Gemäß § 79 Satz 1 EStG haben nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigte unbeschränkt steuerpflichtige Personen Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage. Nach § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 EStG sind u.a. Empfänger von Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz bzw. ‑seit dem 30.09.2006- einem Landesbesoldungsgesetz begünstigt.

Die Begünstigung von Besoldungsempfängern setzt allerdings nach dem Wortlaut des § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG zusätzlich voraus, dass „sie spätestens bis zum Ablauf des zweiten Kalenderjahres, das auf das Beitragsjahr (§ 88) folgt, gegenüber der zuständigen Stelle (§ 81a EStG) schriftlich eingewilligt haben, dass diese der zentralen Stelle (§ 81 EStG) jährlich mitteilt, dass der Steuerpflichtige zum begünstigten Personenkreis gehört, dass die zuständige Stelle der zentralen Stelle die für die Ermittlung des Mindesteigenbeitrags (§ 86 EStG) und die Gewährung der Kinderzulage (§ 85 EStG) erforderlichen Daten übermittelt und die zentrale Stelle diese Daten für das Zulageverfahren verwenden darf.“ Die zuständige Stelle, gegenüber der die Einwilligung abzugeben ist, ist im Fall der Beamtin die die Besoldung anordnende Stelle (§ 81a Satz 1 Nr. 1 EStG).
Nach dieser Regelungslage muss die Beamtin die Einwilligung jeweils bis zum Ende des übernächsten Kalenderjahres schriftlich gegenüber der Besoldungsstelle erklären.
Das Einwilligungserfordernis und die hierfür im Gesetz festgelegte Zwei-Jahres-Frist ergeben sich aus § 10a Abs. 1 EStG. Adressaten dieser Norm sind unzweifelhaft die Zulageberechtigten. Diese Frist ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch verfassungsgemäß [1].
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) will der Bundesfinanzhof der Beamtin, die die Frist versäumt hat, hier aber auch nicht gewähren:
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag ‑ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).
Für weiter zurückliegende Beitragsjahre scheitert die Gewährung von Wiedereinsetzung bereits an der Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO. Eine Ausnahme von der Jahresfrist gilt nur, wenn deren Wahrung infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall aber nicht erfüllt.
Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist enger als der Begriff „ohne Verschulden“; er entspricht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Wesentlichen dem der „unabwendbaren Zufälle“ in der bis zum 30.06.1977 geltenden Fassung des § 233 der Zivilprozessordnung. Unter höherer Gewalt ist danach ein Ereignis zu verstehen, das auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe ‑also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung- zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte [2].
Bei Anwendung dieses strengen Maßstabs war die Beamtin nicht durch höhere Gewalt an der Wahrung der Jahresfrist für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags gehindert. Sie hat schon keine substantiierten Angaben dazu gemacht, worauf die unterbliebene Mitteilung ihres Beamtenstatus in den Zulageanträgen beruhte. Insbesondere hat sie keinen Schriftverkehr zwischen ihr und dem Anbieter vorgelegt.
Im Übrigen genügt für den Bundesfinanzhof die bloße Behauptung der Beamtin, die Einwilligungserklärung rechtzeitig abgegeben zu haben, nicht den Anforderungen, die an einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen sind.
Wer die Gewährung von Wiedereinsetzung wegen des Nichteingangs eines angeblich rechtzeitig abgesandten fristgebundenen Schriftsatzes begehrt, muss genau darlegen, welche Person zu welcher Zeit (Tag, Uhrzeit) in welcher Weise (Einwurf in einen bestimmten Briefkasten oder Abgabe bei einer bestimmten Postfiliale) den Brief, in dem sich das fristgebundene Schreiben befunden haben soll, zur Post gegeben hat [3]. An derartigen Angaben fehlt es vorliegend gänzlich.
Im hier entschiedenen Fall kam allerdings eine mittelbare Zulageberechtigung der Beamtin nach § 79 Satz 2 EStG in Betracht.
§ 79 EStG in der für die Streitjahre 2005 bis 2007 maßgebenden Fassung lautet: „Nach § 10a Abs. 1 begünstigte unbeschränkt steuerpflichtige Personen haben Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage (Zulage). Liegen bei Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 vor und ist nur ein Ehegatte nach Satz 1 begünstigt, so ist auch der andere Ehegatte zulageberechtigt, wenn ein auf seinen Namen lautender Altersvorsorgevertrag besteht.“
Nach dem Wortlaut dieser Norm wäre die Beamtin mittelbar zulageberechtigt, wenn ‑was bisher allerdings nicht festgestellt ist- der Ehemann der Beamtin nach § 79 Satz 1 EStG unmittelbar zulageberechtigt wäre und die Eheleute die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen würden. Entscheidend für die mittelbare Zulageberechtigung ist, dass die Beamtin nicht selbst nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigt ist. Die Erfüllung des Tatbestands der zuletzt genannten Norm scheitert in Bezug auf die Beamtin für die Streitjahre aber gerade am Fehlen einer fristgerechten Einwilligungserklärung [4]. Die mittelbare Zulageberechtigung der Beamtin ist danach im Ergebnis davon abhängig, ob der Ehemann der Beamtin in den Streitjahren nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigt war und die Eheleute die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllten.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 9. Juni 2015 – X R 38/14
- BFH, Urteil vom 22.10.2014 – X R 18/14, BFHE 247, 312, BStBl II 2015, 371, Rz 37 ff.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 16.10.2007 2 BvR 51/05, BVerfGK 12, 303, unter III., mit zahlreichen weiteren Nachweisen[↩]
- BFH, Beschluss vom 15.05.2003 – VII B 246/02, BFH/NV 2003, 1206[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 25.03.2015 – X R 20/14[↩]
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