Ein für den Kindergeldbezug beachtliches Pflegekindschaftsverhältnis kann bei einem nur vorübergehend unterbrochenem Kontakt zu den leiblichen Eltern nicht angenommen werden.

Bei einem schulpflichtigen, unter einer Krankheit leidenden Kind (hier: ADHS) ist eine Beendigung des Obhuts- und Pflegeverhältnisses i.S. von § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht bereits dann anzunehmen, wenn es weniger als zwei Jahre bei den Pflegeeltern gelebt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann zwischen den Pflegeeltern und dem Pflegekind ein auf längere Dauer berechnetes familienähnliches Band nicht angenommen werden, wenn der Kontakt des Kindes zu den leiblichen Eltern nur vorübergehend unterbrochen ist. Ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern besteht in der Regel nicht mehr, wenn diese zu nicht schulpflichtigen Kindern mindestens ein Jahr [1] und zu schulpflichtigen Kindern mehr als zwei Jahre [2] „keine für die Wahrung des Obhuts- und Pflegeverhältnisses ausreichenden Kontakte“ mehr haben. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass bei kleinen, noch nicht schulpflichtigen Kindern das bisherige Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern früher beendet wird als bei schon älteren.
Eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen Eltern und Pflegepersonen über die Berechtigung zum Bezug von Kindergeld ist für die Familienkassen nicht bindend. Aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergibt sich, dass die Regelung des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach das Kindergeld bei mehreren Berechtigten demjenigen gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, durch privatrechtliche Abmachungen nicht außer Kraft gesetzt werden kann [3]. Entsprechendes gilt für die Kindergeldberechtigung im Verhältnis zwischen Pflegeeltern sowie leiblichen Eltern oder Adoptiveltern.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25. April 2012 – III B 176/11