Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Erhebung des besonderen Kirchgelds auch dann verfassungsgemäß ist, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfügt.

Es sind für das Bundesverfassungsgericht auch keine Umstände ersichtlich, die eine neuerliche Befassung des Bundesfinanzhofs mit dieser Thematik im Rahmen eines Revisionsverfahrens rechtfertigen könnten. Die gegen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erhobenen Einwendungen beruhen im Kern darauf, dass die Aussagen im Urteil des Bundesverfasssungsgerichts vom 14.12.19651 anders als vom Bundesfinanzhof verstanden werden. Ausgehend von diesem abweichenden Verständnis erscheint die Bundesfinanzhofsrechtsprechung als rechtsfehlerhaft oder zumindest überprüfungsbedürftig. Allerdings kommt es für die ‑hier zu entscheidende- Frage der Revisionszulassung allein auf die verfassungsrechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs an.
anach ist die Erhebung des besonderen Kirchgeldes auch bei einem eigenen Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten verfassungsgemäß, insbesondere liegt kein Widerspruch zum BVerfG-Urteil in BVerfGE 19, 268 vor. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung hat der Bundesfinanzhof in der Vergangenheit wiederholt Kirchgeldfestsetzungen bei Eigenverdiensten des kirchenangehörigen Ehegatten ausdrücklich als rechtmäßig bestätigt, indem er die Rechtsfehlerfreiheit der erstinstanzlichen Urteile festgestellt hat2.
In seinem Urteil in BVerfGE 19, 268 hat das Bundesverfassungsgericht in einem Fall, in dem die getrennt veranlagten Ehegatten jeweils über ein eigenes Einkommen verfügten, Folgendes ausgeführt: „Es könnte unbillig erscheinen, wenn ein einer steuerberechtigten Kirche angehörender Ehegatte, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sich durch die Ehe erhöht hat, weil sein – der Kirche nicht angehörender – Ehegatte ein hohes Einkommen bezieht, mangels eigenen Einkommens im Sinne des Einkommensteuergesetzes kirchensteuerfrei bliebe. Wenn diesen Bedenken Rechnung getragen werden soll, müßten, da die Kirche nur den ihr angehörenden Ehegatten besteuern darf, Besteuerungsmerkmale gewählt werden, die in dessen Person gegeben sind. Gegenstand der Besteuerung dürfte dann nicht das Einkommen (im Sinne des Einkommensteuerrechts) des anderen Ehegatten, sondern könnte etwa der ‚Lebensführungsaufwand’ des kirchenangehörigen Ehegatten sein. Die Kirchensteuer müßte dann aber ihrer Höhe nach in angemessenem Verhältnis zu dem tatsächlichen Lebenszuschnitt des steuerpflichtigen Ehegatten stehen; sie dürfte nicht schematisch jeder Veränderung des Einkommens des anderen Ehegatten unbegrenzt folgen, weil jeder normale Lebensaufwand bestimmte Grenzen nicht überschreitet.“
Das Bundesverfassungsgericht hat damit in einem nicht entscheidungstragenden Teil eine Billigkeitsüberlegung angestellt. Es geht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Steuerpflichtigen durch die Ehe mit einer nicht kirchenangehörigen Person, die über ein hohes Einkommen verfügt, erhöht hat. Es erschien dem BVerfG unbillig, dass der Kirchenangehörige trotz dieser eingetretenen Leistungsfähigkeitssteigerung steuerfrei bleibt, also nicht zur Finanzierung der kirchlichen Aufgaben herangezogen wird. Es hat daher die Meinung vertreten, dass der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten besteuert werden kann und sich die Bemessung des Lebensführungsaufwands am Einkommen des anderen Ehegatten orientieren darf, solange hierbei nicht schematisch verfahren wird.
Zum Zwecke der Besteuerung dieses Lebensführungsaufwandes des kirchenangehörigen Ehegatten haben die Landesgesetzgeber und zahlreiche kirchensteuererhebungsberechtigte Religionsgemeinschaften im Nachgang zum BVerfG-Urteil in BVerfGE 19, 268 die rechtlichen Grundlagen für die Erhebung des besonderen Kirchgeldes geschaffen3.
Es liegt auf der Hand und bedarf eigentlich keiner gesonderten Begründung, dass es gemessen am Maßstab der zuvor wiedergegebenen Billigkeitserwägungen des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls unbillig erschiene, wenn ein kirchenangehöriger Ehegatte, der über ein geringes Einkommen verfügt, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sich durch die Ehe mit einer Person, die ein hohes Einkommen bezieht, aber erhöht hat, trotz eingetretener Leistungsfähigkeitssteigerung kirchensteuerfrei bliebe und sich deswegen nicht an der Finanzierung der kirchlichen Gemeinschaftsaufgaben beteiligen müsste. Die Erhebung der Kircheneinkommensteuer am Maßstab der staatlichen Einkommensteuer führt sowohl bei fehlendem als auch bei geringem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten ‑ohne Besteuerung des Lebensführungsaufwandes- aufgrund von Freibetragsregelungen u.Ä. im Einkommensteuergesetz zu dessen Kirchensteuerfreiheit im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Da es sich bei dessen Aussagen lediglich um eine nicht entscheidungstragende Billigkeitsüberlegung handelt, hat der Bundesfinanzhof die verfassungsrechtliche Rechtslage in seiner daran anschließenden ‑oben zitierten- Rechtsprechung dahingehend festgestellt, dass der Lebensführungsaufwand ‑quantifiziert anhand der Ausgangsgröße des gemeinsamen Einkommens der Eheleute- sowohl bei fehlendem als auch bei geringem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten zulässigerweise als Maßstab für die Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgeldes gewählt werden kann.
In seinem Beschluss vom 28.10.20104 hat das Bundesverfassungsgericht ‑zum wiederholten Male5- der Fachgerichtsbarkeit und damit in erster Linie dem Bundesfinanzhof bestätigt, dass er die durch die Heranziehung zum besonderen Kirchgeld aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen verfassungsgemäß konkretisierend beantwortet habe. Weil diesem Beschluss auch mehrere Verfassungsbeschwerden gegen Entscheidungen des BFH und anderer Gerichte wegen der Heranziehung zum besonderen Kirchgeld im Falle eines eigenen Einkommens des kirchenangehörigen Ehegatten zugrunde lagen, bezieht sich die Aussage des Bundesverfassungsgerichts ersichtlich auch auf diese Einzelfrage. Es hat folgerichtig in seinem Beschluss6 abschließend festgestellt, dass „danach … auch die angegriffenen Entscheidungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken“ begegnen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hielt der Bundesfinanzhof auch insoweit für unbegründet, als geltend gemacht wurde, dass das Finanzgericht München7 in der Vorinstanz die Zulässigkeit der Klage des Ehemanns fehlerhaft verneint habe. Ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt hierin nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht:
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der nicht kirchenangehörige Ehegatte nicht befugt, den an den kirchenangehörigen Ehepartner gerichteten Bescheid über besonderes Kirchgeld anzufechten8. Mit der Erhebung des besonderen Kirchgeldes bei dem kirchenangehörigen Ehegatten wird an ein Besteuerungsmerkmal (Lebensführungsaufwand) angeknüpft, das ausschließlich in dessen Person gegeben ist. Das gemeinsame Einkommen der Eheleute ist lediglich die Ausgangsgröße für die Bestimmung des typisierten Lebensführungsaufwands des kirchenangehörigen Ehegatten9. Zu einer Beeinträchtigung von Rechten des anderen Ehegatten kommt es daher nicht.
Eine Divergenz oder ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler liegen ebenfalls nicht vor. Das Urteil des Finanzgerichts München entspricht der geltenden, durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs konkretisierten Verfassungs- und Gesetzeslage.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13. Februar 2019 – I B 28/18
- BVerfG, Urteil vom 14.12.1965 – 1 BvR 606/60, BVerfGE 19, 268[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 19.10.2005 – I R 76/04, BFHE 211, 90, BStBl II 2006, 274; vom 21.12.2005 – I R 44/05 und – I R 64/05; vom 25.01.2006 – I R 62/05; vgl. auch BFH, Beschlüsse vom 22.01.2002 – I B 18/01, BFH/NV 2002, 674; vom 20.12.2006 – I B 43/06[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 14.12.1983 – II R 170/81, BFHE 140, 338, BStBl II 1984, 332; BFH, Urteil in BFHE 211, 90, BStBl II 2006, 274[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 28.10.2010 – 2 BvR 591/06 u.a., HFR 2011, 98[↩]
- vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30.08.1982 1 BvR 1109/81, HFR 1984, 73; vom 05.08.2002 2 BvR 685/02[↩]
- BVerfG, HFR 2011, 98[↩]
- FG München, Urteil vom 21.02.2018 – 1 K 382/17[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss in HFR 1984, 73[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 211, 90, BStBl II 2006, 274, m.w.N.[↩]
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