Für eine im Dachgeschoss eines denkmalgeschützten Gebäudes neu hergestellte Wohnung besteht kein Sonderausgabenabzug gemäß § 10f EStG.

Nach § 10f Abs. 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung kann der Steuerpflichtige Aufwendungen „an einem eigenen Gebäude“ im Kalenderjahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 10 % wie Sonderausgaben abziehen, wenn die Voraussetzungen des § 7h oder des § 7i EStG vorliegen. Die Aufwendungen sind nur begünstigt, soweit der Steuerpflichtige das Gebäude in dem jeweiligen Kalenderjahr zu eigenen Wohnzwecken nutzt und die Aufwendungen nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 10e EStG oder dem EigZulG einbezogen worden sind (§ 10f Abs. 1 Satz 2 EStG).
Steuerpflichtige können damit nach § 7i Abs. 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung bei Gebäuden, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften Baudenkmäler sind, jeweils bis zu 10 % der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, unter weiteren, hier nicht strittigen Voraussetzungen im Jahr der Herstellung und in den neun folgenden Jahren absetzen. Die erhöhten Absetzungen können jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige die Voraussetzungen des Absatzes 1 für das Gebäude und die Erforderlichkeit der Aufwendungen durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachgewiesen hat (§ 7i Abs. 2 EStG)´.
Bemessungsgrundlage für einen erhöhten Abzugsbetrag nach § 10f EStG sind die Kosten für Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen sowie Kosten für die Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechte Verwendung eines Gebäudes1. Die Herstellungskosten für einen Neubau sind indes nicht begünstigt. Der Begriff des Neubaus in § 7i EStG ist allerdings tatbestandsspezifisch einzuschränken2. Er umfasst nur den Wiederaufbau oder die völlige Neuerrichtung des Gebäudes, nicht jedoch einen steuerrechtlichen Neubau im bloß bautechnischen Sinn3. Ein Denkmal im Sinne des § 7i EstG kann damit steuerrechtlich auch ein Neubau im bautechnischen Sinne sein. Allerdings sind der Wiederaufbau oder die völlige Neuerrichtung des Gebäudes nicht nach § 7i EStG begünstigt, weil es gerade um die Erhaltung des bestehenden Denkmals geht4.
Im hier entschiedenen Fall handelt es sich bei den Baumaßnahmen jedoch um Herstellungskosten für einen – echten – Neubau in diesem Sinne, so dass eine Begünstigung nach § 7i EstG i. V. m. § 10 f EStG ausscheidet.
Ausweislich des einheitlichen Kauf- und Generalunternehmervertrags vom 18.07.2002 hat der Kläger eine nach der vorangegangenen Teilung erst noch herzustellende Wohnung zum Preis von 31.180,- EUR zzgl. der Kosten für die Herstellung der Wohnung in Höhe von 137.231,- EUR erworben, nachdem dieses Objekt durch Teilungserklärung vom 17.12.2001 mit Nachtrag vom 14.06.2002 entstanden war. Die Eigentumswohnung stellt damit ein eigenes, neues und selbständiges Wirtschaftsgut dar5.
Nach der BFH-Rechtsprechung, der sich das Finanzgericht Baden-Württemberg anschließt, ist unter dem Begriff des Herstellens einer/s Wohnung/Gebäudes das Schaffen einer neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnung, also insbesondere die Neu- oder erstmalige Herstellung (Erst-Herstellung) einer Wohnung zu verstehen. Hingegen sind Baumaßnahmen an einer/m bereits bestehenden Wohnung/Gebäude nur dann als Herstellung einer Wohnung/eines Gebäudes anzusehen, wenn die Baumaßnahmen einem Neubau gleichkommen, d.h. die Wohnung bautechnisch neu ist. Auch umfangreiche Instandsetzungs-, Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen führen ebenso wenig zur Neuherstellung wie eine sog. Generalüberholung oder die (bloß interne) Umgestaltung des durch Außenmauern umbauten Raums. Grundlage einer bautechnischen Betrachtung ist hierbei – wie ausgeführt- nicht das Sanierungsobjekt als Ganzes, sondern die (Eigentums-) Wohnung des Klägers als selbständiges Wirtschaftsgut6. Der hier zu beurteilende Fall ist mit dem genannten vom BFH zum Fördergebietsgesetz entschiedenen Fall nahezu identisch, zumal der Erwerb und die Sanierungsvereinbarung in einem zusammengefassten Vertrag als einheitliches Regelwerk erfolgt sind, von dem weder der als „Kaufvertrag“ bezeichnete Teil noch der als „Generalunternehmervertrag“ bezeichnete Teil isoliert denkbar wären.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegt im Streitfall allerdings nicht nur im bautechnischen Sinne ein Neubau vor.
Nach den unbestrittenen Feststellungen der Außenprüfung befand sich in dem streitgegenständlichen Objekt im 1. Dachgeschoss lediglich ein Dachboden. Das 2. Dachgeschoss war zu dem Zeitpunkt der Sanierung noch gar nicht vorhanden. Außerdem wurde das Gesamtobjekt in Teileigentum aufgeteilt, wodurch 6 Einzelwohnungen und damit die Wohnung des Klägers neu geschaffen wurden. Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit ganz erheblich von den vom Kläger – allerdings ohne Fundstellennachweis – angeführten Sachverhaltsgestaltungen, in denen Maisonettewohnungen durch Umbau bzw. Aufstockung einer bestehenden Wohnung oder durch Zusammenlegung zweier Wohnungen geschaffen werden. Im Streitfall wurden nämlich durch Aufteilung des Gesamtgebäudes mehrere neue Einzelwohnungen geschaffen, die teilweise – wie im Falle des Klägers – erst noch errichtet werden mussten, nachdem die vom Kläger erworbene Wohnung auf den bisher als Dachboden genutzten Dachstuhl entfiel. Damit ist die auf den Kläger entfallende Wohnung als echter „Neubau“ zu werten, da zumindest dieses durch Teilungserklärung neu geschaffene Objekt erst noch errichtet werden musste. Die Schaffung einer bislang nicht existierenden Wohnung ohne Einbeziehung bereits bisher zu Wohnzwecken genutzter Räume stellt aber nach Überzeugung des Senats die Herstellung einer „neuen“ Wohnung dar7, zumal jedenfalls wesentliche Teile der neuen Wohnung in bislang noch gar nicht vorhandener Gebäudesubstanz (OG 2) errichtet wurden.
Soweit der Kläger allerdings vorträgt, nach einer „neuerlichen bundeseinheitlich abgestimmten Auffassung“ lasse die Verwaltung die steuerliche Begünstigung von „Aufwendungen für den Ausbau eines – bisher nicht zu Wohnzwecken genutzten – Dachgeschosses sowie Aufwendungen, die zur Entstehung neuer Wohnungen in Zusammenhang mit der Umnutzung eines denkmalgeschützten Gebäudes nach § 7i EStG bzw. § 10f EStG“ zu, weist das Finanzgericht Baden-Württemberg darauf hin, dass diese Auffassung – sofern die Verwaltung diese auch auf „echte“, also nicht nur im bautechnischen Sinne als solche geltende Neubauten anwenden sollte, im Widerspruch zu den genannten Rechtsprechungsgrundsätzen steht und zudem als bloße Verwaltungsauffassung keine Bindungswirkung für das Gericht entfaltet.
Dem steht auch die erteilte Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde nicht entgegen.
Bei der Bescheinigung gem. §§ 10 f, 7i EStG vom 20.08.2004 handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i. S. d. §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 179 AO8, dessen verbindliche Feststellungen sich jedoch auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts beschränken9. Dieser ist daher nur insoweit bindend, als er den Nachweis der denkmalschutzrechtlichen Voraussetzungen des § 7i Abs. 1 EStG erbringt. Über das Vorliegen der übrigen steuerrechtlich bedeutsamen Tatbestandsmerkmale haben die Finanzbehörden in eigener Zuständigkeit zu entscheiden. Ihnen ist auch die Beurteilung, ob ein Gebäude ein Baudenkmal oder ein Neubau ist, vorbehalten10.
Die Bescheinigung enthält einen ausdrücklichen Hinweis auf die erweiterte Prüfungsmöglichkeit der Finanzbehörden. In diesen Fällen darf das Finanzamt auch prüfen, ob es sich um einen Neubau handelt11. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der entsprechende Hinweis in der Bescheinigung gefehlt hätte12. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall, da die denk-malrechtliche Beurteilung im Streitfall die Prüfung der steuerlichen Voraussetzungen ausdrücklich der Finanzbehörde vorbehalten hat13. Ist aber ein solcher Hinweis enthalten, obliegt die Prüfung der Voraussetzungen des Fördertatbestandes (insbesondere die Prüfung der steuerrechtlichen Zuordnung der Aufwendungen) der Finanzbehörde14. Dies gilt umso mehr im Streitfall, in dem der Kläger selbst an dem Feststellungsverfahren zum Ergehen des Grundlagenbescheids gar nicht unmittelbar beteiligt war.
Nachdem aufgrund der Einordnung der streitgegenständlichen Wohnung als echten Neubau eine Förderung – auch soweit eine Einrechnung der Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage nicht erfolgt ist – bereits dem Grunde nach ausscheidet, kann im Streitfall allerdings offen bleiben, ob die der Firma A GmbH erteilte Bescheinigung des Gemeindeverbandes X vom 20.08.2004 überhaupt dem Grunde nach zu einer Begünstigung im Streitfall führen könnte. Der Senat weist hierzu auf folgendes hin:
Auch wenn es sich bei der Bescheinigung gem. § 7i EStG um eine um eine objektbezogene Bescheinigung handelt, folgt hieraus, dass sich diese auch tatsächlich auf das maßgebliche Objekt beziehen muss. Dies wäre im Streitfall aber die Wohnung des Klägers. Tatsächlich bezieht sich die Bescheinigung aber auf das Gesamtgebäude und damit nicht auf die im Streitfall maßgebliche, neu errichtete Wohnung des Klägers. Eine lediglich kalkulatorische Aufteilung der Gesamtkosten dürfte für eine Förderfähigkeit aber nicht ausreichen, zumal die Bescheinigung weder die konkret auf den Kläger entfallenden Aufwendungen noch deren tatsächliche Zahlung ausweist, noch aus dieser erkennbar ist, ob und in welchem konkreten Umfang und für welches Einzelobjekt bezogen auf die jeweiligen Wohnungen diese Aufwendungen tatsächlich begünstigt sind. Soweit nämlich in dem von dem Kläger aufgewendeten Gesamtbetrag andere Aufwendungen als solche, die konkret auf die Wohnung bzw. das geförderte Objekt entfallen, enthalten sein sollten, wie etwa Aufwendungen für Außenanlagen und Hofbefestigung, oder Aufwendungen, welche nicht „erforderlich“ im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG in dem geltend gemachten Förderbetrag enthalten sind, wären jedenfalls diese Aufwendungen nicht zu berücksichtigen15.
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juli 2012 – 12 K 3091/09
- Kulosa in Schmidt, § 7h EStG Rz. 3[↩]
- so auch Schmidt/Kulosa, EStG, § 7i Rz 3[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 24.06.2009 X R 8/08, BStBl II 2009, 960[↩]
- BFH, Urteil vom 24.06.2009 – X R 8/08, BStBl II 2009, 960; vgl. auch BFH, Urteil vom 14.01.2003 – IX R 72/00[↩]
- vgl. auch FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.01.2008 – 3 K 2353/04, DStRE 2008, 1405[↩]
- vgl. – zu § 3 FördG – BFH, Urteil vom 12.10.2005 – IX R 37/04, BFH/NV 2006, 1067; vgl. auch das zur Eigenheimzulage ergangene BFH, Urteil vom 07.11.2006 – IX R 19/05, BFH/NV 2007, 810[↩]
- ebenso Hess. FG, Urteil vom 12.12.2011 – 8 K 1754/08, EFG 2012, 828[↩]
- Hess. FG, Urteil vom 12.12.2011 – 8 K 1754/08, EFG 2012, 828[↩]
- BFH, Urteil vom 14.01.2004 – X R 19/02, BStBl II 2004, 711; ebenso Sächsisches FG, Urteil vom 11.11.2012 – 2 K 1416/11[↩]
- BFH, Urteil vom 14.01.2004 – X R 19/02, BStBl II 2004, 711[↩]
- BFH, Urteil vom 02.09.2008 – X R 7/07, BStBl II 2009, 596, Ziff. II.3[↩]
- BFH, Urteil vom 24.06.2009 – X R 8/08, BStBl II 2009, 960[↩]
- ebenso BFH, Urteil vom 14.01.2004 – X R 19/02, BStBl II 2004, 711[↩]
- siehe auch BFH, Urteil vom 02.09.2008 – X R 7/07, BStBl II 2009, 596, Ziff. II.3[↩]
- vgl. auch Hess. FG, Urteil vom 12.12.2011 – 8 K 1754/08, EFG 2012, 828[↩]