Kindergeld – bei neben der Ausbildung ausgeübter Erwerbstätigkeit

Bei volljährigen Kindern, die bereits einen ersten Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang erlangt haben, setzt der Kindergeldanspruch voraus, dass der weitere Ausbildungsgang noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist und die Ausbildung die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes bildet. Wie der Bundesfinanzhof nun entschieden hat, wird dagegen kein Kindergeldanspruch begründet, wenn von einer berufsbegleitenden Weiterbildung auszugehen ist, da dann bereits die Berufstätigkeit im Vordergrund steht und der weitere Ausbildungsgang nur neben dieser durchgeführt wird:

Kindergeld – bei neben der Ausbildung ausgeübter Erwerbstätigkeit

Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine nicht unter § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG fallende Berufstätigkeit auf, erfordert § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen.

Eine einheitliche Erstausbildung ist nicht mehr anzunehmen, wenn die von dem Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung der Verhältnisse kommt es insbesondere darauf an, auf welche Dauer das Kind das Beschäftigungsverhältnis vereinbart hat, in welchem Umfang die vereinbarte Arbeitszeit die 20-Stundengrenze überschreitet, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen, ob die ausgeübte Berufstätigkeit die durch den ersten Abschluss erlangte Qualifikation erfordert und inwieweit die Ausbildungsmaßnahmen und die Berufstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung und auf ihren Inhalt aufeinander abgestimmt sind.

Der für die Annahme einer einheitlichen Erstausbildung notwendige sachliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten entfällt nicht notwendigerweise dadurch, dass der nachfolgende Ausbildungsabschnitt für die Zulassung zur Abschlussprüfung oder für deren Bestehen eine Berufstätigkeit voraussetzt.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte eine Mutter geklagt, deren Tochter im Juni 1993 geborenen wurde. Die Tochter nahm nach dem Abitur an einer Dualen Hochschule ein Bachelorstudium im Fach Betriebswirtschaftslehre auf. Hierzu gehörte auch eine praktische Ausbildung in einem Betrieb, die in einem für den Zeitraum Oktober 2012 bis September 2015 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag geregelt wurde. Im September 2015 beendete die Tochter das Studium erfolgreich mit dem Abschluss Bachelor of Arts. Aufgrund eines im August 2015 geschlossenen Arbeitsvertrags vereinbarte die Tochter mit ihrem bisherigen Ausbildungsbetrieb ein ab Oktober 2015 beginnendes Vollzeitarbeitsverhältnis. Im September 2015 begann die Tochter ein fünfsemestriges Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie. Die Vorlesungen fanden abends und teilweise auch am Samstag statt. Die Familienkasse lehnte eine weitere Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2015 ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Tochter mit dem Bachelorabschluss bereits ihre Erstausbildung abgeschlossen habe und während des Masterstudiums einer zu umfangreichen und damit den Kindergeldanspruch ausschließenden Erwerbstätigkeit nachgegangen sei.

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Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der dagegen gerichteten Klage statt, weil es davon ausging, dass das Masterstudium noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung sei und es deshalb nicht auf den Umfang der daneben ausgebübten Erwerbstätigkeit ankomme1. Dagegen hielt der Bundesfinanzhof die Revision der Familienkasse für begründet:

Für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur dann ein Kindergeldanspruch, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammen zu fassen sein, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Eine solche einheitliche Erstausbildung muss jedoch von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung abgegrenzt werden. Für diese Abgrenzung kommt es darauf an, ob nach Erlangung des ersten Abschlusses weiterhin die Ausbildung die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt oder ob bereits die aufgenommene Berufstätigkeit im Vordergrund steht. Als Anzeichen für eine bloß berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung kann sprechen, dass das Arbeitsverhältnis zeitlich unbefristet oder auf mehr als 26 Wochen befristet abgeschlossen wird und auf eine vollzeitige oder nahezu vollzeitige Beschäftigung gerichtet ist. Ebenso deutet der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis den erlangten ersten Abschluss erfordert, auf eine Weiterbildung im bereits aufgenommenen Beruf hin. Zudem spielt auch eine Rolle, ob sich die Durchführung des Ausbildungsgangs an den Erfordernissen der Berufstätigkeit orientiert (z.B. Abend- oder Wochenendunterricht).

Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18. aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a SGB IV sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

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Hinsichtlich der Auslegung der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmale erstmalige Berufsausbildung und Erststudium hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des Oberbegriffes erstmalige Berufsausbildung darstellt2 und der Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enger auszulegen ist als das in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verwendete Tatbestandsmerkmal „Kind, das … für einen Beruf ausgebildet wird“3. Die den Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG begrenzenden Kriterien hat der Bundesfinanzhof dabei vor allem in folgenden Punkten gesehen: Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln4. Dieser muss auf einen Abschluss ausgerichtet sein, der in Form einer Prüfung erfolgt4. Durch die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss das Kind die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, wodurch insbesondere eine Abgrenzung gegenüber dem Besuch einer allgemein bildendenden Schule erfolgen soll4. Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese dann eine einheitliche Erstausbildung darstellen, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann5. In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat6. Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden6. An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren Ausbildungsabschnitts dient7.

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Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind für Fälle, in denen die einheitliche Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen ist, fortzuentwickeln und zu präzisieren.

Danach kann es an einer einheitlichen Erstausbildung auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen, ist dabei anhand einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu entscheiden, für die vor allem die nachfolgenden Kriterien von Bedeutung sind.

Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten Ausbildungsabschnitts befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die 20-Stundengrenze allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist. Für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung kommt es auch darauf an, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen. Da die Summe aus Arbeits- und Ausbildungszeit nicht selten über 40 Wochenstunden liegen wird, kann allein eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von über 20 Stunden noch nicht den Ausschlag geben. Führt das Kind etwa neben einer 22 Wochenstunden umfassenden Arbeitstätigkeit ein Vollzeitstudium an der Universität durch, kann auch weiter der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen8.

Weiter ist von Bedeutung, ob das Kind mit der nach Erlangung des ersten Abschlusses aufgenommenen Berufstätigkeit bereits die durch den Abschluss erlangte Qualifikation nutzt, um eine durch diese eröffnete Berufstätigkeit auszuüben. Wird z.B. ein Geselle oder Kaufmann von seinem Ausbildungsbetrieb im erlernten Beruf übernommen oder nimmt ein Bachelor eine durch diesen Abschluss eröffnete Stelle an, kann dies Indiz dafür sein, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Denn ein solcher Sachverhalt spricht dafür, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf dienen. Nimmt das Kind dagegen eine Berufstätigkeit auf, die ihm auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre (z.B. Aushilfstätigkeit in der Gastronomie oder im Handel) oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit typischerweise um keine dauerhafte Berufstätigkeit (z.B. bei einem Bachelor, der während des nachfolgenden Masterstudiums mit 19 Stunden als wissenschaftliche Hilfskraft tätig ist und daneben 3 Nachhilfestunden pro Woche gibt), kann das für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen.

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Darüber hinaus ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, inwieweit die Arbeitstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung den im nächsten Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen untergeordnet ist und die Beschäftigung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild „neben der Ausbildung“ durchgeführt wird. Wird etwa eine Teilzeittätigkeit von regelmäßig 22 Wochenstunden so verteilt, dass sie sich dem jeweiligen Ausbildungsplan anpasst, ist das ein Indiz für eine im Vordergrund stehende Ausbildung. Gleiches gilt, wenn das Kind etwa während des Semesters maximal 20 Wochenstunden arbeitet, durch eine während der Semesterferien erhöhte Wochenstundenzahl aber auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 20 Wochenstunden kommt. Arbeitet das Kind dagegen annähernd vollzeitig und werden die Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend und am Wochenende durchgeführt, deutet dies darauf hin, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur „neben der Berufstätigkeit“ durchgeführt werden. Schließlich kann auch von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Berufstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen über den zeitlichen Aspekt hinaus auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.

Diese Fortentwicklung und Präzisierung des Erstausbildungsbegriffes widerspricht nicht der Begründung zum Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011. Danach besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, und damit nicht mehr zu berücksichtigen sei. Die Vermutung gilt durch den Nachweis als widerlegt, dass das Kind sich in einer weiteren Berufsausbildung befindet und tatsächlich keiner (schädlichen) Erwerbstätigkeit nachgeht, die Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt9. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber zwar ausgeführt, dass auch Ausbildungsgänge (z.B. Abendschulen, Fernstudium), die neben einer (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit durchgeführt werden, begünstigt werden sollen. Dies sollte aber nach der Gesetzesbegründung nur für Fälle gelten, in denen eine vorhergehende Berufsausbildung noch nicht durchgeführt worden ist. Aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes, welche sich aus der Begründung ergeben und auch in § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG ihren Niederschlag gefunden haben, wird erkennbar, dass ein weiterer Ausbildungsabschnitt nach Abschluss einer vorhergehenden Berufsausbildung nur dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung sein soll, wenn er im Verhältnis zur Erwerbstätigkeit nicht zur „Nebensache“ wird.

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Soweit sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs10 etwas anderes ergibt, wird hieran nicht weiter festgehalten. Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs hat mitgeteilt, dass er einer Abweichung von seinem Urteil in BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166 zustimmt.

Das mit der Revision angegriffene Urteil entspricht nicht diesen fortentwickelten Rechtsgrundsätzen. Das Urteil ist daher aufzuheben.

Das Finanzgericht hat zwar auf Grundlage seiner insoweit bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO), nach denen T sich im Streitzeitraum Oktober 2015 bis November 2016 ernsthaft und nachhaltig auf ihr Berufsziel und den Masterabschluss vorbereitet hat, zutreffend entschieden, dass T damit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wurde.

Das Finanzgericht hat jedoch nicht hinreichend geprüft, ob T mit der bei der A AG ab 1.10.2015 aufgenommenen Tätigkeit bereits in den von ihr angestrebten Beruf eintrat und das parallel dazu betriebene Masterstudium nicht mehr als Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern nur noch als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme durchführte.

Die Sache ist nicht spruchreif. Der Bundesfinanzhof kann auf der Grundlage der vom Finanzgericht bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die von T aufgenommene Arbeitstätigkeit der Annahme einer Ausbildungseinheit zwischen Bachelor- und Masterstudium entgegensteht.

Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze wird das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob das von T aufgenommene Beschäftigungsverhältnis eine Berufstätigkeit darstellt, die den von T erworbenen Bachelorabschluss voraussetzt oder typischerweise zumindest auch von Absolventen eines solchen Studiums ausgeübt wird. Handelte es sich dagegen eher um eine Aushilfstätigkeit, die keine besondere Qualifikation erfordert, würde dies für eine noch nicht abgeschlossene Erstausbildung sprechen.

Des Weiteren wird das Finanzgericht zu prüfen haben, ob das Ausbildungsverhältnis eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis. Insoweit sprechen die bislang vom Finanzgericht festgestellten Umstände eher für eine im Vordergrund stehende Berufstätigkeit, da das Arbeitsverhältnis eine Vollzeitbeschäftigung umfasste, die Vorlesungen dagegen nur am Abend und samstags stattfanden und das Masterstudium eine aktuelle Berufstätigkeit voraussetzte, also „berufsbegleitend“ ausgelegt war.

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Im Übrigen teilt der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzgericht, dass es hinsichtlich der Frage des engen sachlichen Zusammenhangs auf die Übereinstimmung der Ausbildungsinhalte ankommt und nicht ausschlaggebend ist, ob der Bachelorabschluss und der nachfolgende Masterabschluss jeweils denselben Zusatz (z.B. Science oder Arts) führen.

Der Bundesfinanzhof folgt nicht der Auffassung der Familienkasse, dass bereits jede von der Prüfungsordnung des zweiten Ausbildungsabschnitts als Prüfungsvoraussetzung geforderte Berufstätigkeit den notwendigen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten entfallen lässt. Eine solche Prüfungsvoraussetzung kann möglicherweise auch durch eine ohne besondere Qualifikationsanforderungen vor oder während des ersten Ausbildungsabschnitts durchgeführte Tätigkeit erfüllt werden. Ebenso ist denkbar, dass eine zwar während des zweiten Ausbildungsabschnitts durchgeführte, aber weniger als 20 Wochenstunden umfassende Arbeitstätigkeit einer solchen Prüfungsvoraussetzung genügen kann. Besteht in solchen Fällen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten, hielte es der Bundesfinanzhof nicht für gerechtfertigt, allein aus einer solchen Prüfungsvoraussetzung eine Zäsur abzuleiten, obwohl die Arbeitstätigkeit die Ausbildung nicht unterbricht und die zweite Ausbildungsphase durch die Ausbildung und nicht durch die Arbeitstätigkeit geprägt wird.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Dezember 2018 – III R 26/18

  1. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.01.2018 – 6 K 3796/16[]
  2. BFH, Urteil vom 03.07.2014 – III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 19 ff.[]
  3. BFH, Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 22 ff.[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24[][][]
  5. BFH, Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 27[]
  6. BFH, Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30[][]
  7. BFH, Urteil vom 04.02.2016 – III R 14/15, BFHE 253, 145, BStBl II 2016, 615, Rz 15[]
  8. s. hierzu etwa BFH, Urteil vom 03.09.2015 – VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166[]
  9. BT-Drs. 17/5125, S. 41[]
  10. BFH, Urteile in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152; und vom 08.09.2016 – III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278[]