Jede Kapitalforderung, die über eine längere Zeit als ein Jahr gestundet ist, enthält nach der ständigen Rechtsprechung des BFH einen Zinsanteil. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise des Lebenssachverhalts ist in Fällen langfristig gestundeter Zahlungsansprüche davon auszugehen, dass der Schuldner bei alsbaldiger Zahlung einen geringeren Betrag hätte entrichten müssen als bei späterer Zahlung, sodass der erst später gezahlte Betrag einen Zinsanteil enthält1.

Zur Annahme eines Zinsanteils in Kaufpreisraten aus der Veräußerung eines im Privatvermögen gehaltenen Grundstücks auch bei Ausschluss einer Verzinsung durch den Verkäufer und den Käufer nach dieser Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof bereits in seinem Beschluss vom 08.12 19922.
Der Bundesfinanzhof hat in seiner jüngeren Rechtsprechung für vor dem Eintritt des Erbfalls erklärte Erb- und/oder Pflichtteilsverzichte gegen Gewährung wiederkehrender Leistungen als Abfindung zwar auch das Vorliegen eines einkommensteuerbaren Zinsanteils abgelehnt. Diese Rechtsprechung beruht auf der Grundlage, dass in diesen Fällen kein Leistungsaustausch über die Verrentung einer bestehenden Kapitalforderung stattfindet und der Vertrag als unentgeltlicher Vorgang insgesamt der Einkommensteuer nicht unterliegt3. Hingegen enthalten auch auf dem Erbrecht beruhende Kapitalforderungen nach den unter II. 1.a dargelegten Grundsätzen im Fall ihrer Stundung einen Zinsanteil gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, wenn der Erbfall bereits eingetreten ist und ein Pflichtteilsberechtigter vom Erben unter Anrechnung auf seinen Pflichtteil wiederkehrende Leistungen erhält4. Aus dieser Rechtsprechung können somit keine neuen Gesichtspunkte hergeleitet werden.
Auch der Hinweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs in BFH/NV 2012, 229 mit dem Argument, dieser habe die Rechtslage nicht endgültig geklärt, da er in einem Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung ergangen sei, greift nicht durch. In jenem Streitfall hat der Bundesfinanzhof es im Hinblick auf die drohende Doppelbelastung eines einheitlichen Lebenssachverhalts mit Einkommen- und Schenkungsteuer für ernstlich zweifelhaft gehalten, ob die zinslose Stundung einer Zugewinnausgleichsforderung unter Eheleuten zur einkommensteuerrechtlichen Erfassung eines Zinsanteils führen könne, wenn zugleich die Voraussetzungen einer schenkungsteuerrechtlichen freigiebigen Zuwendung erfüllt seien.
Auch die Rechtsfrage, ob das Bewertungsgesetz eine Abweichung des Zinssatzes von 5, 5 % vorsieht, wenn der marktübliche Zins nachweislich geringer ist, st durch die Rechtsprechung des BFH geklärt. Der in § 12 Abs. 3 BewG festgesetzte Zinssatz von 5, 5 % ist nicht zu beanstanden5. In diesem Sinne hat auch der Bundesfinanzhof zu § 15 BewG jüngst entschieden6.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – VIII B 115/13
- vgl. BFH, Urteile vom 25.10.1994 – VIII R 79/91, BFHE 175, 439, BStBl II 1995, 121; vom 26.06.1996 – VIII R 67/95, BFH/NV 1997, 175; vom 13.11.2007 – VIII R 36/05, BFHE 220, 35, BStBl II 2008, 292; vom 17.03.2010 – X R 38/06, BFHE 229, 163, BStBl II 2011, 622, m.w.N.; vom 24.05.2011 – VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254; BFH, Beschlüsse vom 08.01.1998 – VIII B 76/96, BFH/NV 1998, 963; und vom 12.09.2011 – VIII B 70/09, BFH/NV 2012, 229[↩]
- BFH, Beschluss vom 08.12 1992 – VIII B 74/92; nachgehend BVerfG, Beschluss vom 07.06.1993 – 2 BvR 335/93, HFR 1993, 542[↩]
- siehe BFH, Entscheidungen vom 09.02.2010 – VIII R 43/06, BFHE 229, 104, BStBl II 2010, 818; – VIII R 35/07, BFH/NV 2010, 1793; vom 20.11.2012 – VIII R 57/10, BFHE 239, 422, BStBl II 2014, 56; vom 26.03.2013 – VIII B 157/12, BFH/NV 2013, 934[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 229, 104, BStBl II 2010, 818[↩]
- BFH, Urteil in BFH/NV 1997, 175[↩]
- BFH, Urteil vom 27.11.2013 – II R 25/12, BFH/NV 2014, 537[↩]