Adoptionskosten sind auch unter dem Gesichtspunkt von Krankheitskosten bzw. Heilbehandlungsaufwendungen nicht steuerlich abzugsfähig. Im Gegensatz zur heterologen Insemination liegt bei der Adoption keine auf das Krankheitsbild (Unfruchtbarkeit) der Betroffenen abgestimmte Heilbehandlung vor.

Mit dieser Entscheidung hat das Finanzgericht Baden-Württemberg in dem hier vorliegenden Fall die Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastungen nicht berücksichtigt. Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Aus Gründen der primären Sterilität haben sie keine leiblichen Kinder und lehnen künstliche Befruchtungsmethoden ab. Den Klägern entstanden im Streitjahr Adoptionskosten in Höhe von 8.560,68 EUR, wobei die Adoption eines Kindes erst in den Folgejahren vollzogen werden konnte. Im Einkommensteuerbescheid für 2008 erkannte das beklagte Finanzamt die Adoptionskosten nicht an. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Kläger form- und fristgerecht Klage. Im Hinblick auf das Urteil vom Bundesfinanzhof vom 16. Dezember 20101 seien die Kläger einkommensteuerlich mit denjenigen Fällen gleichzustellen, in denen eine heterologe künstliche Befruchtung durchgeführt worden sei, zumal im Ergebnis beide Elternpaare ein gemeinschaftliches Kind hätten, § 1754 Abs. 1 BGB.
In seiner Urteilsbegründung folgt das Finanzgericht dem Bundesfinanzhof, der die Zwangsläufigkeit von Adoptionsaufwendungen i.S. von § 33 Abs. 2 EStG anhand der generell zur Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals in ständiger Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Regelfall sowohl aus rechtlichen, aus sittlichen als auch aus tatsächlichen Gründen verneint hat2.
Der Bundesfinanzhof hat zusätzlich zugunsten von Adoptiveltern die weitere Frage geprüft, ob eine Berücksichtigung derartiger Kosten unter Umständen unter dem Gesichtspunkt von Krankheitskosten bzw. Heilbehandlungsaufwendungen erfolgen könnte. Er hat mangels einer vergleichbaren objektiven Zwangslage allerdings die Frage verneint und die Adoption nicht als eine zielgerichtete medizinische Heilmaßnahme, sondern allenfalls als eine der privaten Lebensführung zuzurechnende Folgemaßnahme i.S. von § 12 Nr. 1 EStG beurteilt3.
Auch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Dezember 20101 führt zu keiner anderen Beurteilung. Dort führt der Bundesfinanzhof aus, die künstliche Befruchtung der (gesunden) Ehefrau mit Fremdsamen bezwecke zwar nicht die Beseitigung oder Linderung von Schmerzen oder Beschwerden als Symptomen der Unfruchtbarkeit des Ehemannes. Sie ziele aber – wie auch eine homologe künstliche Befruchtung wegen der Sterilität des Mannes – auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit eines Paares. Dieser komme zwar nicht selbst Krankheitswert zu. Sie sei aber im dortigen Streitfall unmittelbare Folge der Erkrankung des Klägers. Damit werde auch bei einer heterologen Insemination die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger – die Zeugung eines Kindes auf natürlichem Wege – durch eine medizinische Maßnahme ersetzt.
Im Gegensatz dazu liegt in Fällen der Adoption schon keine auf das Krankheitsbild der Betroffenen abgestimmte Heilbehandlung vor4.
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Oktober 2011 – 6 K 1880/10
- BFH, Urteil vom 16.12.2010 – VI R 43/10, BStBl II 2011, 414[↩][↩]
- vgl. BFH, Entscheidungen in BStBl II 1987, 495, unter 2. a und b der Gründe; in BStBl II 1987, 596; in BFH/NV 1987, 710, und in BFH/NV 1990, 430, unter 2. der Gründe[↩]
- BFH, Beschluss vom 17.05.2000 – III B 71/99, BFH/NV 2000, 1352[↩]
- Bergkemper, jurisPR-SteuerR 15/2011 Anm. 4[↩]