Devisentermingeschäfte – oder private Veräußerungsgeschäfte?

Maßgebend für die Qualifizierung eines Devisentermingeschäfts als Veräußerungsgeschäft iSv § 23 – I Nr. 2 EStG oder als Termingeschäft iSv § 20 – II 1 Nr. 3 Buchst. a EStG ist die konkrete Abwicklung. Verluste aus einem auf Differenzausgleich gerichteten Devisentermingeschäft sind als solche aus einem Termingeschäft iSv § 20 – II 1 Nr. 3 Buchst. a EStG zu berücksichtigen, wenn die Devisen vor ihrem Erwerb veräußert (Leergeschäft) und erst am Fälligkeitstag angeschafft werden.

Devisentermingeschäfte – oder private Veräußerungsgeschäfte?

Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt. Die Regelung soll umfassend die Besteuerung der Wertzuwächse aus Termingeschäften regeln und vereinheitlichen1.

In dem hier vom Finanzgericht München entschiedenen Streitfall waren die Devisentermingeschäfte des Anlegers auf den Differenzausgleich gerichtet. So hat sich der Anleger bereits am 22.01.2010 gegenüber der Sparkasse verpflichtet, am Fälligkeitstag (26.01.2011) 10.000.000 JPY zum Kurs 127, 40000 zu verkaufen. Der Anleger hatte zu diesem Zeitpunkt keinen Bestand an JPY besessen. Es handelt sich um ein sog. Leergeschäft. Wegen der für ihn ungünstigen Kursentwicklung des JPY hat der Anleger erst zum Fälligkeitstag 10.000.000 JPY zum Kurs von 112, 450000 erworben (Devisen-KassaGeschäft), um seine Verkaufsverpflichtung aus dem Devisentermingeschäft erfüllen zu können. Bei Abschluss des Devisentermingeschäfts hatte der Anleger gehofft, dass der Kurs des JPY fallen würde, so dass er die JPY bis zum Fälligkeitstag zu einem günstigeren Kurs einkaufen könnte, um beim Verkauf der JPY einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Einkaufskurs zu erzielen.

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Der Einwand des Finanzamt, dass die Verbuchung des Kaufs auf dem JPY-Konto als Zugang in Höhe von 10.000.000 JPY und der Veräußerung als Abgang auf dem JPY-Konto dafür spreche, dass es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG handelt, führt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Streitfalls zu keiner anderen Beurteilung.

Ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG liegt vor, wenn Fremdwährungsbeträge innerhalb eines Jahres angeschafft und veräußert werden2. Maßgebend für die Qualifizierung eines Devisentermingeschäfts als Veräußerungsgeschäft oder Termingeschäft i. S.d § 20 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a EStG ist nach der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen3 die konkrete Abwicklung. Kommt es zur effektiven Lieferung des Fremdwährungsbetrags und tauscht der Käufer diesen innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Devisentermingeschäfts in € oder eine andere Währung, soll dies zu einem privaten Veräußerungsgeschäft führen. Gleiches soll gelten, wenn am Fälligkeitstag ein auf € lautendes Konto des Käufers mit dem Kaufpreis belastet und ihm gleichzeitig der €-Betrag gutgeschrieben wird, welcher der auf Termin gekauften Währung entspricht. In diesem Fall soll die mit dem Devisentermingeschäft erworbene Fremdwährung am Fälligkeitstag geliefert und unmittelbar danach zurückgetauscht werden.

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass der Anleger die Devisen vor ihren Erwerb veräußert (Devisentermingeschäft vom 22.01.2010) und erst am Fälligkeitstag die erforderlichen Devisen angeschafft hat (Devisen-Kassa-Geschäft vom 26.01.2011). Damit entsprechen die vorliegenden Geschäfte nicht den vom Gesetzgeber vorgesehenen typischen Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG. Denn für die Berechnung der Jahresfrist i. S.d § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind die obligatorischen Verträge maßgebend4. Solche Termingeschäfte wurden vor der Unternehmenssteuerreform 2008 von der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG a. F. („Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter vor dem Erwerb erfolgt“) erfasst. Diese Regelung ist ab dem Jahr 2009 entfallen, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Besteuerung derartiger Geschäfte nun von § 20 EStG erfasst wird5. Das Finanzgericht München ist deshalb bei Würdigung der Besonderheiten des Streitfalls der Auffassung, dass die vorliegenden Devisentermingeschäfte nicht von der Regelung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG n. F. sondern von der Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a EStG erfasst werden. Die Verbuchung der streitigen Geschäfte am Fälligkeitstag (hier: 26.01.2011) über die Währungskonten des Anlegers kann bei wirtschaftlicher Betrachtung als „Bruttoverbuchung“ des Differenzausgleichs gewürdigt werden, die nicht zu einer Lieferung der Devisen mit anschließendem Rücktausch i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG führt. Dafür spricht auch, dass diese Geschäfte nur in Höhe eines eventuellen Verlusts in den dem Anleger von der Sparkasse gewährten Kreditrahmen einfließen sollten. Diese Vereinbarungen waren nach einer Bestätigung der Sparkasse vom 26.05.2015 auch Grundlage für die streitigen Devisentermingeschäfte. Bei dieser Sachlage ist es deshalb gerechtfertigt, die Devisentermingeschäfte des Anlegers als Termingeschäfte i. S. d. § 20 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a EStG zu qualifizieren.

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Auch der Hinweis des Finanzamt, dass keine Bescheinigung nach § 43 a Abs. 3 Satz 4 EStG vorliege, führt zu keiner anderen Beurteilung.

Gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG dürfen Verluste, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, nur verrechnet werden oder mindern die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt, wenn eine Bescheinigung im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 4 EStG vorliegt.

Die Bank hat in der Bescheinigung vom 09.07.2012 bestätigt, dass die streitigen Verluste nicht im Steuerabzugsverfahren berücksichtigt worden sind. Aus diesem Grund kann im Streitfall auf die Vorlage einer weiteren Bescheinigung der Bank i. S. d. § 43 a Abs. 3 Satz 4 EStG verzichtet werden. Die vorliegende Bestätigung der Bank vom 09.07.2012 genügt als Nachweis, dass die doppelte Erfassung der Verluste ausgeschlossen ist6.

Finanzgericht München, Urteil vom 10. September 2015 – – 15 K 2243/13

  1. Schmidt/Weber-Grellet, Kommentar zum EStG, 33. Auflage, § 20 Rz. 131[]
  2. vgl. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 23 Anm. 142 „Fremdwährungsguthaben“[]
  3. BMF, Erlass vom 09.10.2012, BStBl I 2012, 953 Rz. 39[]
  4. vgl. Schmidt/Weber-Grellet a.a.O § 23 Rz. 21[]
  5. vgl. BR-Drs. 220/7 Seite 95 und BT-Drs. 16/4841 Seite 59 zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 EStG a. F.; vgl. auch Schmidt/Weber-Grellet a. a. O., § 23 EStG Rz. 29[]
  6. vgl. Schmidt/Weber-Grellet a. a. O. § 20 EStG Rz.190[]
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