Wird dem Inhaber von Genussrechten, die keine Beteiligung am Unternehmensvermögen vermitteln, ein Entgelt dafür gewährt, dass ihm aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Genussrechtsverhältnisses Einnahmen aus der Verzinsung des Genussrechtskapitals entgehen, handelt es sich um eine gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerpflichtige Entschädigung und nicht um einen nicht steuerbaren Veräußerungsgewinn i.S. des § 23 EStG.

Die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG, nach der die Grundsätze für die Besteuerung von Finanzinnovationen auf Genussrechte der vorliegenden Art nicht anwendbar sind, schließt die Besteuerung einer Entschädigungszahlung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht aus, da diese durch die entgehenden Einnahmen veranlasst ist und eindeutig nicht der Vermögensebene angehört.
Der von der Emittentin an den Anleger im Rahmen des Rückkaufs gezahlte Einmalbetrag (hier: in Höhe des dreifachen Nennbetrags) führt zu steuerpflichtigen Einkünften. Zwar handelt es sich bei der Einmalzahlung nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG, jedoch sind die Voraussetzungen für eine Besteuerung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfüllt.
Bei der Einmalzahlung handelt es sich nicht um einen Vorteil aus einem früheren Dienstverhältnis nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Vorteile werden „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das ‑im vorliegenden Fall zwischenzeitlich beendete- individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird1. Dies war vorliegend der Fall, da die Einmalzahlung in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zu dem früheren Arbeitsverhältnis des Anlegers stand. Bei den Genussrechten handelte es sich um eine eigenständige Erwerbsgrundlage, da weder die Höhe des Rücknahmepreises noch der Vergütung von dem früheren Arbeitsverhältnis des Anlegers abhingen2.
Die Einmalzahlung in Höhe des dreifachen Nennbetrags der NGS gehört auch nicht unmittelbar zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG. Denn die Zahlung erfolgte nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt nicht als Gegenleistung für die Nutzung des von dem Anleger überlassenen Kapitals. Vielmehr wurde sie gerade dafür vereinbart, dass der auf die entgeltliche Nutzung des Kapitals gerichtete Vertrag einvernehmlich aufgelöst wurde.
Die Einmalzahlung ist aber als Entschädigung, die als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährt worden ist, gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerpflichtig; denn die Einnahmen, die der Anleger erzielt hätte, wenn er die Genussrechte behalten hätte, wären gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu besteuern gewesen.
§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ergänzt die Einkünftetatbestände der §§ 13 bis 23 EStG, schafft indessen keinen neuen Besteuerungstatbestand. Es muss demgemäß eine kausale Verknüpfung zwischen Entschädigung und den entgangenen Einnahmen bestehen3. Die entgangenen Einnahmen müssen, falls sie erzielt worden wären, steuerpflichtig sein4. Dies ist vorliegend der Fall. Nach den Ausführungen der Emittentin im Angebot zum Rückerwerb der NGS entsprach die Höhe der Einmalzahlung einer Verzinsung der NGS für zehn Jahre zu einem Zinssatz von 30 % p.a. Danach ist die Zahlung nicht Entgelt für den Rückerwerb der Genussrechte, sondern Entschädigung für entgehende Einnahmen. Die Abfindung stellt sich als Ersatz der Kapitalerträge dar, die der Anleger erzielt hätte, wenn der Vertrag über die Verzinsung der Genussrechte nicht aufgrund des Angebots der Emittentin beendet worden wäre. Diese Einnahmen wären der Einkunftsart der Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzuordnen gewesen.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1 und 2 EStG bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Dazu zählt auch der von der Emittentin an den Anleger bei dem Rückerwerb der NGS gezahlte Einmalbetrag in Höhe des dreifachen Nennbetrags der Genussrechte. Denn die Zahlung erfolgte nicht, um einen „höheren Wert“ der Genussrechte abzugelten, sondern um den Anleger dafür zu entschädigen, dass er aufgrund der Rückgabe der Genussrechte keine Einnahmen mehr aus der Überlassung seines Kapitals an die Emittentin erzielen konnte. Für diese Beurteilung spricht nicht nur das Anschreiben der Emittentin, nach dem die Einmalzahlung einer Verzinsung der NGS für zehn Jahre zu einem Zinssatz von 30 % p.a. entspricht, sondern auch der Umstand, dass der Anleger nach den Genussrechtsbedingungen bei Rückübertragung der NGS auf die Emittentin, gleich aus welchem Grund, stets nur den Nennbetrag erhalten sollte. Die NGS waren somit an der Wertentwicklung des Gesellschaftsvermögens der Emittentin nicht beteiligt.
Die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG, nach der die Grundsätze für die Besteuerung von Finanzinnovationen auf Genussrechte der vorliegenden Art nicht anwendbar sind, schließt die Besteuerung einer Entschädigungszahlung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht aus, da diese allein durch die entgehenden Einnahmen veranlasst ist, gerade kein Veräußerungsentgelt darstellt und deshalb die Vermögensebene nicht berührt.
Entgegen der Auffassung des Anlegers rechtfertigen auch die Ausführungen des Niedersächsischen Finanzgericht in seinem Urteil vom 01.12 20055 keine andere Beurteilung. Anders als in jenem Fall war es im Streitfall der Emittentin möglich, die Genussrechte durch Kündigung auch gegen den Willen des Anlegers zum Nennwert zurück zu erwerben. Es handelt sich bei der Einmalzahlung somit nicht um eine ggf. nicht steuerbare Gegenleistung für die Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung durch einen „lästigen“ Gesellschafter, den die Gesellschaft auf andere Weise nicht hätte „los werden“ können.
Einer Qualifizierung der Einkünfte als steuerbare Entschädigungsleistung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Anleger durch seine Zustimmung zum Angebot der Emittentin selbst zum Wegfall der Einnahmen aus den NGS beigetragen hat. Zwar setzt eine Entschädigung voraus, dass die Zustimmung unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck erfolgte6. Davon ist im Streitfall jedoch auszugehen, da der Anleger, wenn er das Angebot der Emittentin nicht angenommen hätte, ab dem 1.07.2006 nur noch die Mindestverzinsung von 7 % p.a. und keine Gewinnbeteiligung mehr erhalten hätte.
Die als Entschädigung zu beurteilende Einmalzahlung unterliegt nicht der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG, da sie sich in Höhe von jeweils 11.097, 60 EUR gleichmäßig auf zwei Veranlagungszeiträume verteilte. Damit fehlt es an einem zusammengeballten Zufluss als Voraussetzung für eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG7.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Februar 2015 – VIII R 4/12
- BFH, Urteil vom 20.11.2008 – VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 05.11.2013 – VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl II 2014, 275; vom 21.10.2014 – VIII R 44/11, BFHE 247, 308[↩]
- BFH, Urteil vom 19.10.1978 – VIII R 9/77, BFHE 126, 405, BStBl II 1979, 133[↩]
- BFH, Urteil vom 16.08.1978 – I R 73/76, BFHE 126, 199, BStBl II 1979, 120[↩]
- Nds. FG, Urteil vom 01.12.2005 – 11 K 127/03, DStR/E 2006, 1517[↩]
- BFH, Urteil vom 29.02.2012 – IX R 28/11, BFHE 237, 56, BStBl II 2012, 569[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 28.06.2006 – XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835[↩]