Preisgeld kann auch dann leistungsbezogene steuerbare Einnahme sein, wenn die ausgezeichnete Leistung vor einer Auslobung oder unabhängig von einer möglichen Preisverleihung erbracht wurde und wenn – wie beim „Hamburger Lehrpreis“ keine Bewerbungen möglich sind, sondern nur Kandidaten vorgeschlagen werden können.

Konkrete berufliche Leistungen des Beschäftigten können auch dann im Vordergrund stehen, wenn die Auszeichnung sich auf das durch diese Leistungen gezeigte – evtl. überobligatorische – Engagement und die insoweit notwendig immanente persönliche Vorbildwirkung oder Grundhaltung erstreckt.
Mit dieser Begründung bejahte jetzt das Finanzgericht Hamburg die Besteuerung eines wissenschaftlichen Lehrpreises („Hamburger Lehrpreis“) bei den Einkünften eines Professors aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG). Der dem Professor mit 10.000 Euro verliehene Hamburger Lehrpreis unterliegt der Besteuerung als Einnahme in Geld i. S. v. § 8 Abs. 1 EStG, die ihm im Rahmen der Einkunftsart § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG bei seinen Einkünften aus unselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 EStG – im Streitjahr i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG – zufloss.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit neben Gehältern, Löhnen, Tantiemen auch Gratifikationen sowie andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG ist es gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.
Vorteile werden „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das Dienstverhältnis veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich der Preis im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Beschäftigten erweist oder wenn m. a. W. die Zuwendung sich als Frucht der Arbeit darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht.
Danach führt der einem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber oder von einem Dritten verliehene Preis zu Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit, wenn die Preisverleihung nicht vor allem eine Ehrung der Persönlichkeit des Preisträgers darstellt, sondern wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts hat. Tatrichterlich ist zu würdigen, ob nach den Einzelfall-Umständen eher die berufliche Leistung des Preisträgers geehrt wird oder vornehmlich dessen Persönlichkeit, Gesamtschaffen oder das Lebenswerk [1].
Für ein leistungsbezogenes Entgelt sprechen
- die Verleihung des Preises oder der Prämie für (ggf. besondere) Leistungen, Innovationen, Ablaufverbesserungen, Veranstaltungen oder realisierte Projekte in den von den Preisträgern wahrgenommenen Aufgabenbereichen in ihrer typischen beruflichen oder Einkunftserzielungs-Tätigkeit [2] oder für Prüfungsleistungen zur Qualifizierung in der ausgeübten beruflichen bzw. Einkunftserzielungs-Tätigkeit [3];
- speziell die Beschränkung der Auslobung auf die Beschäftigten des Auslobenden, ggf. auf die Beschäftigten verschiedener Einheiten eines auslobenden Trägers oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft [4],
- so auch bei einem Wissenschaftspreis die konkret ausgezeichneten Leistungen im Rahmen der Aufgaben eines Hochschullehrers, zu denen die Lehre (vgl. § 43 HRG, § 12 HmbHG) bzw. die Vermittlung des Fachwissens an Studierende gehört; so besteht ein untrennbarer Zusammenhang [5].
Die vorstehenden Grundsätze gelten gleichfalls
- bei Leistungserbringung unabhängig von einer möglichen Preisverleihung oder vor einer Auslobung [6],
bei Vorschlag, Auswahl und Auszeichnung des Preisträgers ohne vorherige Bewerbung [7].
Dem individuellen Zusammenhang der Auszeichnung mit Leistungen in der einkunftserzielenden Tätigkeit steht nicht entgegen, dass der Preis auch für Leistungen von Personen mit anderer Einkunftsart oder ohne Einkünfte vergeben werden kann – wie an unentgeltlich beschäftigte Honorarprofessoren – und sich insoweit ggf. die steuerliche Behandlung oder Auswirkung individuell unterscheidet [8].
Die fachlichen beruflichen Leistungen des Beschäftigten können auch dann im Vordergrund stehen, wenn sie und seine Persönlichkeit nicht voneinander losgelöst betrachtet werden können – m. a. W. wenn sich Auszeichnung oder Förderung zugleich oder notwendig immanent erstreckt auf die durch die Leistungen gezeigte Vorbildwirkung oder Grundhaltung – bei
- überdurchschnittlichem oder überobligatorischem persönlichen Engagement [9] oder
- bei qualifiziertem Personal [10] oder bei Persönlichkeit(sentwicklung), persönlichen Kompetenzen oder Charaktereigenschaften [11].
Gegen eine vorrangige Ehrung der Persönlichkeit im Hinblick auf Gesamtschaffen oder Lebenswerk können sprechen
- ein junges oder nur mittleres bzw. noch nicht fortgeschrittenes Alter [12] oder
- die Auszeichnung nur bestimmter Leistungen oder Werke bzw. m. a. W.
- das Fehlen einer Würdigung von Gesamtschaffen oder Gesamtwerk mit einer umfassenden Wertung aller Hauptwerke oder Hauptleistungen und aller von ihnen ausgestrahlten Wirkungen [13], während es im Sonderfall der an einer anderen Persönlichkeit – als Namensgeber des Preises – orientierten Grundhaltung einer darauf gerichteten Würdigung bedürfte [14].
In Anwendung der vorstehenden – sämtlich erfüllten – Kriterien bezieht sich der – durch die Behörde für Wissenschaft und Forschung der Freien und Hansestadt Hamburg und durch die von der Behörde beaufsichtigten und von der Stadt getragenen Hochschulen ausgelobte – Hamburger Lehrpreis vorrangig und untrennbar auf die von den Hochschullehrern im Rahmen ihrer Beschäftigung an den Hochschulen erbrachten besonderen Leistungen in der „Lehre“ – vgl. die Hervorhebungen der Lehre im Namen des Preises und überall in Auslobung, Preisverleihungs-Schreiben ‑Reden und ‑Pressemeldungen -.
Speziell im Fall des hier zu beurteilenden Professors bezieht sich die Preisverleihung auf seine in der Einzelwürdigung genannten innovativen Lehrveranstaltungen im Rahmen seiner entgeltlichen nichtselbständigen Tätigkeit als Hochschullehrer an der von der Stadt Hamburg getragenen Universität und erstreckt sich die Auszeichnung nicht über sein Dienstverhältnis hinaus auf seine gesamte Persönlichkeit mit seinem weit umfangreicheren und ebenfalls bedeutenden Gesamtschaffen oder Gesamtwerk auch außerhalb der Universität im In- und Ausland.
Die Hinweise auf die von der Auslobung erfasste große Zahl der für den Preis vorschlagbaren Beschäftigten – hier Hochschullehrer an den Hochschulen in Trägerschaft Hamburgs – und auf die schon danach nur geringe Gewinnchance, auf die Kausalität der Jury, Entscheidungen und auf die private Verfügbarkeit des erhaltenen Preisgelds führen zu keiner anderen Beurteilung, sondern entsprechen dem Regelfall in der oben zitierten Rechtsprechung.
icht zu entscheiden ist hier über den Veranlassungszusammenhang und die steuerliche Einordnung der Auszeichnung von Leistungen unentgeltlich beschäftigter Honorarprofessoren als Hochschullehrer.
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 25. Februar 2014 – 3 K 126/13
- vgl. insgesamt BFH, Urteil vom 23.04.2009 – VI R 39/08, BFHE 224, 571, BStBl II 2009, 668 m. w. N[↩]
- vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.01.2012 7 – V 2392/11, EFG 2012, 1327; Urteile Finanzgericht Münster vom 16.09.2009 10 K 4647/07 F, EFG 2010, 27; FG Berlin vom 17.05.2000 6 K 6422/97, EFG 2000, 936; vom 14.08.1984 – V 290/83, EFG 1985, 335, DStR 1985, 544; FG Köln vom 16.06.1982 – I 217/81 E, EFG 1983, 59; BFH vom 16.01.1975 – IV R 75/74, BFHE 115, 42, BStBl II 1975, 558; vom 01.10.1964 – IV 183/62 U, BFHE 80, 432, BStBl III 1964, 629[↩]
- BFH, Urteil vom 14.03.1989 – I R 83/85, BFHE 156, 462, BStBl II 1989, 650[↩]
- FG Köln, Urteil vom 12.06.2013 4 K 759/10, EFG 2013, 1405; vgl. inzwischen Marx, DStZ 2014, 282, 287[↩]
- Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 15.03.2000 – I 210/95, EFG 2000, 787; Grotherr/Hardeck, StuW 2014, 3, 9[↩]
- vgl. Finanzgericht Münster, Urteil vom 16.09.2009 10 K 4647/07 F, EFG 2010, 27[↩]
- vgl. insgesamt beim Wissenschaftspreis Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 15.03.2000 – I 210/95, EFG 2000, 787; Grotherr/Hardeck, StuW 2014, 3, 7 ff.; z. T. hinausgehend über Verwaltungsauffassungen wie Bay. Landesamt für Steuern, Verfügung vom 03.02.2010, Juris „Kunstförderpreis“; FinMin Saarland, Erlass vom 03.12.2002, Juris; OFD München, Verfügung vom 06.07.1998, Juris „Meisterpreis“; BMF, Schreiben vom 05.09.1996, BStBl I 1996, 1150[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 16.01.1975 – IV R 75/74, BFHE 115, 42, BStBl II 1975, 558, Juris Rz. 21[↩]
- FG Berlin, Urteil vom 17.05.2000 6 K 6422/97, EFG 2000, 936[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 23.04.2009 – VI R 39/08, BFHE 224, 571, BStBl II 2009, 668 m. w. N.[↩]
- vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 05.06.2008 3 K 55/07, BeckRS, Juris, rechtskräftig durch vorgenanntes BFH, Urteil[↩]
- BFH, Urteil vom 23.04.2009 – VI R 39/08, BFHE 224, 571, BStBl II 2009, 668; beim Wissenschaftspreis Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 15.03.2000 – I 210/95, EFG 2000, 787[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 01.10.1964 – IV 183/62 U, BFHE 80, 432, BStBl III 1964, 629; zu Wissenschaftspreisen Grotherr/Hardeck, StuW 2014, 3, 5[↩]
- BFH, Urteil vom 09.05.1985 – IV R 184/82, BFHE 143, 466, BStBl II 1985, 427[↩]