Es ist nicht zu beanstanden, dass die Finanzverwaltung für eine hauptberufliche selbständige schriftstellerische Tätigkeit im Sinne des H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs 2017 verlangt, dass der Steuerpflichtige mindestens im zeitlichen Umfang von mehr als einem Drittel eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs im Veranlagungszeitraum schriftstellerisch tätig werden muss.

ine ordnungsgemäße Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG -wie von den Ehemannn als Gewinnermittlungsmethode verwendet- setzt grundsätzlich voraus, dass die Höhe der Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen wird; eine förmliche Aufzeichnungspflicht besteht hingegen nicht1. Für steuermindernde Tatsachen muss ein Steuerpflichtiger auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG aufgrund der ihn treffenden Feststellungslast seine Betriebsausgaben so festhalten, belegen und aufbewahren, dass das Finanzamt diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen kann2. Zu diesen materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben enthält H 18.2 Betriebsausgabenpauschale EStH 2017 eine Ausnahme. Die Verwaltungsanweisung gibt zur Vereinfachung für die Finanzämter im Steuerfestsetzungsverfahren eine abgesenkte Prüfdichte für das Vorliegen von Betriebsausgaben vor, sodass insoweit von den Finanzämtern auch darauf verzichtet werden kann, Belege anzufordern.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führen Verwaltungsanweisungen wie in H 18.2 EStH 2017 zu einer Selbstbindung der Verwaltung. Der Steuerpflichtige hat einen auch von den Steuergerichten zu beachtenden Rechtsanspruch darauf, nach Maßgabe der Verwaltungsanweisung besteuert zu werden, es sei denn die Verwaltungsanweisung verlässt den gesetzlich vorgegebenen Rahmen. Die Finanzgericht und der Bundesfinanzhof können jedoch nur unterbinden, dass die Finanzverwaltung in Einzelfällen, die offensichtlich von der Verwaltungsanweisung gedeckt werden, von dieser ohne zwingende Sachgründe in willkürlicher Weise abweicht3.
Die Voraussetzungen, unter denen nach H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 ein pauschaler 30%iger Betriebsausgabenabzug zu gewähren ist, sind nach der Auslegung der Verwaltungsanweisung durch das Finanzamt im vorliegenden Fall nicht erfüllt:
Das Finanzamt sieht in der Verwaltungsanweisung in H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 eine spezifische und ausschließliche Regelung für Steuerpflichtige, die Einkünfte aus einer hauptberuflichen selbständigen schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erzielen. Zur Abgrenzung einer hauptberuflichen selbständigen schriftstellerischen Tätigkeit und einer nebenberuflich ausgeübten schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne der Verwaltungsanweisung stellt das Finanzamt mangels einer darin enthaltenen Definition auf die zu § 3 Nr. 26 EStG vorhandenen Kriterien, insbesondere das Zeitkriterium ab (sog. Drittelregelung)4. Für die Ehefrau fehlt es aus Sicht des Finanzamtes bei diesem Verständnis schon an einer schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne der Verwaltungsanweisung, da die von ihr für den leitenden Oberarzt erstellten Patientengutachten nicht an die Öffentlichkeit gerichtet oder für diese bestimmt waren. Für den Ehemann verneint das Finanzamt eine hauptberufliche selbständige schriftstellerische Tätigkeit, da er nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer schriftstellerischen Vollzeittätigkeit für seine schriftstellerische und wissenschaftliche Tätigkeit aufgewendet hat.
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht auf Grundlage der dargelegten Auslegung und Begründung des Finanzamtes einen Anspruch der Ehemann auf Anwendung der Regelung in H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 im Wege einer Selbstbindung der Verwaltung verneint hat.
Die Befugnis des Finanzgerichts und des Bundesfinanzhofs ist, wie dargelegt, darauf beschränkt zu überprüfen, ob die Auslegung der Verwaltungsanweisung durch die Behörde möglich ist und den gesetzlich vorgegebenen Rahmen nicht überschreitet. Die Finanzgericht und der Bundesfinanzhof dürfen die Verwaltungsanweisung bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Selbstbindung der Verwaltung zudem nicht selbst auslegen, sondern nur überprüfen, ob deren Auslegung durch die Behörde möglich ist. Maßgeblich ist nicht, wie das Finanzgericht oder der Bundesfinanzhof die Verwaltungsanweisung verstehen, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen will5.
Das Finanzgericht hat die Nichtanwendung von H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 auf die Ehemann nach diesen Vorgaben zu Recht nicht beanstandet. Die Versagung des 30%igen Betriebsausgabenabzugs durch das Finanzamt ist nicht willkürlich, weil die Ehemann jeweils nicht offensichtlich von der Verwaltungsanweisung erfasst werden. Die Auslegung der Verwaltungsanweisung durch das Finanzamt ist jeweils möglich und überschreitet den gesetzlich vorgegebenen Rahmen nicht.
Die Nichtanwendung von H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 ist in Bezug auf die Ehefrau nicht zu beanstanden. Die Anforderungen, welche das Finanzamt für die nach H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 erforderliche hauptberufliche selbständige „schriftstellerische“ Tätigkeit formuliert hat, entstammen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu diesem Merkmal in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Schriftstellerisch tätig gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG wird derjenige Steuerpflichtige, der eigene Gedanken mit den Mitteln der Sprache schriftlich für die Öffentlichkeit niederlegt. Dies ist nicht der Fall, wenn der Steuerpflichtige Manuskripte oder andere Unterlagen -wie hier die Patientengutachten der Ehefrau- fertigt, die nicht an die Öffentlichkeit gerichtet werden und auch nicht ihr gegenüber zur Veröffentlichung bestimmt sind6.
Die schriftstellerische Tätigkeit des Ehemanns ist angesichts des Wortlauts der Regelung in H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017, die eine „hauptberufliche“ selbständige schriftstellerische Tätigkeit verlangt, ebenfalls nicht offensichtlich von der Verwaltungsanweisung erfasst. H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 ist so zu verstehen, wie das Finanzamt die Anweisung verstanden hat und verstanden wissen will, wenn sich diese Auslegung innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens hält. Dies ist der Fall. Soweit das Finanzamt, anknüpfend an die Kriterien in § 3 Nr. 26 EStG, nur solche Steuerpflichtige als „hauptberufliche“ selbständige Schriftsteller ansieht, die eine schriftstellerische Tätigkeit im zeitlichen Umfang von mehr als einem Drittel eines vergleichbaren schriftstellerischen Vollzeiterwerbs ausüben, stellt dies wie vom Finanzgericht zutreffend erkannt eine mögliche und gesetzeskonforme Auslegung der Verwaltungsanweisung dar.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 4. Juli 2023 – VIII R 29/20
- vgl. BFH, Urteil vom 12.12.2017 – VIII R 6/14, Rz 54 zu § 146 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 146 Abs. 1 AO[↩]
- s. BFH, Urteil vom 12.12.2017 – VIII R 6/14, Rz 57[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 07.12.2005 – I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097; vom 17.05.2022 – VIII R 26/20, BFHE 277, 218, BStBl II 2022, 829, Rz 25, 28; zur Betriebsausgabenpauschale in H 18.2 EStH 2015 s. Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 02.02.2021 – 10 K 3253/17 E, EFG 2021, 743, Rz 43 f.[↩]
- vgl. R 3.26 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien; H 3.26 EStH[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 07.12.2005 – I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097; vom 17.05.2022 – VIII R 26/20, BFHE 277, 218, BStBl II 2022, 829, Rz 25, 28; zur Betriebsausgabenpauschale in H 18.2 EStH 2015 vgl. Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 02.02.2021 – 10 K 3253/17 E, EFG 2021, 743, Rz 43 f.[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 16.09.2014 – VIII R 5/12, BFHE 247, 214, BStBl II 2015, 217, Rz 21, 22; vom 14.05.2014 – VIII R 18/11, BFHE 246, 396, BStBl II 2015, 128, Rz 19, 20[↩]