Die Fahrten zum Arbeitgeber sind nach einem aktuellen Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts auch dann Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und keine (innerbetriebliche) Dienstreise, wenn der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht in dem Betrieb, sondern in einem von seinem Arbeitgeber eingerichteten und angemieteten Teil seiner eigenen Wohnung arbeitet.

Unterhält ein Steuerpflichtiger eigene betrieblich genutzte Räumlichkeiten oder eine Betriebsstätte in unmittelbarer räumlicher Nähe zu seiner Wohnung, sind die Fahrten von dort zu einer anderen Betriebsstätte zum Zwecke der Gleichbehandlung der Fahrtkosten von selbstständig und nichtselbstständig Tätigen von den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr. 6 EStG abzugrenzen. Erforderlich ist dabei eine deutliche Grenzziehung zwischen dem privaten Bereich des Wohnens und der betrieblichen Betätigung. Im Grundsatz ist die Rechtsprechung des BFH in den Fällen, in denen die betrieblichen Räumlichkeiten oder die Betriebsstätte nur einen Teil einer Wohnung bilden, immer von einer Eingebundenheit in die Privatsphäre ausgegangen und hat die Fahrten zu einer anderen Betriebsstätte als solche zwischen Wohnung und Betriebsstätte im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz Nr. 6 EStG beurteilt. Das Eingebundensein in die Privatsphäre wird danach durch die betriebliche Nutzung eines Raumes, einen separaten Eingang und die Lage in einem anderen Stockwerk in aller Regel nicht gelöst. Vielmehr erscheint die Wohnung als Ausgangs- und Endpunkt der täglichen Fahrten unabhängig davon, welchen Raum der Steuerpflichtige jeweils unmittelbar vor oder nach der Fahrt aufsucht. Die Fahrten sind in diesen Fällen daher nicht als “innerbetrieblich” anzusehen. Im Ergebnis können daher derartige betriebliche Räume nicht als Betriebsstätte und auch nicht als Ausgangs- oder Endpunkt einer Fahrt zu einer anderen Betriebsstätte anerkannt werden.
Etwas anderes kann, so die Finanzrichter, nur dann gelten, wenn durch nach außen erkennbare Umstände die häusliche Privatsphäre zugunsten eines eindeutig betrieblichen Bereichs zurücktritt. Solche Umstände sind aber nicht schon dann gegeben, wenn die betrieblich genutzten Räume auf zwei Seiten an das vom Kläger bewohnte Haus angebaut sind. In gleicher Weise hat der Bundesfinanzhof auch die Fahrten eines Arbeitnehmers vom häuslichen Büro zur regelmäßigen Arbeitsstätte beurteilt.
Vergleichbares gilt nach Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts auch bei outgesourcten Arbeitnehmern, die in einem Home-Office arbeiten. Auf diese Fälle können die vorstehenden Rechtsgrundsätze zwar nicht unmittelbar angewendet werden, denn in diesen Fällen sind die im Rahmen der Berufsausübung genutzten Räumlichkeiten im Wohnhaus des Arbeitnehmers nicht ihm, sondern seinem Arbeitgeber zuzurechnen. Der Arbeitgeber nutzt diese Räumlichkeiten im Rahmen eines steuerlich nicht zu beanstandenden Mietverhältnisses mit dem Arbeitnehmer. Sie bilden insoweit eine Betriebsstätte des Arbeitgebers.
Solche Mietverhältnisse mit dem Arbeitgeber schließen zwar die Anwendung der Abzugsbeschränkung für Arbeitszimmerkosten gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG aus, weil solche Räume bereits vom Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers nicht erfasst werden . Gleichwohl führt dies nach Überzeugung des Finanzgerichts nicht dazu, dass diese Betriebsstätte als Ausgangspunkt der täglichen Fahrten des Klägers angesehen werden kann. Es bleibe, so das FG, dabei, dass die Räumlichkeiten des Arbeitgebers derart in den Privatsphäre des Arbeitnehmers eingebunden sind, dass die Wohnung des Klägers als Ausgangs- und Endpunkt der täglichen Fahrten erscheint.
Zudem ist für das Gericht kein substantiiell wichtiger Grund erkennbar, einen solchen Sachverhalt allein wegen der Zurechnung des beruflich genutzten Raumes beim Arbeitgeber anders zu beurteilen als die Fälle der eigenen betrieblichen Räumlichkeiten des Steuerpflichtigen in räumlichen Nähe zur Privatsphäre. Wegen der räumlichen Eingebundenheit des Home-Office in die Privatsphäre des Arbeitnehmers steht für das FG insoweit fest, dass – unabhängig davon, welcher Raum tatsächlich vorher aufgesucht wird – die Wohnung den Ausgangs- und Endpunkt der regelmäßigen Fahrten zum Arbeitgeber bildet.