Kirchensteuererstattung als rückwirkendes Ereignis

Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass erstattete Kirchensteuer, in dem Umfang, in dem sie nicht mit gezahlter Kirchensteuer im Jahr der Erstattung verrechnet werden kann (sog. Erstattungsüberhang), zur nachträglichen Kürzung der im Zahlungsjahr als Sonderausgabe berücksichtigten Kirchensteuer führt1. Rechtsgrundlage für die Änderung des ursprünglichen (bestandskräftigen) Bescheids ist § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.

Kirchensteuererstattung als rückwirkendes Ereignis

Dies gilt unabhängig davon, aus welchem Grund es zu einem solchem Erstattungsüberhang kommt. Insbesondere kann auch ein durch einen Kirchensteuererlass ausgelöster Erstattungsüberhang eine Korrektur der ursprünglichen Steuerfestsetzung zur Folge haben2. Wer den Erlass ausgesprochen hat, ist unerheblich. Die Behandlung erstatteter Kirchensteuer ist mithin in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in grundsätzlicher Hinsicht geklärt3.

Dass ein Erstattungsüberhang dazu führt, dass die im Zahlungsjahr als Sonderausgabe berücksichtigte Kirchensteuer nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu korrigieren ist, entspricht dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ein solcher Erstattungsüberhang ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, weil nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig belastet ist. Werden Ausgaben nachträglich erstattet, stellt sich nachträglich heraus, dass es daran fehlt.

Dabei gelten keine Besonderheiten, wenn ein solcher Erstattungsüberhang durch den Erlass von Kirchensteuer ausgelöst wird. Dies gilt auch, wenn dieser durch die Finanzbehörde ausgesprochen wird und diese nicht auf einen von der Kirchenbehörde ausgelösten Erlass hinweist. Dem steht nicht entgegen, dass ein Erlass gemäß § 47 AO zum Erlöschen der Steuerschuld führt, denn das rückwirkende Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist nicht der ausgesprochene Erlass, sondern dessen Folge, der Erstattungsüberhang. Demgemäß entsteht der hierdurch ausgelöste Steueranspruch nicht gemäß § 38 AO mit Ablauf des betroffenen Veranlagungszeitraums oder dem Zeitpunkt des Erlasses, sondern erst zu dem Zeitpunkt, zu dem feststeht, in welchem Umfang die erstattete Kirchensteuer nicht mit im Erstattungsjahr gezahlter Kirchensteuer verrechnet werden kann4. Demgemäß schließt ein auch durch die Finanzbehörde ausgesprochener Erlass eine nachfolgende Korrektur des Sonderausgabenabzugs wegen eines Erstattungsüberhangs nicht aus.

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Das demgegenüber oftmals zitierte BFH-Urteil vom 12. Mai 20095 ist zu § 171 Abs. 3 AO ergangen und nicht einschlägig.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21. Februar 2013 – X B 110/11

  1. BFH, Urteile vom 08.09.2004 – XI R 28/04, BFH/NV 2005, 321, und vom 23.02.2005 – XI R 68/03, BFH/NV 2005, 1304; BFH, Urteile vom 02.09.2008 – X R 46/07, BFHE 222, 215, BStBl II 2009, 229; vom 26.11.2008 – X R 24/08, BFH/NV 2009, 568; BFH, Beschluss vom 09.12.2009 – X R 4/09, BFH/NV 2010, 596[]
  2. BFH, Urteil in BFH/NV 2009, 568[]
  3. BFH, Beschlüsse vom 16.09.2008 – X B 267/07, BFH/NV 2009, 5; und vom 19.01.2010 – X B 32/09, BFH/NV 2010, 1250[]
  4. BFH, Beschluss in BFH/NV 2010, 596[]
  5. BFH, Urteil vom 12.05.2009 – – VII R 5/08, BFH/NV 2009, 1602[]