Gewinnerzielungsabsicht – oder doch bloß eine Kostendeckungsabsicht?

Berücksichtigt das Finanzgericht bei der Beurteilung, ob eine Tätigkeit trotz Erzielens von Gewinnen nur mit Kostendeckungs- und nicht mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeführt wird, einzelne nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung heranzuziehende Indizien nicht zutreffend, führt dies nicht zu einem schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO, wenn die Gesamtwürdigung des Finanzgerichts im Ergebnis insgesamt nachvollziehbar und plausibel ist.

Gewinnerzielungsabsicht – oder doch bloß eine Kostendeckungsabsicht?

Zwar kann gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO die Revision zuzulassen sein, wenn dem Finanzgericht ein so schwerwiegender Rechtsfehler unterläuft, dass eine greifbar gesetzwidrige oder willkürliche Entscheidung vorliegt, deren Fortbestehen das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen würde und einer Korrektur durch das Revisionsgericht bedarf. Greifbare Gesetzwidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Finanzgericht eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat oder sein Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt beziehungsweise auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht. Eine Entscheidung ist (objektiv) willkürlich, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Von Willkür kann dagegen nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grunds entbehrt. Unterhalb dieser Schwelle liegende, auch erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen1. Das Übersehen einer höchstrichterlichen Rechtsprechung oder deren falsche Anwendung liegen grundsätzlich unterhalb dieser Schwelle und begründen die greifbare Gesetzwidrigkeit der betroffenen Entscheidung nicht2.

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Der auf dem Postweg verlorengegangene fristwahrende Schriftsatz

Soweit vorgetragen wird, das in der Vorinstanz tätige Finanzgericht Baden-Württemberg3 habe die Grundsätze des BFH-Urteils vom 22.08.19844 missachtet und sei aufgrund einer willkürlichen Rechtsanwendung zu dem Ergebnis gekommen, die Gesellschafter der GbR hätten trotz einer positiven Entwicklung der Einnahmeüberschüsse nur mit einer Kostendeckungs- und nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt, liegt kein schwerwiegender Rechtsanwendungsfehler des Finanzgerichts vor. Es hat in der Vorentscheidung das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22.08.19844 zitiert und herausgestellt, dass bei einer Gewinnerzielung eine reine Kostendeckungsabsicht aufgrund zukünftiger Verluste nur angenommen werden kann, wenn festgestellt werden könne, dass konkrete Kosten auf das Unternehmen zukommen, die nach dessen Wesensart und nach der Art seiner Bewirtschaftung aus den laufenden Einnahmen nicht gedeckt werden können. Dass das Finanzgericht für alle Streitjahre eine Kostendeckungsabsicht auf Ebene der GbR angenommen hat, ohne die erwarteten zukünftigen Kosten der GbR für alle Streitjahre einzeln zu beziffern, sondern die Kostendeckungsabsicht vorwiegend aus der Art der Tätigkeit und der Einnahmeerzielung aus der nur bei Bedarf abrufbaren Kostenpauschalen abgeleitet hat, mag -was der Bundesfinanzhof ausdrücklich offen lässt- zu einer Fehlanwendung der Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 22.08.19844 im Streitfall führen können. Gleiches gilt für den geltend gemachten Rechtsfehler, dass das Finanzgericht die substantiellen persönlichen und wirtschaftlichen Vorteile der GbR-Gesellschafter, die diese außerhalb der GbR erzielt hätten, welche aber durch die Zugehörigkeit zum Gesellschafterkreis befördert worden seien, nicht als entscheidendes Indiz für eine Gewinnerzielungsabsicht der GbR gewürdigt habe. Berücksichtigt das Finanzgericht bei der Beurteilung, ob eine Tätigkeit trotz Erzielens von Gewinnen nur mit Kostendeckungs- und nicht mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeführt wird, einzelne nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung heranzuziehende Indizien nicht zutreffend, führt dies jedenfalls dann nicht zu schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehlern im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO, wenn die Gesamtwürdigung des Finanzgerichts im Ergebnis insgesamt nachvollziehbar und plausibel ist. Das Finanzgericht stützt seine Schlussfolgerung, dass mit den erwirtschafteten Einnahmen lediglich die Selbstkosten gedeckt und allenfalls noch Rücklagen für Vermögensverluste gebildet werden sollten, in zulässiger Weise auf den festgestellten Inhalt der zwischen den Gesellschaftern einvernehmlich getroffenen Vereinbarungen, nach denen die Tätigkeit ausschließlich unentgeltlich ausgeübt werden sollte. Zudem hat es auf die Art der Betriebsführung der GbR abgestellt. Die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel dienten -nach den zwischen den Gesellschaftern stillschweigend getroffenen Vereinbarungen- lediglich der Deckung der mit der Tätigkeit verbundenen Kosten und waren aus Sicht der Gesellschafter auch nicht teilweise dazu bestimmt, eine Tätigkeitsvergütung für alle oder für einzelne Gesellschafter zu sein. In diesem Kontext genügte es für das Finanzgericht, dass künftige Kosten in allen Streitjahren sicher erwartet werden konnten und die Kostenpauschalen nicht abgerufen wurden, wenn keine Kosten zu erwarten waren.

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Das nicht hinreichend begründete Urteil

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24. Oktober 2023 – VIII B 70/22

  1. s. zum Ganzen BFH, Beschlüsse vom 09.02.2017 – VI B 58/16, BFH/NV 2017, 763, Rz 4 bis 6; vom 12.06.2018 – VIII B 154/17, BFH/NV 2018, 945, Rz 18; vom 02.07.2019 – VIII B 99/18, BFH/NV 2019, 1348, Rz 6 und 7[]
  2. BFH, Beschlüsse vom 14.05.2013 – X B 184/12, BFH/NV 2013, 1257, Rz 31; vom 12.06.2018 – VIII B 154/17, BFH/NV 2018, 945, Rz 19[]
  3. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2022 – 13 K 2104/18[]
  4. BFH, Urteil vom 22.08.1984 – I R 102/81, BFHE 142, 152, BStBl II 1985, 61[][][]

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