Eine die Anwendung des besonderen Steuersatzes des § 34 EStG für außerordentliche Einkünfte rechtfertigende Zusammenballung von Einkünften kommt nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs auch dann in Betracht, wenn die Zahlung (etwa einer Abfindung) nicht vollständig in einem Kalenderjahr erfolgt, sondern vielmehr zu einer Hauptentschädigungsleistung eine in einem anderen Veranlagungszeitraum zufließende minimale Teilleistung hinzukommt.

Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a. Entschädigungen in Betracht, die gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden.
Eine Entschädigung liegt vor, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht1.
Außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG werden in ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich nur bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen2. Keine Zusammenballung in diesem Sinne liegt typischerweise vor, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehreren verschiedenen Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt3.
Gleichwohl ist der Zufluss in einem Veranlagungszeitraum nach dem Wortlaut von § 34 EStG kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal. Der Zweck des § 34 Abs. 1 EStG wird trotz Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen nicht verfehlt, wenn der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleistung erhalten hat und die ganz überwiegende Hauptentschädigungsleistung in einem Betrag ausgezahlt wird4. Wollte man in derartigen Fällen an einem ausnahmslosen Erfordernis eines zusammengeballten Zuflusses der außerordentlichen Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum festhalten, so würden über den Gesetzeswortlaut des § 34 Abs. 1 EStG hinaus die Voraussetzungen der Tarifermäßigung ohne sachlichen Grund verschärft und die ratio legis verfehlt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. August 2009 – IX R 11/09
- BFH, Urteil vom 10.09.2003 – XI R 9/02, BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 09.10.2008 – IX R 85/07, BFH/NV 2009, 558[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 28.06.2006 – XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835, m.w.N.[↩]
- Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 34 Rz 18[↩]