Mietverträge unter nahe stehenden Personen sind in der Regel der Besteuerung nicht zu Grunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Mietrechtliche Gestaltungen sind insbesondere dann unangemessen i.S. von § 42 AO, wenn derjenige, der einen Gebäudeteil für eigene Zwecke benötigt, einem anderen daran die wirtschaftliche Verfügungsmacht einräumt, um ihn anschließend wieder zurück zu mieten.

Wird nur ein auf einem Grundstück gelegenes Gebäude oder ein Gebäudeteil vermietet oder verpachtet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht nur hierauf. Die Prüfung, ob der Steuerpflichtige durch seine Vermietungstätigkeit langfristig einen Einnahmenüberschuss erzielen will, ist jeweils auf das einzelne Mietobjekt bezogen. Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige beabsichtigte, langfristig Einkünfte aus dem Objekt zu erzielen, hat das Finanzgericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG), wer sein Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil in der Absicht vermietet, daraus auf Dauer ein positives Ergebnis zu erreichen.
Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen1.
Diese Grundsätze gelten jedoch nur für die Vermietung von Wohnungen. Bei Gewerbeimmobilien hat das Finanzgericht im Einzelfall festzustellen, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt (hat), auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen2. Dabei sind Gewerbeimmobilien -in Abgrenzung zu einer Wohnung- alle diejenigen Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen3. Die Art und Weise der Nutzung durch den Mieter ist nicht entscheidend4.
Die Einkünfteerzielungsabsicht ist für jede vermietete Immobilie gesondert, d.h. objektbezogen, zu prüfen5. Sie ist nur dann auf das gesamte Grundstück zu beziehen, wenn sich auch die Vermietungstätigkeit auf das gesamte Grundstück richtet6. Wird nur ein auf einem Grundstück gelegenes Gebäude oder ein Gebäudeteil vermietet oder verpachtet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht nur hierauf5. Die Maßgeblichkeit des einzelnen Mietverhältnisses folgt schon daraus, dass nach ständiger Rechtsprechung nur derjenige Einkünfte aus Vermietung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielen kann, der Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ist7. Mithin ist auch die Prüfung, ob der Steuerpflichtige durch seine Vermietungstätigkeit langfristig einen Einnahmenüberschuss erzielen will, jeweils auf das einzelne Mietverhältnis bezogen8.
Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige beabsichtigte, langfristig Einkünfte aus dem Objekt zu erzielen, hat das Finanzgericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen9. Diese Feststellung ist als Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung vom Revisionsgericht nur daraufhin zu prüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt (§ 118 Abs. 2 FGO; BFH, Urteil vom 26.01.2000 – IX R 77/98, BFH/NV 2000, 1081). Die Schlussfolgerungen des Finanzgericht haben Bestand und sind daher bindend, wenn sie möglich sind.
Mietverträge unter nahe stehenden Personen sind in der Regel der Besteuerung nicht zu Grunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht10. Sie sind daraufhin zu überprüfen, ob sie durch die Einkünfteerzielung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) oder den steuerrechtlich unbeachtlichen privaten Bereich (§ 12 EStG) veranlasst sind. Was unter „nahe stehenden Personen“ zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht definiert. Im Rahmen der Prüfung, ob ein Mietverhältnis dem steuerlich bedeutsamen (§ 9 Abs. 1 EStG) oder dem privaten Bereich (§ 12 EStG) zuzuordnen ist, ist maßgeblich zu berücksichtigen, ob ein den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierendes, den Einzelfall bestimmendes Näheverhältnis angenommen werden kann11. Maßgebend ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten12.
Die Durchführung des Fremdvergleichs obliegt dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz. Die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob das Finanzgericht im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat13.
Nach § 42 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.
Ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist14.
Eine Rechtsgestaltung ist unangemessen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in der gewählten Weise verfahren wären. Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige, dessen Steuerschuld zu beurteilen ist, die vom Gesetzgeber bei seiner Regelung vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht und hierfür keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe vorliegen, oder ob er vielmehr auf einem ungewöhnlichen Weg einen Erfolg zu erreichen versucht, der nach den Wertungen des Gesetzgebers auf diesem Weg nicht erreicht werden soll. Maßgebend sind die gesamten Umstände des Einzelfalls15.
Mietrechtliche Gestaltungen sind insbesondere dann unangemessen, wenn derjenige, der einen Gebäudeteil für eigene Zwecke benötigt, einem anderen daran die wirtschaftliche Verfügungsmacht einräumt, um ihn anschließend wieder zurück zu mieten16.
Darüber hinaus sind gemäß § 41 Abs. 2 AO Scheingeschäfte und Scheinhandlungen für die Besteuerung unbeachtlich. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind, was bereits daran offenkundig werden kann, dass sie die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen haben17. Ein Mietverhältnis kann Scheingeschäft sein, wenn der Mieter wirtschaftlich nicht oder nur schwer in der Lage ist, die Miete aufzubringen18.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 9. Oktober 2013 – IX R 2/13
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 19.04.2005 – IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754, m.w.N., insbesondere zu Ausnahmefällen; vom 10.05.2007 – IX R 7/07, BFHE 218, 160, BStBl II 2007, 873[↩]
- BFH, Urteil vom 19.12 2007 – IX R 30/07, BFH/NV 2008, 1300, m.w.N.[↩]
- Blümich/Heuermann, § 21 EStG Rz 226[↩]
- BFH, Urteil vom 01.04.2009 – IX R 39/08, BFHE 224, 538, BStBl II 2009, 776[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 224, 538, BStBl II 2009, 776[↩][↩]
- vgl. zur Abgrenzung BFH, Urteil vom 19.12 2007 – IX R 50/07, BFH/NV 2008, 1111, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 04.09.2000 – IX R 22/97, BFHE 193, 112, BStBl II 2001, 785, m.w.N.[↩]
- BFH, Beschluss vom 31.10.2003 – IX B 97/03, BFH/NV 2004, 196[↩]
- BFH, Urteil vom 25.03.2003 – IX R 56/00, BFH/NV 2003, 1170[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 07.05.1996 – IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196[↩]
- BFH, Beschlüsse vom 25.05.2012 – IX B 20/12, BFH/NV 2012, 1308; vom 10.02.2010 – IX B 163/09, BFH/NV 2010, 887; Blümich/Heuermann, § 21 EStG Rz 126[↩]
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 27.07.2004 – IX R 73/01, BFH/NV 2005, 192; vom 28.06.2002 – IX R 68/99, BFHE 199, 380, BStBl II 2002, 699[↩]
- BFH, Urteil in BFH/NV 2005, 192, m.w.N.[↩]
- ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Urteile vom 22.01.2013 – IX R 18/12, BFH/NV 2013, 1094, unter II. 2.a; vom 21.08.2012 – VIII R 32/09, BFHE 239, 31, BStBl II 2013, 16, unter II. 2.a aa; vom 12.07.2012 – I R 23/11, BFHE 238, 344, unter II. 2.b bb[↩]
- BFH, Urteil vom 01.04.1993 – V R 85/91, – V R 86/91, BFH/NV 1994, 64[↩]
- BFH, Urteile in BFH/NV 2013, 1094; in BFH/NV 1994, 64 zum Sondereigentum; vom 18.10.1990 – IV R 36/90, BFHE 162, 321, BStBl II 1991, 205 zum Nießbrauch[↩]
- BFH, Urteil vom 28.01.1997 – IX R 23/94, BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655[↩]