Eine Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe eines dinglichen Wohnrechts und die im Zusammenhang mit der Vertragsschließung angefallenen Notarkosten sind als nachträgliche Anschaffungskosten nur im Rahmen der Absetzung für Abnutzung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG zu berücksichtigen.

Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) abzuziehen, wenn sie durch diese veranlasst sind. Sie müssen (objektiv) mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit zusammenhängen und (subjektiv) zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden1. Unter diesen Voraussetzungen sind Anschaffungskosten des Vermietungsobjekts gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 in Verbindung mit § 7 EStG als Absetzung für Abnutzung abzusetzen2. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich für die steuerrechtliche Beurteilung und insbesondere auch für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 HGB3.
Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend bedeutet „Erwerben“ das Überführen eines Gegenstands von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht. Dies ist der Fall, wenn Eigentum und Besitz auf den Steuerpflichtigen übergegangen sind4.
Nachträgliche Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative HGB sind Ausgaben, die nach Abschluss des ursprünglichen Beschaffungsvorgangs anfallen, um die Verwendbarkeit eines Vermögensgegenstands zu ändern oder zu verbessern. Sie müssen in einem ursächlichen Veranlassungszusammenhang mit der Anschaffung stehen, also durch das Anschaffungsgeschäft veranlasst sein. Wenn die Ausgaben durch den Inhaber des Wirtschaftsguts selbst erfolgt sind und daher zu Aufwendungen geführt haben, liegen nachträgliche Anschaffungskosten nur vor, wenn die Art und/oder Qualität des Wirtschaftsguts unverändert geblieben ist5.
Steht einem Dritten ein dingliches Recht an einem Grundstück zu und löst der Eigentümer das dingliche Recht ab, sind die Ablösezahlungen nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 HGB, wenn durch das dingliche Recht die Befugnisse des Eigentümers i.S. von § 903 BGB, wozu u.a. auch das Recht auf Nutzung und Veräußerung des Vermögensgegenstandes zählt, beschränkt waren und der Eigentümer durch die Ablösezahlung die Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse beseitigt und sich die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Grundstück verschafft6. Denn erwirbt ein Steuerpflichtiger einen mit einem dinglichen Nutzungsrecht belasteten Gegenstand, so erhält er zunächst um das Nutzungsrecht gemindertes Eigentum. Seine Rechte als Eigentümer sind durch das Nutzungsrecht begrenzt. Löst er das Nutzungsrecht ab, so verschafft er sich die vollständige Eigentümerbefugnis an dem Gegenstand. Daher sind Aufwendungen zur Befreiung von einem Nießbrauch als nachträgliche Anschaffungskosten einzustufen7.
Den obigen Ausführungen folgend ist für die Frage, ob es sich um nachträgliche Anschaffungskosten handelt, somit alleine maßgebend, ob Aufwendungen dazu dienen, die vom Steuerpflichtigen bezweckte Betriebsbereitschaft des Grundstücks herzustellen, und eine Werterhöhung für das Grundstück zu bewirken. Dies ist im Streitfall mit der Ablösung des dinglichen Wohnungsrechts durch die Zahlung der 40.000 € der Fall. Der Eigentümer erhält erstmalig mit dem Wegfall des dinglichen Wohnungsrecht das unbelastete Erbbaurecht, das ihn in die Lage versetzt, die Doppelhaushälfte im Folgejahr zu vermieten.
Insoweit kann aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.01.20118 keine Abkehr von der oben genannten Rechtsprechung zur Bestimmung der nachträglichen Anschaffungskosten abgeleitet werden. Der Bundesfinanzhof hat in jenem Urteil entschieden, dass eine Abfindungszahlung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sofort als Werbungskosten abzugsfähig und nicht den Anschaffungskosten zuzurechnen sei, wenn die Zahlung dafür geleistet werde, dass ein bestehendes Erbbaurecht vorzeitig beendet und damit der Neuabschluss eines mit einem anderen Nutzer vereinbarten Erbbaurechts unter Ansatz eines höheren Erbbauzinses ermöglicht werde. Die Entscheidung stellt ausdrücklich klar, dass die Nutzungsüberlassung durch die Eigentümer vor und nach Zahlung der Abfindung dieselbe geblieben sei – eine Nutzungsüberlassung durch Einräumung eines Erbbaurechts, lediglich die wirtschaftlichen Bedingungen der Einkünfteerzielung optimiert worden seien. Die Eigentümerin hatte in jenem Fall die Aufhebung des bisherigen Erbbaurechts gegen Zahlung einer Abfindung erreicht und noch am selben Tag einen neuen, mit höherem Entgelt versehenen Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen. Für eine solche nur so kurzfristige Erlangung unbelasteten Eigentums überlagert nach Auffassung des Bundesfinanzhofs der wirtschaftliche Zusammenhang der Ablösezahlung mit der Überlassung an den neuen Erbbauberechtigten die Ablösung des alten Erbbaurechts, so dass keine nachträglichen Anschaffungskosten vorliegen.
Auf den vorliegenden Streitfall ist diese Entscheidung nicht übertragbar. Das Gericht ist der Überzeugung, dass der verfolgte Zweck, unbelastetes Eigentum zu erlangen, im Streitfall nicht überlagert wurde. Denn der Eigentümer hat mit den hier streitigen Aufwendungen erreicht, dass die eingeschränkte Nutzbarkeit des Grundstücks durch das Wohnungsrecht dauerhaft entfällt. In Zukunft kann das Grundstück durch den Eigentümer -und einen etwaigen Rechtsnachfolger- frei von den bisher bestehenden Belastungen für Zwecke der Vermietung und Verpachtung genutzt werden. Es liegt mithin kein Fall vor, in dem die Belastung des Eigentums unverändert fortbesteht und nur die Bedingungen für die Nutzung des Eigentums geändert werden9.
Auch aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.12.201210 kann keine Abkehr von der oben genannten Rechtsprechung zur Bestimmung der nachträglichen Anschaffungskosten abgeleitet werden. In dem vom BFH entschiedenen Fall bleibt das Grundstück auch weiterhin mit dem dinglichen Nutzungsrecht belastet. Eigentümer und Nutzungsberechtigte hatten einen schuldrechtlichen Vertrag geschlossen, wonach der Eigentümer sich verpflichtete, für die Nutzungsberechtigte die Mietaufwendungen für die Anmietung einer anderen (kleineren) Wohnung zu übernehmen, damit der Steuerpflichtige die Möglichkeit erhielt, die mit dem Wohnungsrecht belastete Wohnung zu vermieten.
Eine solche schuldrechtliche Vereinbarung betreffend das Nutzungsrecht ist nicht vergleichbar mit der Ablösung eines dinglichen Wohnungsrechts. Denn die dingliche Belastung bleibt bei einer nur schuldrechtlichen Vereinbarung bestehen. Auch wirkt ein schuldrechtlicher Vertrag grundsätzlich nur zwischen den Vertragsparteien, nicht aber gegenüber Dritten. Im Falle einer Veräußerung wäre das Eigentum weiterhin mit dem Wohnungsrecht belastet, der Wert entsprechend gemindert. So ist es auch gerechtfertigt, dass die schuldrechtliche Vereinbarung ggf. steuerlich abweichend zu der Ablösung eines dinglichen Wohnungsrechtes zu behandeln ist.
Eine Ungleichbehandlung im Sinne des Artikel 3 GG ist hierin nicht zu erkennen. Es liegen bereits keine vergleichbaren Sachverhalte vor, die zwingend gleich zu behandeln wären. Denn wie bereits ausgeführt handelt es sich im Streitfall um den endgültigen Wegfall eines dinglichen Rechts und in dem vom BFH entschiedenen Fall lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen zwei Vertragsparteien. Der endgültige Wegfall des dinglichen Rechts dürfte in dem vom BFH entschiedenen Fall erst mit dem Tod der Wohnungsberechtigten eintreten. Unterschiedliche Sachverhalte, wie sie in dieser Vergleichsgruppe vorliegen, sind auch steuerlich unterschiedlich zu behandeln.
Im Übrigen hätte den Beteiligten freigestanden, abweichende zivilrechtliche Vereinbarungen zu treffen, die ggf. zu einem abweichenden steuerlichen Ergebnis hätten führen können. Insoweit gilt die allgemeine Vertragsfreiheit verbunden mit der Möglichkeit der steuerlichen Gestaltungsfreiheit.
Aus den genannten Gründen hat das Finanzamt die streitigen Aufwendungen zutreffend als nachträgliche Anschaffungskosten des Erbbaurechts behandelt. Allerdings sind diese Aufwendungen im Rahmen der Absetzung für Abnutzung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG zu berücksichtigen.
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 2. Juli 2020 – 2 K 228/19
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 03.08.2016, – IX R 14/15, BStBl II 2017, 437; und vom 07.02.2012, – IX R 27/10, BFH/NV 2012, 736, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 26.01.2011, – IX R 24/10, BFH/NV 2011[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 09.07.2013, – IX R 43/11, BStBl II 2014, 878; vom 20.07.2010, – IX R 4/10, BStBl II 2011, 35; vom 03.08.2005, – I R 36/04, BStBl II 2006, 369[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 22.08.1966, – GrS 2/66, BStBl III 1966, 67; BFH, Urteil vom 17.04.2007, – IX R 56/06, BStBl II 2007, 956[↩]
- vgl. Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 38. Aufl., § 255 Rz 3; MünchKommHGB/Ballwieser, 3. Aufl., § 255 Rz 16ff.; Zwirner/Tippelhofer, Beck’sches Steuerberater-Handbuch 2017/2018, 16. Aufl., A. ABC der Buchführung, Bilanzierung und Bewertung, Rz 13; Blümich/Ehmke, § 6 EStG Rz 317[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 17.04.2007, – IX R 56/06, BStBl II 2007, 956; vom 07.06.2018, – IV R 37/15, BFH/NV 2018, 1082; Schindler in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 6 Rz 41[↩]
- vgl. u.a. BFH, Urteile vom 21.12.1982, – VIII R 215/78, BStBl II 1983, 410; vom 21.07.1992, – IX R 72/90, BStBl II 1993, 486; vom 15.12.1992, – IX R 323/87, BStBl II 1993, 488, betreffend ein dingliches Wohnungsrecht; vom 22.02.2007, – IX R 29/05, BFH/NV 2007, 1100; vom 03.09.2019, – IX R 8/18, BStBl II 2020, 122; vom 10.12.2019, – IX R 19/19; BMF, Schreiben vom 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz 59, „Nießbrauchserlass“[↩]
- BFH, Urteil vom 26.01.2011 – IX R 24/10[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 07.06.2018, – IV R 37/15, BFH/NV 2018, 1082[↩]
- BFH, Urteil vom 11.12.2012, – IX R 28/12, BFH/NV 2013, 914[↩]