Bei der Ermittlung des nach § 5a Abs. 4 EStG festzustellenden Unterschiedsbetrags beim Übergang zur Besteuerung nach der Tonnage ist der in eine Wertaufholungsrücklage eingestellte Betrag nicht zu berücksichtigen.

Nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG ist zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung der Gewinnermittlung nach der Tonnage nach § 5a Abs. 1 EStG vorangeht (Übergangsjahr), für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen. Zu den Wirtschaftsgütern, für die nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG ein Unterschiedsbetrag festzustellen ist, gehören auch negative (passive) Wirtschaftsgüter wie die hier im Streit befindliche Fremdwährungsverbindlichkeit1. Der Unterschiedsbetrag ist nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG gesondert und bei Gesellschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG -wie bei der Klägerin- einheitlich festzustellen.
a)) Nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG ergibt sich der Unterschiedsbetrag aus der Differenz zwischen Buchwert und Teilwert. Die Bildung einer Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. ist materiell ein Akt der Gewinnverwendung und hat daher keinen Einfluss auf die Höhe des Buch- und des Teilwerts eines Wirtschaftsguts. Der Wortlaut des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG spricht danach gegen eine Einbeziehung des in die Wertaufholungsrücklage des § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. eingestellten Betrags in den Unterschiedsbetrag.
Auch aus Sinn und Zweck des § 5a Abs. 4 EStG ergibt sich nicht, dass eine Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags zu berücksichtigen ist.
Ziel des § 5a Abs. 4 EStG ist es zwar, die stillen Reserven, die sich vor dem Übergang zur Gewinnermittlung nach der Tonnage angesammelt haben, zum Schluss des Übergangsjahrs festzuhalten, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu versteuern2. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die stillen Reserven, um deren Versteuerung es im Streitfall geht, nicht mehr in dem Wirtschaftsgut „Fremdwährungsverbindlichkeit“ enthalten sind, sondern in der Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. Für die Berücksichtigung von Rücklagen beim Übergang von der Gewinnermittlung nach den §§ 4 Abs. 1, 5 EStG zur Gewinnermittlung nach der Tonnage nach § 5a Abs. 1 EStG enthält § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG jedoch eine eigenständige Regelung. In der im Streitjahr 2000 anzuwendenden Fassung dieser Norm sind Rücklagen nach §§ 6b, 6d und § 7g EStG beim Übergang zur Gewinnermittlung nach Abs. 1 dem Gewinn im Erstjahr hinzuzurechnen. Der Gesetzgeber hat danach nicht nur in § 5a Abs. 4 EStG, sondern auch in § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG eine Regelung dazu getroffen, wie beim Übergang zur Gewinnermittlung nach der Tonnage stille Reserven und in Rücklagen eingestellte Beträge, deren Besteuerung während der Tonnagegewinnermittlung nicht sichergestellt wäre, zu behandeln sind.
Eine Berücksichtigung der Wertaufholungsrücklage bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG lässt sich auch dem Wortlaut des § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. nicht entnehmen. Nach dieser Vorschrift kann für den Gewinn, der sich aus der erstmaligen Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 bei einer Verbindlichkeit wie der streitigen Fremdwährungsverbindlichkeit der Klägerin ergibt, jeweils in Höhe von neun Zehnteln eine den Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden neun Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Neuntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum); scheidet die Verbindlichkeit während des Auflösungszeitraums aus dem Betriebsvermögen aus, ist die Rücklage zum Ende des Wirtschaftsjahrs des Ausscheidens in vollem Umfang gewinnerhöhend aufzulösen. Der Wortlaut des § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. sieht danach keine Berücksichtigung des in die Wertaufholungsrücklage eingestellten Betrags bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG im Übergangsjahr zur Gewinnermittlung nach der Tonnage vor.
Die Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. ist allerdings auch in § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG nicht aufgeführt. Nach dem Wortlaut des § 5a EStG und des § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. ist eine Wertaufholungsrücklage beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zur Gewinnermittlung nach der Tonnage mithin weder nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG im Übergangsjahr bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags noch nach § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG durch Hinzurechnung zum Gewinn im Erstjahr zu berücksichtigen.
Dahinstehen kann, ob insoweit eine planwidrige Lücke des Gesetzes gegeben ist und ob sie durch eine Analogie geschlossen werden könnte. Denn aus der Gesetzessystematik des § 5a EStG ergibt sich, dass eine etwaige Lücke jedenfalls nicht durch eine Berücksichtigung des in die Wertaufholungsrücklage eingestellten Betrags bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG im Übergangsjahr (Streitjahr) geschlossen werden könnte, sondern allenfalls durch eine Berücksichtigung im Erstjahr der Gewinnermittlung nach der Tonnage nach Maßgabe des § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG. Denn diese Norm enthält spezifische Regelungen für Rücklagen. Auch Letzteres bedarf jedoch im Streitfall, der allein die Feststellung des Unterschiedsbetrags des Übergangsjahrs betrifft, keiner Entscheidung.
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Wertaufholungsrücklage nicht mit den in § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG aufgeführten Rücklagen (§§ 6b und 6d, § 7g EStG) verglichen werden könne, weil es sich um eine reine Billigkeitsregelung des Gesetzgebers im Rahmen der Umstellung der Bewertung nach dem StEntlG 1999/2000/2002 handele, die die steuerlichen Konsequenzen für einen im Rahmen der periodischen Gewinnermittlung einmalig kumulierten Gewinn- bzw. Verlusteffekt faktisch durch eine Stundung abfedern solle. Dies folgt schon daraus, dass sich die Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. insoweit gerade nicht wesentlich von der Euroumrechnungsrücklage nach § 6d Abs. 1 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung unterscheidet, die der Gesetzgeber in § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG aber ausdrücklich aufgeführt hat.
Nach § 6d Abs. 1 EStG sind Ausleihungen, Forderungen und Verbindlichkeiten i.S. des Art. 43 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch, die auf Währungseinheiten der an der europäischen Währungsunion teilnehmenden anderen Mitgliedstaaten oder auf die ECU i.S. des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17.06.19973 lauten, am Schluss des ersten nach dem 31.12 1998 endenden Wirtschaftsjahres mit dem vom Rat der Europäischen Union gemäß Art. 109l Abs. 4 Satz 1 des EG-Vertrages unwiderruflich festgelegten Umrechnungskurs umzurechnen und mit dem sich danach ergebenden Wert anzusetzen (Satz 1). Der Gewinn, der sich aus diesem jeweiligen Ansatz für das einzelne Wirtschaftsgut ergibt, kann in eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage eingestellt werden (Satz 2). Die Rücklage ist gewinnerhöhend aufzulösen, soweit das Wirtschaftsgut, aus dessen Bewertung sich der in die Rücklage eingestellte Gewinn ergeben hat, aus dem Betriebsvermögen ausscheidet (Satz 3). Die Rücklage ist spätestens am Schluss des fünften nach dem 31.12 1998 endenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen (Satz 4).
Die Einführung der Euroumrechnungsrücklage in § 6d Abs. 1 Satz 2 EStG erfolgte, um Liquiditätsabflüsse in den Unternehmen zu vermeiden bzw. -im Hinblick auf die in § 6d Abs. 1 Satz 4 EStG enthaltene Auflösungsfrist- abzufedern, indem eine Gewinnversteuerung, die allein auf die Einführung des Euro zurückzuführen ist, verhindert bzw. hinausgeschoben wird4. Es handelt sich also -insoweit vergleichbar mit der Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F.- um eine Regelung, die die steuerlichen Konsequenzen für einen im Rahmen der periodischen Gewinnermittlung einmalig kumulierten Gewinn- bzw. Verlusteffekt faktisch durch eine Stundung abfedern sollte.
Eine Berücksichtigung der Wertaufholungsrücklage bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags kommt auch nicht mit der Begründung in Betracht, dass der Wechsel der Gewinnermittlungsart mit dem in § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. ausdrücklich aufgeführten Fall des Ausscheidens der Verbindlichkeit aus dem Betriebsvermögen gleichzusetzen sei. Unabhängig davon, ob diese Fälle tatsächlich gleichgesetzt werden könnten, ergibt sich jedenfalls aus § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG, dass der Gesetzgeber Gewinnrücklagen nicht bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG berücksichtigen wollte. Denn wie die Wertaufholungsrücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a.F. ist auch die infolge der Umrechnung einer Verbindlichkeit gebildete Euroumrechnungsrücklage nach § 6d Abs. 1 Satz 3 EStG gewinnerhöhend aufzulösen, soweit die Verbindlichkeit aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Gleichwohl sieht das Gesetz die Berücksichtigung der Euroumrechnungsrücklage nicht bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG im Übergangsjahr vor, sondern ordnet in § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG ihre Hinzurechnung zum Gewinn im Erstjahr an.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Mai 2014 – IV R 60/10