Aufgrund einer Gesetzesänderung können beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als nicht rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer ihre für eine private Altersvorsorge in Form einer sog. „Rürup-Rente“ geleisteten Beiträge seit dem Jahr 2008 unter Umständen nur in (sehr) eingeschränktem Umfang als Sonderausgaben abziehen, falls sie daneben auch über eine Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung verfügen. Die Einschränkung des Sonderausgabenabzugs ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.

Ist zugunsten des Alleingesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH eine Direktversicherung von der Kapitalgesellschaft als Versicherungsnehmerin abgeschlossen worden, gehört dieser seit dem Jahr 2008 zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG. Der Höchstbetrag für Beiträge, die der Alleingesellschafter-Geschäftsführer zum Aufbau einer „Rürup-Rente“ erbringt, ist deshalb gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG pauschal um den fiktiven Gesamtbeitrag zur allgemeinen Rentenversicherung zu kürzen.
Die für alle erfassten Fallgruppen gleichermaßen geltende pauschale Kürzung überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Typisierung auch dann nicht, wenn der Beitrag, den die GmbH für die Altersversorgung des Gesellschafter-Geschäftsführers erbringt, im konkreten Einzelfall deutlich geringer ist als die dadurch hervorgerufene Kürzung des Höchstbetrags für den Abzug anderweitiger Altersvorsorgeaufwendungen.
Im jetzt entschiedenen Streitfall hatte die GmbH bereits im Jahr 1992 zu Gunsten ihres beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers eine Direktversicherung abgeschlossen. Die Beiträge waren vergleichsweise gering (im Jahr 2008 betrugen sie 1.534 €) und wurden vom Geschäftsführer im Wege einer Gehaltsumwandlung erbracht. Im Streitjahr 2008 zahlte der Geschäftsführer zudem 22.050 € in einen „Rürup-Rentenvertrag“ ein. Von letzteren Aufwendungen konnte er aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 4 EStG letztlich nur 6.108 € als Sonderausgaben abziehen. Ohne die vorhandene Direktversicherung hätte der Gesellschafter-Geschäftsführer dagegen 13.200 € absetzen können.
Der Bundesfinanzhof konnte sich der Auffassung des Geschäftsführers nicht anschließen, nach der diese Kürzung unverhältnismäßig sei und deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Der Gesetzgeber hat mit Wirkung ab dem Jahr 2008 angeordnet, dass die Kürzung des Sonderausgabenabzugs im Fall der Gewährung von Zukunftssicherungsleistungen durch den Arbeitgeber nicht davon abhängt, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer hierzu eigene Beitragsleistungen erbringt. Damit wird abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs z.B. ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der eine betriebliche Altersvorsorge erhält, bei der Kürzung des Sonderausgabenabzugs den rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern und den Beamten ohne Rücksicht darauf gleichgestellt, ob sein Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge vollständig auf eigenen Beiträgen beruht. Dass der Gesetzgeber zu einer solchen groben Typisierung berechtigt war, hat der Bundesfinanzhof u.a. damit begründet, dass es (beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer in der Hand haben, ihre Altersversorgung zu gestalten und entsprechend auf die Auswirkungen der Gesetzgebung reagieren können. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs bewegt sich der Gesetzgeber mit den verschiedenen Typisierungen und Pauschalierungen, die -wie im Streitfall- kumulativ zu einer sehr eingeschränkten Abzugsfähigkeit der „Rürup-Beiträge“ führen können, insgesamt noch innerhalb des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums.
Entsprechend der erweiterten Günstigerprüfung konnte der Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzlich zum Abzug seiner Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG unter Anwendung von § 10 Abs. 3 EStG a.F. seine Beiträge zur „Rürup-Rente“ (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) im Rahmen der Grenzen des § 10 Abs. 3 EStG abziehen (§ 10 Abs. 4a Satz 1 EStG). Zu Recht gehen die Beteiligten davon aus, dass eine Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. zwar zu unterbleiben hatte, eine Kürzung des Erhöhungsbetrags nach § 10 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 EStG i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG jedoch vorzunehmen war.
Nach der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Gesetzesfassung, die über die Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a Satz 1 EStG im Streitjahr weiterhin Anwendung findet, war der Vorwegabzug von 3.068 € bei nicht rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern zu kürzen, die im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben hatten (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG a.F. i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F.).
Als Alleingesellschafter-Geschäftsführer mit einer Anwartschaft aus einer zu seinen Gunsten abgeschlossenen Direktversicherung gehörte der Gesellschafter-Geschäftsführer jedoch -unabhängig von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16.10.2002 – XI R 25/011; und vom 28.07.2004 – XI R 9/042- nicht zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F., so dass eine Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG a.F. zu unterbleiben hatte. Insoweit hat das Finanzamt die Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG im Rahmen der Günstigerprüfung zutreffend mit dem Höchstbetrag von 5.069 € berücksichtigt.
Die Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a EStG sieht zudem vor, dass Beiträge zu einer Basisrente i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG („Rürup-Rente“) über einen sog. Erhöhungsbetrag zusätzlich zu berücksichtigen sind. Nach § 10 Abs. 4a Satz 3 EStG sind dies die geleisteten Beiträge, soweit diese nicht den -ggf. um Beiträge zur gesetzlichen Altersvorsorge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sowie einen steuerfreien Arbeitgeberanteil (§ 3 Nr. 62 EStG) bzw. einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten- Höchstbetrag i.S. des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG überschreiten. § 10 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 EStG, auf den § 10 Abs. 4a Satz 3 letzter Halbsatz verweist, sieht wiederum vor, dass der Höchstbetrag von 20.000 € bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG gehören, um einen fiktiven Gesamtbeitrag zur allgemeinen Rentenversicherung zu kürzen ist. Um die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG zu begründen, reicht es seit dem Veranlagungszeitraum 2008 aus, dass ein nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegender Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung ein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung erworben hat. Das bisherige zusätzliche Erfordernis „ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung“ ist entfallen. Damit kommt es nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung3 auch bei nicht rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern mit einer betrieblichen Altersvorsorge -wie im Streitfall beim Gesellschafter-Geschäftsführer- generell zu einer Kürzung. Dementsprechend erfasst die Kürzungsregelung auch die Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung4.
Die beschränkte Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen ist verfassungsgemäß.
Der Bundesfinanzhof hat bereits in seinen die bis einschließlich dem Jahr 2004 geltende Rechtslage betreffenden Urteilen vom 18.11.20095 sowie im Urteil vom 09.12.20096 entschieden, dass die beschränkte Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sowohl in Gestalt der endgültigen Regelung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG als auch im Rahmen der Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG verfassungskonform ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in diesen Urteilen verwiesen.
Nichts anderes gilt für die gleichermaßen beschränkte Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine Basisrente i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Der Gesetzgeber hat -entsprechend dem Sinn und Zweck der durch das Alterseinkünftegesetz eingeführten nachgelagerten Besteuerung der Leistungen der Basisversorgung- die grundsätzliche Entscheidung getroffen, nicht zwischen den einzelnen Rentenarten zu differenzieren und deshalb die neu geschaffene private kapitalgedeckte Rentenversicherung („Rürup-Rente“) unter der Voraussetzung, dass die Anwartschaft nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar ist, der Absicherung in Form von gesetzlicher Rentenversicherung, berufsständischen Versorgungseinrichtungen und landwirtschaftlichen Alterskassen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) gleichgestellt.
Es ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber entschieden hat, Personen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen und im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung ein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung erworben haben, generell in den Kreis der einer Kürzung unterliegenden Personen einzubeziehen7. Entgegen der Auffassung des Gesellschafter-Geschäftsführers verstößt § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG; eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht ist daher nicht einzuholen.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln8. Er verbietet sowohl ungleiche Belastungen wie auch ungleiche Begünstigungen9.
Im Bereich des Steuerrechts begrenzt der allgemeine Gleichheitssatz die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in einer speziell diesem Regelungsgegenstand Rechnung tragenden Weise10. So hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Insoweit ist insbesondere für den Einkommensteuergesetzgeber dessen weitgehende Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung zu beachten. Gerade bei der Ordnung von Massenerscheinungen gehören Praktikabilität und Einfachheit des Rechts zu den notwendigen Voraussetzungen eines gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs11. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen12. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen13.
Nach diesen Maßstäben widerspricht die generelle Kürzung des Höchstbetrags für rentenversicherungsfreie Arbeitnehmer mit vertraglichen Anwartschaftsrechten auf Altersversorgung (§ 10 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 EStG i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG) nicht Art. 3 Abs. 1 GG.
Durch das JStG 2008 hat der Gesetzgeber § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG auch mit dem Ziel geändert, der BFH-Rechtsprechung zu begegnen, wonach die einem (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführer erteilte Pensionszusage dann nicht zur Folge hatte, dass dieser Steuerpflichtige zum Personenkreis dieser Norm gehörte, wenn der quotale Umfang seines Anspruchs auf betriebliche Altersvorsorge durch die Kapitalgesellschaft seine gesellschaftliche Beteiligungsquote nicht überstieg14. Der Gesetzgeber hat deshalb, wie die Gesetzesbegründung15 zeigt, den weitergehenden Zweck verfolgt, den Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG neu zu bestimmen. Danach geht der Gesetzgeber im Wege einer -wenn auch grobmaschigen- Typisierung davon aus, dass ein nicht gesetzlich rentenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer, der in irgendeiner Form einen von seinem Arbeitgeber vertraglich erteilten Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge hat, nicht mehr in vollem Umfang unabhängig von einer solchen betrieblichen Altersvorsorge eigenständig für sein Alter vorsorgen muss. Der Gesetzgeber hat ihn daher dem Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 EStG gleichgestellt.
Als typischen Anwendungsfall hat der Gesetzgeber die Situation angenommen, dass die den betroffenen Personen zustehende Altersversorgung grundsätzlich nicht durch Beiträge i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG aufgebaut wird. Obwohl diese Arbeitnehmer keine Beiträge in ein in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG aufgeführtes Alterssicherungssystem leisten, stehe ihnen dennoch aus ihrem Beschäftigungsverhältnis eine steuerunbelastet aufgebaute Altersvorsorge zu16.
Der Gesetzgeber geht damit davon aus, dass eine einem rentenversicherungsfreien Arbeitnehmer erteilte betriebliche Altersversorgung regelmäßig nicht lediglich eine Zusatzversorgung darstellt, sondern hierdurch die Basisversorgung ersetzt wird.
Bei den von § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG erfassten Personen handelt es sich insbesondere um beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, die über ihre beherrschende Stellung maßgeblichen Einfluss darauf nehmen können, ob und in welcher Höhe ihr Arbeitgeber (die von ihnen beherrschte GmbH) ihnen eine betriebliche Altersversorgung erteilt und welcher Durchführungsweg beschritten wird.
Gewährt die GmbH ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Direkt- oder Unterstützungskassenzusage, wird zu seinen Gunsten eine steuerunbelastete Altersversorgung aufgebaut. Dass der betreffende Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bislang gleichwohl nicht unter die Kürzungsvorschrift fiel, basierte allein auf der vom XI. Senat des Bundesfinanzhofs unter Außerachtlassung des Trennungsprinzips begründeten Sichtweise, eine eigene Beitragsleistung liege auch dann vor, wenn die GmbH Beiträge für die Altersversorgung leiste und dies zur Folge habe, dass sich der ausschüttungsfähige Gewinn der Gesellschaft mindere17. Der X. Senat des Bundesfinanzhof hat sich dieser Rechtsprechung im Grundsatz -wenn auch einschränkend- angeschlossen18. Wenn der Gesetzgeber diese (rechtsprechungsbedingte) Begünstigung rückgängig macht, kann nicht von einer generellen Benachteiligung dieser Personengruppe gesprochen werden.
Zwar stellt sich der Streitfall insofern anders dar, als der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht über eine Direktzusage (Pensionszusage) verfügt, sondern mit seiner GmbH die Direktversicherung als Durchführungsweg gewählt hat. Dies hat zur Folge, dass er unmittelbar einen Anspruch gegen die Versorgungseinrichtung erwirbt und die von der GmbH entrichteten Beiträge deshalb bei ihm grundsätzlich zu Arbeitslohn führen19, der vorliegend der Pauschalbesteuerung durch die GmbH unterworfen wurde. Damit wird im Streitfall -entgegen dem in der Gesetzesbegründung erwähnten Anwendungsfall- der Anspruch aus der betrieblichen Altersversorgung nicht steuerunbelastet aufgebaut. Dass der Gesellschafter-Geschäftsführer gleichwohl zum der Kürzung unterliegenden Personenkreis zählt, ist jedoch Folge der Typisierung des Gesetzgebers, der unabhängig vom Durchführungsweg bereits den Anspruch auf betriebliche Altersversorgung bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern als schädlich ansieht. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat nicht behauptet, dass der Gesetzgeber von einem unzutreffenden Regel-/Ausnahmeverhältnis ausgegangen ist, mit anderen Worten den atypischen Fall als Leitbild angesehen hat. Dies ist für den Bundesfinanzhof auch nicht erkennbar. Ob er innerhalb der Gruppe der rentenversicherungsfreien Arbeitnehmer mit vertraglichen Anwartschaftsrechten auf Altersversorgung Sonderregelungen für atypische Fälle -wie den des Gesellschafter-Geschäftsführers- schaffen oder es bei der generellen Kürzung des Höchstbetrags belassen wollte, oblag der Entscheidung des Gesetzgebers.
Von entscheidender Bedeutung ist dabei auch, dass es Personen wie beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer in der Hand haben, ihre Altersversorgung zu gestalten. Auf die Auswirkungen der Gesetzesänderung konnten sie entsprechend reagieren und ihre Vorsorgesituation anpassen. Auch der Gesellschafter-Geschäftsführer hat dies getan und auf eine Beendigung der Direktversicherung im Jahr 2009 hingewirkt. Dass es im Streitjahr sowie im folgenden Veranlagungszeitraum (und damit vorübergehend) zu einer -gemessen an den Beiträgen für die Direktversicherung von im Streitfall 1.534 €- überproportionalen Kürzung der abziehbaren „Rürup-Beiträge“ (im Streitfall 7.092 €) kam, ist auch deshalb hinzunehmen.
Die in § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG angeordnete pauschale Kürzung des Höchstbetrags von 20.000 € bzw. 40.000 € um den fiktiven Gesamtbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bei Steuerpflichtigen, die -wie der Gesellschafter-Geschäftsführer- zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG gehören, begegnet ebenfalls grundsätzlich keinen Bedenken.
Die pauschale Kürzung ist letztlich Folge des von dem Gesetzgeber angenommenen Leitbildes, die dem rentenversicherungsfreien Arbeitnehmer vertraglich gewährten Anwartschaftsrechte stellten keine Zusatzversorgung dar, sondern ersetzten die Basisversorgung. Insoweit ist es konsequent, über die sich an dem Bruttoarbeitslohn bzw. der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze orientierenden Kürzung in Höhe eines fiktiven Gesamtbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung sicherzustellen, dass diese Arbeitnehmer Vorsorgeaufwendungen nicht in größerem Umfang abziehen können.
Sollte es angesichts der -durch die verhältnismäßig geringen Beiträge zu der Direktversicherung ausgelösten- pauschalen Kürzung des Höchstbetrags und der daraus folgenden Nichtabziehbarkeit eines nicht unwesentlichen Teils der Beiträge des Gesellschafter-Geschäftsführers zu der von ihm zum Aufbau einer Basisversorgung abgeschlossenen „Rürup-Versicherung“ und der späteren Besteuerung der Leistungen in der Versorgungsphase zu einem Verstoß gegen das Verbot der doppelten Besteuerung kommen, ist dies in den Veranlagungszeiträumen der Versorgungsphase zu rügen, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden20.
Entgegen der Ansicht des Gesellschafter-Geschäftsführers war der Gesetzgeber auch unter Vertrauensgesichtspunkten nicht an der streitgegenständlichen Regelung gehindert, insbesondere genießt die allgemeine Erwartung auf den Fortbestand des geltenden Rechts keinen besonderen Vertrauensschutz.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Juli 2014 – X R 35/12
- BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546[↩]
- BFH/NV 2005, 196[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/6290, S. 54[↩]
- Stöcker in Bordewin/Brandt, § 10 EStG Rz 975; BMF, Schreiben vom 19.08.2013 – IV C 3 – S 221/12/10010:004, – IV C 5 – S 2345/08/0001, BStBl I 2013, 1087, Tz. 52; ebenso wohl Fischer in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 10 Rz 25; a.A. Heinicke, DStR 2008, 2001, und ders. in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 10 Rz 186; ebenso Risthaus, DStZ 2007, 802[↩]
- BFH, Urteil vom 18.11.2009 – X R 9/07, BFH/NV 2010, 412; – X R 34/07, BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414; – X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282; – X R 45/07, BFH/NV 2010, 421[↩]
- BFH, Urteil vom 09.12.2009 – X R 28/07, BFHE 227, 165, BStBl II 2010, 348[↩]
- zweifelnd, aber ohne weitere Ausführungen Dommermuth/Linden, DB 2009, 2744; kritisch auch Risthaus, DStZ 2007, 802, und Heinicke, DStR 2008, 2000[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 15.07.1998 – 1 BvR 1554/89, 1 BvR 963/94, 1 BvR 964/94, BVerfGE 98, 365[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.10.1988 – 1 BvR 1239/85, BVerfGE 79, 1[↩]
- BVerfG, Urteil vom 09.12 2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, BGBl I 2008, 2888, m.w.N.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.04.1997 – 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, BStBl II 1997, 518[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, m.w.N.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BFH/NV 2010, 1767, m.w.N.[↩]
- vgl. Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach -HHR-, § 10 EStG Rz 353, 354; Risthaus, DStZ 2007, 802; Dommermuth/Linden, DB 2009, 2744[↩]
- BT-Drs. 16/6290, S. 54 f.[↩]
- BT-Drs. 16/6290, S. 54[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546; in BFH/NV 2005, 196; bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern vgl. HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 354[↩]
- zuletzt BFH, Urteil vom 21.08.2013 – X R 41/10, BFH/NV 2014, 31[↩]
- vgl. hierzu z.B. BFH, Urteile vom 05.07.2012 – VI R 11/11, BFHE 238, 408, BStBl II 2013, 190, und – VI R 10/11, BFH/NV 2013, 350[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 227, 165, BStBl II 2010, 348, unter B.II. 3.e bb[↩]