Gewinnerzielungsabsicht beim Betrieb einer Photovoltaikanlage – oder: Klimaschutz ist steuerschädlich

Der dauerdefizitäre Betrieb einer Photovoltaikanlage schließt die bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht aus, wenn die Hinnahme der Verluste auf dem Motiv des Steuerpflichtigen beruht, durch die emissionsfreie Erzeugung von Strom für das öffentliche Netz einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Gewinnerzielungsabsicht beim Betrieb einer Photovoltaikanlage – oder: Klimaschutz ist steuerschädlich

Zur Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht ist nach den in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung vertretenen Grundsätze zunächst in objektiver Hinsicht eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seinem Wesen und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Ist die Prognose -wie im Streitfall- negativ, erlaubt dies jedoch nicht ohne Weiteres den Schluss, dass der Steuerpflichtige auch subjektiv die Erzielung eines Totalgewinns nicht beabsichtigte. Dies ist vielmehr nur dann -widerlegbar- gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkünftesphäre zu dienen (sog. Hobbybereich). Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden. Im Fall einer längeren Verlustperiode spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden1.

Weiterlesen:
Erlass von Nachzahlungszinsen aus Billigkeitsgründen?

In einem solchen Fall sind an die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, zwar keine hohen Anforderungen zu stellen; die Feststellung ist aber nicht vollkommen entbehrlich2.

Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze hat im hier entschiedenen Fall das Finanzgericht Berlin-Brandenburg festgestellt, dass die Anlagenbetreiber die nachhaltig bestehende Verlustsituation im Hinblick darauf hingenommen haben, dass sie mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage emissionsfrei und klimaschützend Strom erzeugen wollten3.

Diese Erwägung hat das Finanzgericht als persönlichen -außerhalb der steuerrechtlich relevanten Einkünftesphäre liegenden- Grund gewürdigt. Hiergegen wäre in einem Revisionsverfahren nichts zu erinnern. Eine verlustbehaftete Betätigung, die vordergründig nicht von einem erwerbswirtschaftlichen, sondern einem -wenn auch äußerst gewichtigen- idealistischen Motiv des Steuerpflichtigen getragen wird, ist mit dem Erfordernis aus § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, die Erzielung von Gewinnen zu beabsichtigen, nicht in Einklang zu bringen. Es ist nicht klärungsbedürftig, dass Verluste aus solchen Betätigungen einkommensteuerrechtlich der Privatsphäre zuzuordnen sind.

Hieran ändert das Klimaschutzgebot aus Art.20a GG nichts. Die Norm verpflichtet den Staat zum Klimaschutz4, vermittelt dem Einzelnen aber keine subjektiven Schutzansprüche5. Sie verpflichtet somit nicht, Verluste eines Steuerpflichtigen, die aus einer den Klimaschutz fördernden Betätigung herrühren, trotz fehlender Gewinnerzielungsabsicht nur aufgrund des staatlichen Gebots aus Art.20a GG steuerrechtlich anzuerkennen.

Weiterlesen:
Langjährige Generalsanierung leerstehender Wohnungen - und die Einkünfteerzielungsabsicht

Im Übrigen ist der Gesetzgeber nicht untätig geblieben, sondern fördert den Bau und Betrieb von Photovoltaikanlagen in erheblichem Umfang durch eine garantierte Einspeisevergütung nach dem EEG. Art.20a GG lässt dem Gesetzgeber grundsätzlich die Wahl zwischen verschiedenen Förderinstrumenten und verpflichtet ihn nicht, gerade eine einkommensteuerrechtliche Förderung zu gewähren.

Im Übrigen sieht der Bundesfinanzhof in der Versagen des Verlustabzugs auch keine Divergenz zu den (rechtskräftigen) Entscheidungen des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 09.02.20176 sowie des Thüringer Finanzgerichts vom 11.09.20197. Zwar haben beide Gerichte den dortigen Anlagenbetreibern die jeweils streitigen Verluste aus dem Betrieb von Allerdings fordert die Revisionszulassung wegen Divergenz neben der Vergleichbarkeit der Entscheidungssachverhalte divergierende abstrakte Rechtssätze, die sowohl der angefochtenen als auch der divergierenden Entscheidung tragend zugrunde liegen8. Hieran fehlt es. Beide vom Anlagenbetreiber als divergierend angeführten FG, Urteile enthalten nicht den Rechtssatz, dass das Motiv des Betreibers einer verlustbringenden Photovoltaikanlage, durch das emissionsfreie Erzeugen von Strom einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, der Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht nicht entgegensteht. Photovoltaikanlagen zuerkannt.

Soweit die Anlagenbetreiber auf die erheblichen Steigerungen des Börsenstrompreises seit dem Krieg in der Ukraine verweisen, handelt es sich im vorliegenden Fall um das Vorbringen neuer Tatsachen, die in einem künftigen Revisionsverfahren unbeachtlich wären (§ 118 Abs. 2 FGO) und daher auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unberücksichtigt bleiben müssen.

Weiterlesen:
Klage gegen einen Nullbescheid - oder: der zu niedrige Verlustvortrag

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 16. November 2022 – X B 46/22

  1. vgl. hierzu BFH (GrS), Beschluss vom 25.06.1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.03.c bb (1); BFH, Urteile vom 26.02.2004 – IV R 43/02, BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455, unter 1.b; vom 21.07.2004 – X R 33/03, BFHE 207, 183, BStBl II 2004, 1063, unter II. 3.a; vom 17.11.2004 – X R 62/01, BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336, unter II. 1.b aa; vom 20.09.2012 – IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408, Rz 13, m.w.N., sowie vom 23.08.2017 – X R 27/16, BFH/NV 2018, 36, Rz 16[]
  2. BFH, Urteil in BFH/NV 2018, 36, Rz 17, m.w.N.[]
  3. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.03.2022 – 6 K 6021/21[]
  4. BVerfG, Beschluss vom 24.03.2021 – 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 288/20, BVerfGE 157, 30, Rz 198, m.w.N.[]
  5. Kloepfer in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art.20a Rz 56[]
  6. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.02.2017 – 1 K 841/15, EFG 2017, 913[]
  7. Thür.FG, Urteil vom 11.09.2019 – 3 K 59/18, EFG 2021, 32[]
  8. statt vieler BFH, Beschluss vom 03.06.2020 – II B 54/19, BFHE 268, 550, BStBl II 2020, 598, Rz 17[]

Bildnachweis: