Haushaltsnahe Dienstleistungen für Wohnungseigentümer und Mieter – oder: Steuerermäßigung per Wohngeld- oder Betriebskostenabrechnung

Mieter können die Steuerermäßigung gemäß § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch dann geltend machen, wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.

Haushaltsnahe Dienstleistungen für Wohnungseigentümer und Mieter – oder: Steuerermäßigung per Wohngeld- oder Betriebskostenabrechnung

Eine Wohnnebenkostenabrechnung, eine Hausgeldabrechnung, eine sonstige Abrechnungsunterlage oder eine Bescheinigung entsprechend dem Muster in Anlage 2 des BMF, Schreibens vom 09.11.20161, die die wesentlichen Angaben einer Rechnung sowie einer unbaren Zahlung nach § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG enthält, reicht vorbehaltlich sich aufdrängender Zweifel an deren Richtigkeit für die Geltendmachung der Steuerermäßigung nach § 35a EStG regelmäßig aus.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall wohnten die klagenden Mieter in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das erstinstanzlich hiermit befasste Niedersächsische Finanzgericht ebenfalls ab2. Auf die Revision der Mieter entschied der Bundesfinanzhof nun jedoch anders und gab den Mietern recht:

Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs steht der Steuerermäßigung nicht entgegen, dass Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, z.B. dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, regelmäßig nicht selbst abschließen. Für die Gewährung der Steuerermäßigung sei ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zugutegekommen. Soweit das Gesetz zudem verlange, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei, genüge als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht. Aus beiden müsse sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben. Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibt es dem Finanzamt oder im Klageverfahren dem Finanzgericht unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.

Diese Rechtsprechung gilt entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft -regelmäßig vertreten durch deren Verwalter- erfolgt ist.

Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) darf ein Einkommensteuerbescheid aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft.

Nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO („darf“) steht die Änderungsbefugnis im Ermessen des Finanzamtes3. Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens müssen eingehalten werden (§ 5 AO). Die Ermessensausübung ist jedoch durch den Grundsatz der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO), nach dem die Finanzbehörden die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben haben, vorbestimmt und damit gegebenenfalls auf „Null“ reduziert.

Deshalb ist eine Aufhebung oder Änderung regelmäßig zwingend, wenn der Tatbestand der Korrekturvorschrift erfüllt ist4. Hiernach ist von einer Ermessensreduzierung auf „Null“ und damit einer bindenden Verpflichtung des Finanzamtes zur Änderung des Einkommensteuerbescheids auszugehen, wenn der zu korrigierende Bescheid rechtswidrig und die in Frage stehende Änderung ihrerseits rechtmäßig ist5.

Nach diesen Grundsätzen hat die Vorinstanz zutreffend entschieden, dass das Finanzamt verfahrensrechtlich verpflichtet ist, den Einkommensteuerbescheid vom 11.04.2017 zu ändern, soweit sich dieser als rechtswidrig erweist und den Mietern die begehrte Steuerermäßigung nach § 35a EStG zusteht. Da über die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der Bescheidsänderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO zwischen den Beteiligten -zu Recht- kein Streit mehr besteht, sieht der Bundesfinanzhof insoweit von weiteren Ausführungen ab.

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In materiell-rechtlicher Hinsicht kann der Bundesfinanzhof nach dem bisher festgestellten Sachverhalt nicht entscheiden, ob das Finanzgericht die Voraussetzungen der Steuerermäßigung nach § 35a EStG jedenfalls im Ergebnis rechtsfehlerfrei verneint hat.

Gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG sind. Gemäß § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG muss die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union (EU) oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.

Der Begriff „haushaltsnahe Dienstleistung“ ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen beziehungsweise damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen6.

Nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff7 kann dabei auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem Grund geleistet werden, als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG begünstigt sein. Es muss sich hierbei allerdings auch insoweit um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht, in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.

Hiervon ist nach dem insbesondere auszugehen, wenn der Steuerpflichtige als Eigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von (öffentlichen Geh-)Wegen verpflichtet ist, weil entsprechende Dienstleistungen notwendiger Annex zur Haushaltsführung und deshalb nicht nur anteilig, soweit sie auf Privatgelände entfallen, sondern in vollem Umfang nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG begünstigt sind. Die Reinigung der Fahrbahn einer Straße ist hingegen keine hauswirtschaftliche Verrichtung, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt wird8.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Treppenhausreinigung, dem Schneeräumen und der Gartenpflege um haushaltsnahe Dienstleistungen, die in dem im Inland und damit in der EU liegenden Haushalt der Mieter erbracht wurden. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Schneeräumen im Streitfall auch auf die Fahrbahn der Straße bezogen haben könnte, hat das Finanzgericht nicht festgestellt. Solches hat auch kein Beteiligter in der Tatsacheninstanz geltend gemacht.

Anders als das Finanzgericht gemeint hat, steht es der Berücksichtigung des Schneeräumens und der Gartenpflege als haushaltsnahe Dienstleistungen ferner nicht entgegen, dass diese Arbeiten von Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft erledigt wurden, die zu den Mietern oder ihrem Vermieter nicht in einem Beschäftigungs- oder Dienstverhältnis standen. Denn für die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG reicht es aus, dass Leistungen erbracht werden, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen. Der im Gesetz verwendete Begriff der „Dienstleistungen“ begrenzt den Anwendungsbereich des § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG nicht auf Dienst- beziehungsweise Arbeitsverträge im Sinne von § 611 BGB. Begünstigt sind vielmehr alle nicht unter § 35a Abs. 1 EStG fallenden, auf vertraglicher oder vertragsähnlicher Grundlage erbrachten Leistungen, die mit der Haushaltsführung in Zusammenhang stehen9.

Nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 €. Die Steuerermäßigung kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistung in einem in der EU oder dem EWR liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG).

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Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt10. Die Erhebung des unter Umständen noch mangelfreien Istzustandes, beispielsweise die Prüfung der ordnungsgemäßen Funktion einer Anlage durch einen Handwerker, ist hiernach ebenso Handwerkerleistung im Sinne des § 35a Abs. 3 EStG wie die Beseitigung eines bereits eingetretenen Schadens oder Maßnahmen zur vorbeugenden Schadensabwehr11.

Nach diesen Maßstäben handelt es sich im Streitfall auch bei der Funktionsprüfung RWM (Rauchwarnmelder) um eine handwerkliche Tätigkeit im Haushalt der Mieter. Da hierüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, sieht der Bundesfinanzhof insoweit von weiteren Ausführungen ab.

§ 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG und § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG setzen ferner die „Inanspruchnahme“ von haushaltsnahen Dienstleistungen und von Handwerkerleistungen voraus.

Im Streitfall bestanden zwischen den Mietern und den Erbringern der haushaltsnahen Dienstleistungen -hier dem Reinigungsunternehmen, das die Treppenhausreinigung selbst oder durch Subunternehmer durchgeführt hat und den Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft, die das Schneeräumen und die Gartenarbeiten übernommen haben- sowie zu dem Erbringer der Handwerkerleistungen -hier also der X, die die Rauchwarnmelder gewartet hat- keine unmittelbaren vertraglichen oder vertragsähnlichen Rechtsbeziehungen. Die „Inanspruchnahme“ haushaltsnaher Dienstleistungen und Handwerkerleistungen im Sinne von § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG und § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG erfordert jedoch nicht, dass der Steuerpflichtige einen eigenen zivilrechtlichen Anspruch gegen den Leistungserbringer besitzt. Der Steuerpflichtige nimmt haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch dadurch in Anspruch, dass ihm die betreffenden Leistungen zu Gute kommen.

Die Mieter haben von der Treppenhausreinigung, dem Schneeräumen und der Gartenpflege als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie der Funktionsprüfung der Rauchwarnmelder als Handwerkerleistung jeweils profitiert. Folglich haben sie diese Leistungen auch dann in Anspruch genommen, wenn die Arbeiten zum Beispiel aufgrund eines vom Vermieter, der Verwalterin oder der Eigentümergemeinschaft abgeschlossenen Dienst, Arbeits- oder Werkvertrags, im Auftrag des Vermieters, im Rahmen einer (berechtigten) Geschäftsführung ohne Auftrag, in Erfüllung einer (gemeinschaftsbezogenen) Verpflichtung zur Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder einer anderen zivilrechtlichen Rechtsgrundlage ausgeführt wurden. Näherer Feststellungen hierzu bedarf es im Streitfall nicht.

Gemäß § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und für Handwerkerleistungen zudem, „dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat“.

Anders als das Umsatzsteuergesetz (§ 14 UStG) enthalten § 35a EStG und das EStG insgesamt keine eigenständige Definition des Rechnungsbegriffs. Der Regelungszweck des § 35a EStG, Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt zu fördern und die Schwarzarbeit zu bekämpfen12, und der herkömmliche Begriff „Rechnung“ erfordern indessen, dass sich aus der Rechnung im Sinne des § 35a EStG jedenfalls die wesentlichen Grundlagen der steuerlich geförderten Leistungsbeziehung entnehmen lassen. Daher müssen sich aus der Rechnung der Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistung beziehungsweise der Handwerkerleistung als Rechnungsaussteller, der Empfänger der Leistung, die Art, der Zeitpunkt und der Inhalt der Leistung sowie die dafür jeweils geschuldeten Entgelte ergeben13. Erhalten hat der Steuerpflichtige die Rechnung, wenn diese oder eine Rechnungskopie/-abschrift so in seinen Bereich gelangt ist, dass er von ihr unter normalen Verhältnissen Kenntnis nehmen kann.

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Hinsichtlich der Aufwendungen für die Funktionsprüfung RWM (Rauchwarnmelder) haben die Mieter eine Rechnung erhalten, die den vorgenannten Anforderungen entspricht. Den Mietern lag die Betriebskostenabrechnung der – X vor, die die Funktionsprüfung als Leistungserbringer ausweislich der Abrechnung im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführt hatte. Die vorgenannte Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum 01.01.2016 bis 31.12.2016 enthielt die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für eine Rechnung im Sinne von § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG erforderlichen Angaben. Insbesondere sind Art und Inhalt der von – X erbrachten Handwerkerleistung mit „Funktionsprüfung RWM“ hinreichend bestimmt. Von dem für die Funktionsprüfung insgesamt zu zahlenden Betrag von … € entfielen nach der Abrechnung … € auf die Funktionsprüfung der Rauchwarnmelder-Einheiten in der Wohnung der Mieter. Der handelsüblichen Bezeichnung „Funktionsprüfung RWM“ konnte des Weiteren entnommen werden, dass in dem abgerechneten Betrag nur Arbeitskosten enthalten waren. Hinsichtlich der Leistungszeit reichte unter den im Streitfall gegebenen Umständen die Angabe des Zeitraums „01.01.2016 – 31.12.2016“ aus. Der Betriebskostenabrechnung war hiernach eindeutig zu entnehmen, dass die abgerechnete Funktionsprüfung im Streitjahr durchgeführt worden war. Eine weitere Konkretisierung, zum Beispiel die Angabe des genauen Tages, an dem die Prüfung erfolgte, ist insoweit entbehrlich.

Bezüglich der Treppenhausreinigung sowie des Schneeräumens und der Gartenpflege haben die Mieter hingegen keine Rechnungen der jeweiligen Leistungserbringer erhalten; das Finanzgericht hat solches jedenfalls nicht festgestellt.

Allerdings steht der Umstand, dass der steuerpflichtige Mieter (oder Wohnungseigentümer) keine Rechnungen der jeweiligen Leistungserbringer erhalten hat, der Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG und nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG nicht grundsätzlich entgegen. Die Wohnnebenkostenabrechnungen des Vermieters beziehungsweise die Hausgeldabrechnungen der Eigentümergemeinschaft oder des Verwalters sowie weitere oder ergänzende Abrechnungsunterlagen, die der Mieter oder Wohnungseigentümer erhalten hat, können die Rechnungen der Leistungserbringer repräsentieren. Denn diese Abrechnungen beruhen inhaltlich in der Regel auf den Rechnungen der Leistungserbringer, die der Vermieter oder die Eigentümergemeinschaft beziehungsweise der Verwalter mit der Durchführung der haushaltsnahen Dienstleistungen oder der Handwerkerleistungen beauftragt hat. Können den vorgenannten Abrechnungen daher die wesentlichen Angaben entnommen werden, die an eine Rechnung im Sinne des § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG zu stellen sind, reicht der Erhalt dieser Abrechnungen bei Mietern und Wohnungseigentümern regelmäßig für die Geltendmachung der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG und nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG aus.

Dies entspricht im Ergebnis auch der Auffassung der Finanzverwaltung. Nach ihrer Ansicht muss ein Mieter oder Wohnungseigentümer die Rechnungen der Leistungserbringer zur Inanspruchnahme der Steuerermäßigung ebenfalls nicht notwendigerweise erhalten haben. Die Finanzverwaltung lässt es für die Steuerermäßigung zur Beweiserleichterung vielmehr ausreichen, dass sich die erforderlichen (Rechnungs-)Angaben aus den Jahresabrechnungen des Vermieters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft beziehungsweise des Verwalters ergeben14. Darüber hinaus genügt nach Meinung der Finanzverwaltung auch der Erhalt einer Bescheinigung entsprechend dem Muster in Anlage 2 des BMF, Schreibens in BStBl I 2016, 1213. Der Bundesfinanzhof hat hiergegen von Rechts wegen grundsätzlich keine Bedenken. Denn eine Bescheinigung entsprechend dem Muster in Anlage 2 des BMF, Schreibens in BStBl I 2016, 1213 kann -wie die Abrechnungsunterlagen des Vermieters, der Wohnungseigentümergemeinschaft oder des Verwalters- die Rechnungen der Leistungserbringer ebenfalls repräsentieren.

Da es sich bei den vorgenannten Abrechnungsunterlagen und dem Bescheinigungsmuster der Finanzverwaltung jedoch nicht um die Rechnungen der Leistungserbringer handelt, die der Steuerpflichtige nach dem Gesetzeswortlaut in § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG „erhalten“ haben muss, können diese Abrechnungsunterlagen die Rechnungen nur dann repräsentieren, wenn ihnen -wie dargelegt- die für eine Rechnung wesentlichen Angaben entnommen werden können. Ist dies nicht der Fall oder bestehen an der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnungsunterlagen beziehungsweise der Vermieterbescheinigung sonstige Zweifel, kann dem Mieter oder Eigentümer die Steuerermäßigung deshalb nicht schon allein aus diesem Grund versagt werden. Denn die entsprechenden Abrechnungsunterlagen/Bescheinigungen und deren Erhalt sind keine Tatbestandsmerkmale des § 35a EStG.

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Vielmehr ist der Steuerpflichtige in einem solchen Fall oder bei Vorliegen eines anderweitigen berechtigten Bedürfnisses zur weiteren Sachaufklärung von der Finanzverwaltung im Veranlagungs- oder Einspruchsverfahren im Rahmen der Amtsermittlung beziehungsweise vom Finanzgericht im finanzgerichtlichen Verfahren aufzufordern, sich die Rechnungen der Leistungserbringer oder Rechnungskopien, die sich bei Mietern und Wohnungseigentümern in der Regel nicht in deren Besitz befinden werden, zu verschaffen und diese vorzulegen. Solches ist dem steuerpflichtigen Mieter und Wohnungseigentümer grundsätzlich möglich und im Fall eines berechtigten Sachaufklärungs- und Vorlageverlangens regelmäßig auch zumutbar. Denn der Steuerpflichtige trägt für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der Steuerermäßigung nach § 35a EStG die (objektive) Feststellungslast. Ein Steuerpflichtiger, der die Steuerermäßigung zum Beispiel als Mieter geltend machen will, hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gemäß § 259 Abs. 1 BGB auch ein Recht auf Belegeinsicht15. Er darf die Belege bei der Einsichtnahme ferner fotografieren, scannen oder mittels eines eigenen Geräts kopieren. Für preisgebundene Wohnraummietverhältnisse ist in § 29 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen außerdem bestimmt, dass der Mieter anstelle der Einsicht in die Berechnungsunterlagen Ablichtungen davon gegen Erstattung der Auslagen verlangen kann16.

Erhält der steuerpflichtige Mieter oder Wohnungseigentümer trotz hinreichender Bemühungen keine (Kopien der) Rechnungen der Leistungserbringer von dem Vermieter beziehungsweise der Eigentümergemeinschaft oder dem Verwalter, kommen auch entsprechende Vorlageverlangen der Finanzbehörde oder des Finanzgericht gegenüber diesen Personen beziehungsweise ihre Vernehmung als Zeugen in Betracht. Nur in letzter Konsequenz -wenn auch diese Aufklärungsbemühungen des Finanzamtes und des Finanzgericht scheitern sollten- wird man den steuerpflichtigen Mieter oder Wohnungseigentümer darauf verweisen können, den Erhalt (von Kopien) der Rechnungen im Zivilrechtsweg -unter Aussetzung des Besteuerungs- oder Klageverfahrens- zu erstreiten.

Nach diesen Maßstäben kann das Urteil der Vorinstanz keinen Bestand haben. Das Finanzgericht hat die von den Mietern vorgelegten Abrechnungsunterlagen des Vermieters und dessen Erläuterungen und Bestätigungen hinsichtlich der Treppenhausreinigung, des Schneeräumens und der Gartenpflege im Ergebnis wie Rechnungen der Leistungserbringer behandelt und die Klageabweisung auf die von ihm angenommenen Unzulänglichkeiten dieser Unterlagen gestützt. Dies erweist sich jedoch als rechtsfehlerhaft, da die Unterlagen nicht die in § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG geforderten Rechnungen der Leistungserbringer darstellen. Enthielten die Unterlagen nach Auffassung des Finanzgericht nicht alle Angaben, um die Rechnungen der Leistungserbringer im Sinne des § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG repräsentieren zu können, hätte das Finanzgericht die Klage daher nicht -wie geschehen- abweisen dürfen. Es hätte den Mietern vielmehr aufgeben müssen, von ihrem Vermieter (Kopien der) Rechnungen der Leistungserbringer zu erhalten und dem Finanzgericht vorzulegen. Dies betrifft im Streitfall die Rechnungen des Reinigungsunternehmens, das die Treppenhausreinigung selbst (oder durch Subunternehmer) durchgeführt hat, sowie von den Personen, die das Schneeräumen und die Gartenpflege übernommen hatten. Denn nur anhand dieser Rechnungen der Leistungserbringer konnte das Finanzgericht bei Zweifeln an den von den Mietern vorgelegten Abrechnungen und sonstigen Unterlagen beziehungsweise Bestätigungen des Vermieters beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG vorlagen.

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Der Umstand, dass die Mieter die (Kopien der) Rechnungen der Leistungserbringer dann gegebenenfalls erst im Klageverfahren „erhalten“ hätten oder solche Rechnungen erst während des Klageverfahrens erstellt werden, steht der Gewährung der Steuerermäßigung im Übrigen nicht entgegen. Denn maßgeblich für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35a EStG ist der Abschluss der Tatsacheninstanz.

Soweit es sich bei den jeweiligen Leistungserbringern um Personen handelt, die die Leistungen nicht im Rahmen eines Unternehmens, sondern „privat“ erbracht haben, was im Streitfall insbesondere hinsichtlich der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft, die das Schneeräumen und die Gartenpflege übernommen hatten, in Betracht kommt, weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass auch solche Personen Rechnungen im Sinne des § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG erstellen können. Die fehlende Unternehmereigenschaft steht dem nicht entgegen.

Die Steuerermäßigung setzt nach § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG ferner voraus, dass „die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist“. Das Gesetz verlangt insoweit nicht, dass die betreffende Zahlung durch die Steuerpflichtigen selbst -hier also die Mieter- erfolgt. Die Zahlung kann ebenso ein Dritter leisten. Unter den im Streitfall gegebenen Umständen kommen hier insoweit insbesondere der Vermieter der Mieter, die Wohnungseigentümergemeinschaft oder die Verwalterin in Betracht.

Die Steuerpflichtigen müssen für die Gewährung der Steuerermäßigung nach § 35a EStG auch das Vorliegen der Voraussetzung der unbaren Zahlung an den Leistungserbringer gemäß § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG darlegen und im Zweifelsfall nachweisen. Insoweit nimmt der Bundesfinanzhof auf seine Ausführungen unter II.B.04.b cc Bezug.

Den von den Mietern vorgelegten Abrechnungsunterlagen ist nicht zu entnehmen, dass die Zahlungen an die jeweiligen Leistungserbringer unbar erfolgt sind. Dies mag bei den Zahlungen an – X für die Funktionsprüfung RWM (Rauchwarnmelder) und das Unternehmen, das die Treppenhausreinigung durchgeführt hat, zwar naheliegen, da Eigentümergemeinschaften beziehungsweise deren Verwalter solche Leistungen in der Regel unbar bezahlen. Etwas anderes mag für die Zahlungen an die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft für das Schneeräumen und die Gartenpflege gelten. Diese Fragen können hier allerdings dahinstehen. Denn hatte das Finanzgericht -wie im Streitfall- Zweifel an einer Zahlung auf das Konto der jeweiligen Leistungserbringer, musste es den Mietern vor einer darauf gestützten Klageabweisung auch insoweit zunächst aufgeben, die unbaren Zahlungen (z.B. durch Vorlage [von Kopien] entsprechender Zahlungsbelege, Bestätigungen der Zahlenden oder Zahlungsempfänger bzw. Zeugen) nachzuweisen. Denn den Mietern als Mieter musste nicht aus eigener Anschauung bekannt sein, wer konkret auf welche Weise die Leistungserbringer bezahlt hatte. Das Finanzgericht durfte bei dieser Sachlage unter den im Streitfall gegebenen Umständen das Vorliegen der Voraussetzung des § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG nicht wie geschehen verneinen.

Weitere Voraussetzung und Bemessungsgrundlage der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen sind nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG und § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG die „Aufwendungen des Steuerpflichtigen“17. Dabei handelt es sich im Streitfall um die Zahlungen, die die Mieter als Steuerpflichtige ihrerseits an den Vermieter geleistet haben, nicht jedoch um die davon zu unterscheidenden Zahlungen an die Leistungserbringer gemäß § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG.

Der Abfluss der Aufwendungen des Steuerpflichtigen ist entsprechend § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG auch maßgeblich für den Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf die Steuerermäßigung nach § 35a EStG entsteht. Betreffen die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen Ausgaben des Vermieters, die -wie im Streitfall- laufende Nebenkosten der steuerpflichtigen Mieter darstellen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die im laufenden Jahr gezahlten Nebenkostenvorauszahlungen auf die steuerbegünstigten Leistungen entfallen, soweit die Nebenkostenvorauszahlungen die anteilig auf den Steuerpflichtigen entfallenden Ausgaben des Vermieters/der Eigentümergemeinschaft für die haushaltsnahen Dienstleistungen und für die Handwerkerleistungen decken.

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So verhält es sich auch im Streitfall. Denn die Mieter haben im Streitjahr nach der Wohnnebenkostenabrechnung ihres Vermieters Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von … € geleistet. Dieser Betrag übersteigt die als haushaltsnahe Dienstleistungen und als Handwerkerleistungen geltend gemachten Beträge in Höhe von … €.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kommt es für den Abzug der Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch nicht darauf an, ob der auf die Mieter als Mieter „entfallende Anteil bei Zugrundelegung einer Aufteilung nach Miteigentumsanteilen richtig errechnet“ wurde „oder ob hier nicht eine Aufteilung nach der Wohnfläche oder nach dem sich aus dem Mietvertrag konkret ergebenden Verteilerschlüssel vorzunehmen ist“. Denn die Frage, ob die von den Steuerpflichtigen als Mieter (oder Wohnungseigentümer) für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen getragenen Aufwendungen zivilrechtlich zu Recht auf die Steuerpflichtigen umgelegt worden sind, ist für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a EStG ohne Bedeutung.

Nach alledem hat der Bundesfinanzhof das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts aufgehoben und die nicht entscheidungsreife Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Sollte das Niedersächsische Finanzgericht auch im zweiten Rechtsgang zu der Überzeugung gelangen, dass die von den Mietern vorgelegten und gegebenenfalls noch zu ergänzenden (Abrechnungs-)Unterlagen des Vermieters nach den oben dargelegten Rechtsmaßstäben zum Beleg der haushaltsnahen Dienstleistungen nicht ausreichen, wird es den Mietern aufzugeben haben, sich (Kopien der) Rechnungen der Leistungserbringer hinsichtlich der Treppenhausreinigung, des Schneeräumens und der Gartenpflege zu beschaffen und diese vorzulegen. Außerdem wird das Finanzgericht den Mietern, soweit auch im zweiten Rechtsgang Zweifel an der unbaren Zahlung der haushaltsnahen Dienstleistungen und der Handwerkerleistungen verbleiben, aufgeben, die Zahlung auf ein Konto der jeweiligen Leistungserbringer nachzuweisen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Februar 2023 – VI R 24/20

  1. BStBl I 2016, 1213[]
  2. Nds. FG, Urteil vom 08.05.2019 – 4 K 120/18[]
  3. BFH, Urteil vom 11.10.2017 – IX R 2/17, Rz 14, m.w.N.[]
  4. BFH, Urteil vom 11.10.2017 – IX R 2/17, Rz 15, m.w.N.[]
  5. BFH, Urteil vom 11.10.2017 – IX R 2/17, Rz 22 f.[]
  6. BFH, Urteil vom 13.05.2020 – VI R 4/18, BFHE 269, 272, BStBl II 2021, 669, Rz 17, m.w.N.[]
  7. hierzu z.B. BFH, Urteil vom 21.02.2018 – VI R 18/16, BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641, Rz 14 f.[]
  8. BFH, Urteil in BFHE 269, 272, BStBl II 2021, 669, Rz 20[]
  9. Schmidt/Krüger, EStG, 42. Aufl., § 35a Rz 10; Kratzsch, in Frotscher/Geurts, EStG, § 35a Rz 39; ähnlich auch Brandis/Heuermann/Schießl, § 35a EStG Rz 22[]
  10. BFH, Urteil vom 06.11.2014 – VI R 1/13, BFHE 247, 424, BStBl II 2015, 481, Rz 11, m.w.N.[]
  11. BFH, Urteil in BFHE 247, 424, BStBl II 2015, 481, Rz 14[]
  12. BT-Drs. 15/91, S.19 ff.[]
  13. BFH, Urteil vom 29.01.2009 – VI R 28/08, BFHE 224, 255, BStBl II 2010, 166[]
  14. BMF, Schreiben vom 09.11.2016 – IV C 8-S 2296-b/07/10003:008, BStBl I 2016, 1213, Rz 26 f.[]
  15. z.B. BGH, Urteile vom 09.12.2020 – VIII ZR 118/19, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2021, 693; und vom 15.12.2021 – VIII ZR 66/20, NJW 2022, 772[]
  16. BGH, Urteil vom 08.03.2006 – VIII ZR 78/05, NJW 2006, 1419[]
  17. s. dazu auch BFH, Urteil vom 12.04.2022 – VI R 2/20, BFHE 277, 119, Rz 12[]

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