Keine außer Haus erbrachten haushaltsnahen Dienstleistung

Soweit Arbeiten in der Werkstatt eines Handwerkers erbracht werden, sind die darauf entfallenden Lohnkosten nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt. Desweiteren ist die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße -anders als die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus- nicht als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 EStG begünstigt.

Keine außer Haus erbrachten haushaltsnahen Dienstleistung

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte die Klägerin die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer nach § 35a EStG bei Aufwendungen für die Straßenreinigung als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie für Tischlerarbeiten als Handwerkerleistungen beantragt. Die Straßenreinigung wurde von der Kommune als öffentliche Aufgabe für die Anlieger durchgeführt. Die Kosten hierfür hatten die Anlieger anteilig zu tragen. Gegenstand der Tischlerarbeiten war die Reparatur eines Hoftores, welches ausgebaut, in der Tischlerwerkstatt in Stand gesetzt und anschließend wieder auf dem Grundstück der Klägerin eingebaut worden war.

Anders als zuvor das Finanzgericht Berlin-Brandenburg1, bestätigte der Bundesfinanzhof die ablehnende Rechtsauffassung des Finanzamts. Die Tarifermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und ebenso für Handwerkerleistungen setze voraus, dass diese im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werden. Eine haushaltsnahe Dienstleistung erfordere eine Tätigkeit, die üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht, in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werde und dem Haushalt diene. Dies sei, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung, für die Reinigung eines Gehweges noch zu bejahen. Die Reinigung der Fahrbahn einer Straße könne aber nicht mehr als hauswirtschaftliche Verrichtung angesehen werden, die den geforderten engen Haushaltsbezug aufweise. Handwerkerleistungen für Renovierungs, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen seien ebenfalls nur begünstigt, wenn sie in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt würden. In der Werkstatt des Handwerkers erbrachte Leistung würden zwar für den Haushalt aber nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht. Die Arbeitskosten des Handwerkers seien daher ggf. im Wege der Schätzung in einen nicht begünstigten „Werkstattlohn“ und in einen begünstigten „vor Ort Lohn“ aufzuteilen.

Weiterlesen:
Das Mittagessen im Wohnstift als haushaltsnahe Dienstleistung

Haushaltsnahe Dienstleistungen

Das Finanzgericht ist zunächst zu Unrecht davon ausgegangen, dass die der Klägerin von dem Land Berlin für die Straßenreinigung in Rechnung gestellten Entgelte der von den Berliner Straßenreinigungsbetrieben (BSR) durchgeführten Straßenreinigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG in voller Höhe als Aufwendungen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen berücksichtigungsfähig sind.

Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG sind. Gemäß § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG muss die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.

Der Begriff „haushaltsnahe Dienstleistung“ ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen2.

Dabei kann nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff des Bundesfinanzhofs (hierzu BFH, Urteil vom 21.02.2018 – VI R 18/16, BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641, Rz 14 f., für Handwerkerleistungen) auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sein. Es muss sich hierbei allerdings auch insoweit um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.

Weiterlesen:
Rückwirkende Einkommensgrenzen für die Antragsveranlagung

Hiervon ist nach dem BFH, Urteil vom 20.03.2014 – VI R 55/123 insbesondere auszugehen, wenn der Steuerpflichtige als Eigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh-)Wegen verpflichtet ist, weil entsprechende Dienstleistungen notwendiger Annex zur Haushaltsführung und deshalb nicht nur anteilig, soweit sie auf Privatgelände entfallen, sondern in vollem Umfang nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sind.

Die Reinigung der Fahrbahn einer Straße ist hingegen keine hauswirtschaftliche Verrichtung, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt wird. Gerade in Städten -so auch im Streitfall- obliegt die Reinigung der Fahrbahn regelmäßig der jeweiligen Gemeinde als öffentliche Aufgabe und wird von dieser gegen Kostenbeteiligung der Anlieger im Rahmen der Daseinsvorsorge erbracht. Auch wenn teilweise die entsprechende Reinigungsverpflichtung von der Gemeinde auf die Anlieger abgewälzt wird, kann nach Auffassung des Bundesfinanzhofs insoweit nicht davon gesprochen werden, dass die Fahrbahnreinigung anders als die Reinigung des Gehwegs4 „gewöhnlich“ durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erfolgt. Auch fehlt es in Bezug auf die öffentliche Fahrbahn an dem erforderlichen räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt. Dieser endet an der „Bordsteinkante“, d.h. mit dem öffentlichen Gehweg.

Davon ging der Bundesfinanzhof auch im Urteil in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880 aus, da dort ebenfalls nur über die Aufwendungen für die Reinigung und Schneeräumung des Gehwegs zu entscheiden war. Soweit der Entscheidung zu entnehmen sein sollte, dass sich die Steuerermäßigung darüber hinaus auch auf die Aufwendungen des Winterdienstes für die Fahrbahn bezieht, hält der Bundesfinanzhof daran nicht fest.

Weiterlesen:
Auslandsschulgeld

Das Finanzgericht ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der Bundesfinanzhof kann aufgrund der vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen allerdings nicht entscheiden, ob bzw. in welcher Höhe der Klägerin die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG zu gewähren ist. Die vorgelegte Rechnung der BSR lautet auf „Straßenreinigung“ und umfasst vorliegend sowohl die Fahrbahn- als auch die Gehwegreinigung. Bei dem Begriff der (öffentlichen) Straße handelt es sich um einen Oberbegriff, der u.a. sowohl die Fahrbahn als auch den Gehweg umfasst. Das Finanzgericht wird deshalb im zweiten Rechtsgang zunächst aufzuklären haben, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe das Entgelt für die „Straßenreinigung“ tatsächlich auf die Reinigung von Fahrbahn und Gehweg entfällt. Sodann hat es den Rechnungsbetrag gegebenenfalls im Wege der Schätzung (§ 162 AO) entsprechend aufzuteilen.

Handwerkerleistung

Das Finanzgericht ist zudem unzutreffend davon ausgegangen, die in der Werkstatt des Tischlers durchgeführte Reparatur des Hoftores sei als Handwerkerleistung nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt.

Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, höchstens um 1.200 €. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten. Dass diese Voraussetzungen hinsichtlich der Tischlerarbeiten im Streitfall erfüllt sind, steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit. Der Bundesfinanzhof sieht daher von weiteren Ausführungen ab.

Die Handwerkerleistung muss allerdings ebenfalls „in“ einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). Dabei legt der Bundesfinanzhof den Begriff „im Haushalt“ -wie oben bereits dargelegt- räumlich-funktional aus5, so dass auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt sein kann. Es muss sich dabei allerdings auch hier um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen6. Dies schließt es aus, eine teilweise in der Werkstatt des Handwerkers erbrachte Leistung vollumfänglich als nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigte Handwerkerleistung anzusehen.

Weiterlesen:
Müllabfuhr als haushaltsnahe Dienstleistung?

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG sind Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, nicht begünstigt, auch wenn sie für den Haushalt erbracht werden7. Insoweit kommt es auf die tatsächliche Erbringung der Leistung an. Eine Handwerkerleistung, die in der Werkstatt des Handwerkers an einem Gegenstand des Haushalts erbracht wird, weist keinen (unmittelbaren) räumlichen Zusammenhang mit dem Haushalt auf, für den sie erbracht wird, sondern lediglich einen funktionalen8.

Ob der Leistungserfolg im Haushalt erzielt wird, ist daher grundsätzlich unerheblich; auf den zivilrechtlichen Leistungsort kommt es insoweit deshalb nicht an9. Ein bloßes Abstellen auf den Leistungserfolg würde vielmehr zu einer rein funktionalen Betrachtungsweise führen, die vom Wortlaut des Gesetzes nicht mehr gedeckt ist und auch nicht dem räumlich-funktionalen Verständnis des Bundesfinanzhofs entspricht. Die räumlich-funktionale Verbindung zum Haushalt kann nicht allein dadurch begründet werden, dass sich die Handwerkerleistung auf einen Haushaltsgegenstand bezieht.


Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem BFH, Urteil vom 03.09.2015 – VI R 18/1410. Denn auch dort hat der Bundesfinanzhof darauf abgestellt, dass das mit der Betreuungspauschale abgegoltene Notrufsystem im Not- und sonstigen Bedarfsfall zu einer Hilfeleistung in der Wohnung führte. Ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zum Haushalt war im Gegensatz zum Streitfall insoweit gegeben.

Das grundsätzlich enge Verständnis des räumlich-funktionalen Haushaltsbegriffs entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Erweiterung des § 35a EStG auf Handwerkerleistungen zwar den privaten Haushalt als Feld für neue Beschäftigungsmöglichkeiten fördern11, eine zu starke Ausdehnung der begünstigten Leistungen allerdings vermeiden wollte12.

Weiterlesen:
Winterdienst nach Leistungsfähigkeit

Ob die Handwerkerleistung -wie die Klägerin geltend macht- tatsächlich auch insgesamt auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen hätte durchgeführt werden können, ist unerheblich. Denn nur der vom Steuerpflichtigen tatsächlich verwirklichte Sachverhalt -hier die Mitnahme des Hoftores zur Reparatur in der Werkstatt des Tischlers- und nicht ein hypothetischer Sachverhalt kann der Besteuerung unterworfen werden13.

Der Bundesfinanzhof hat keine Bedenken, dass die hiernach gegebenenfalls erforderliche Aufteilung der Arbeitskosten in einen „Werkstattlohn“ und in einen „vor Ort Lohn“ tatsächlich möglich ist. Eine solche Aufteilung widerspricht auch nicht dem gesetzgeberischen Willen, Schwarzarbeit zu bekämpfen14.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kommt eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für die Reparatur des Hoftores vorliegend nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit in Betracht, als der Tischler die Arbeiten auf dem Grundstück der Klägerin und nicht in seiner Werkstatt erbracht hat. Im zweiten Rechtsgang wird das Finanzgericht deshalb den Anteil der Arbeitskosten, die auf den Aus- und Einbau des Hoftores entfallen, zu ermitteln haben.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Mai 2020 – VI R 4/18

  1. FG Berlin-Brandenburg , Urteil vom 27.07.2017 – 12 K 12040/17[]
  2. BFH, Urteil vom 13.07.2011 – VI R 61/10, BFHE 234, 391, BStBl II 2012, 232[]
  3. BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880, Rz 14[]
  4. dazu BFH, Urteil in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641, Rz 14, m.w.N.[]
  6. BFH, Urteile in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880; und vom 20.03.2014 – VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882; BMF, Schreiben vom 09.11.2016 – IV C 8-S2296-b/07/10003:008, BStBl I 2016, 1213, Rz 2[]
  7. Schmidt/Krüger, EStG, 39. Aufl., § 35a Rz 21[]
  8. ebenso Schlenk, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2018, 2122, 2126; Urteile des Finanzgericht München vom 24.10.2011 – 7 K 2544/09; FG Rheinland-Pfalz vom 06.07.2016 – 1 K 1252/16, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2016, 1350; FG Nürnberg vom 04.08.2017 – 4 K 16/17, EFG 2017, 1447; FG München vom 13.12.2017 – 11 K 2998/16, EFG 2019, 540; i.E. ebenso Schmidt/Krüger, a.a.O., § 35a Rz 21; Fischer in Kirchhof, EStG, 19. Aufl., § 35a Rz 10; Blümich/Erhard, § 35a EStG Rz 41; a.A. Urteile des Finanzgericht München vom 23.02.2015 – 7 K 1242/13; FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 26.02.2018 – 1 K 1200/17, EFG 2018, 1270[]
  9. ebenso Finanzgericht München, Urteil vom 24.10.2011 – 7 K 2544/09; Schlenk in DStR 2018, 2122, 2127 f.; a.A. Arbeitskreis Steuern und Revision im Bund der Wirtschaftsakademiker e.V., DStR 2020, 325[]
  10. BFHE 251, 435, BStBl II 2016, 272[]
  11. BT-Drs. 16/643, 1, 6[]
  12. BT-Drs. 16/974, 8[]
  13. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 29.11.2017 – X R 26/16, Rz 18; und vom 23.04.2009 – IV R 9/06, BFHE 225, 15, BStBl II 2010, 664, unter II. 1.c bb[]
  14. ebenso Schlenk in DStR 2018, 2122, 2127; a.A. Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil in EFG 2018, 1270[]
Weiterlesen:
Ergänzungsbescheide und Vermögensverschiebung bei Ehegatten

Bildnachweis: