten erzielt werden können, dürfte zumindest zweifelhaft sein, zumal das Finanzgericht für die Folgejahre keine weiteren Pachtausfälle festgestellt hat.

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Zudem waren die Entgeltminderung (acht Monate) bzw. die Pachtverzichte (vier bzw. drei Monate) auf relativ kurze Zeiträume befristet. Nach Auslaufen dieser Sondervereinbarungen hat die GmbH sogleich wieder den vollen vereinbarten Betrag entrichtet.

Auf der anderen Seite reicht allein die Behauptung der Kläger, ein Wechsel der Pächterin sei wegen des hohen Leerstands bei Gewerbeimmobilien kaum möglich gewesen, nicht aus, um die Fremdüblichkeit des vorübergehenden Pachtverzichts zu bejahen. Zwar trägt grundsätzlich das Finanzamt die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG; gleichwohl bleibt es auch in diesem Bereich bei der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen. Dieser ist daher jedenfalls dann, wenn der Pachtverzicht sich nicht lediglich auf einen ganz kurzen Zeitraum beschränkt und –wie hier– nicht in Form einer Stundung, sondern endgültig ausgesprochen wird, unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs gehalten, dem Finanzamt ein Mindestmaß an substantiierten Darlegungen sowohl zur regionalen Marktlage im Bereich der Gewerbeimmobilien als auch zu seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der Pächterin zu unterbreiten. Solche Angaben sind dem Steuerpflichtigen schon deshalb zumutbar, weil er –sofern seine Handlungsweise vorrangig durch das Pachtverhältnis, nicht aber durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen ist– entsprechende Überlegungen bereits zur Vorbereitung seiner kaufmännischen Entscheidung angestellt haben muss.

Ergänzend kann der vom IV. Senat des Bundesfinanzhofs benannte Gesichtspunkt zu berücksichtigen sein, ob auch fremde Vertragspartner der Betriebs-Kapitalgesellschaft während deren Liquiditätskrise auf Forderungen bzw. vertragliche Ansprüche endgültig verzichtet haben.

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Der Bereich des fremdüblichen Verhaltens wird zudem verlassen, wenn der Vollzug des Nutzungsüberlassungsvertrags durch willkürliche Aussetzung und anschließende Wiederaufnahme der Zahlungen sowie durch Schwankungen in der Höhe des Zahlbetrags gekennzeichnet ist, die nicht durch solche Änderungen der Verhältnisse gerechtfertigt sind, die auch ein fremder Vertragspartner zum Anlass einer Vertragsänderung genommen hätte6. Allein der Umstand, dass die Pacht vor den Streitjahren mehrfach erhöht worden ist, stellt jedoch keine „Schwankung des Zahlbetrags“ in diesem Sinne dar.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Juli 2013 – X R 17/11

  1. Anschluss an BFH, Urteil vom 28.02.2013 – IV R 49/11, BFHE 240, 333[]
  2. BFH, Urteile vom 18.04.2012 – X R 5/10, BFHE 237, 106; und – X R 7/10, BFHE 237, 119[]
  3. BFH, Urteile vom 28.02.2013 – IV R 49/11, BFHE 240, 333, und – IV R 4/11, BFH/NV 2013, 1081[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 240, 333, unter B.II.4.[]
  5. BFH, Urteil in BFH/NV 2013, 1081[]
  6. vgl. BFH, Urteil vom 03.03.2004 – X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl II 2004, 826, unter II.6.a[]