Im Falle einer mittelbaren Grundstücksschenkung kann der Beschenkte die Absetzungen für Abnutzung i. S. d. § 11d Abs. 1 EStDV nach den fortgeführten Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers in Anspruch nehmen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG sind bei Gebäuden des Privatvermögens, die nach dem 31.12 1924 fertiggestellt sind, jährlich 2 % der Anschaffungskosten als Absetzungen für Abnutzung abzuziehen. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Beschenkte auch bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung Absetzungen für Abnutzung gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG i.V.m. § 11d Abs. 1 EStDV als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.
Bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung ist von einer Schenkung des Grundstücks und nicht von einer Schenkung der Geldbeträge auszugehen. Folglich hat die Beschenkte selbst keine Anschaffungskosten i.S.d. § 7 Abs. 4 EStG i.V.m. § 255 Abs. 1 HGB getragen, von denen sie Absetzungen für Abnutzung vornehmen kann.
Die Beschenkte war zwar zivilrechtlich gem. § 433 Abs. 2 BGB verpflichtet, den Kaufpreis für die Eigentumswohnung nebst Inventar zu entrichten. Diese von ihr getätigten Aufwendungen führen gem. § 255 Abs. 1 HGB grundsätzlich zu Anschaffungskosten, welche sich auch nicht um Zuschüsse, die aus privaten Gründen geleistet werden, mindern. Nach den Grundsätzen über die mittelbare Grundstücksschenkung ist Gegenstand der Schenkung der Eltern an die Beschenkte nach der steuerlich zwingenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht das geschenkte Geld, sondern die Eigentumswohnung, so dass die Anschaffungskosten den Eltern der Beschenkten zuzuordnen sind. Die Grundsätze über die mittelbare Grundstücksschenkung gelten – unstreitig zwischen den Beteiligten – nicht nur im Schenkungsteuerrecht, sondern im gesamten Einkommensteuerrecht. Kann der Beschenkte nicht über das ihm zugedachte Geld, sondern erst über das damit erworbene Grundstück verfügen, ist Gegenstand der Schenkung das Grundstück1. Die Eltern der Beschenkten wendeten der Beschenkten die Geldbeträge unter der Auflage zu, diese für den Erwerb und die Renovierung der Eigentumswohnung zu verwenden. Endgültig frei verfügen, ohne sich schadensersatzpflichtig zu machen, konnte die Beschenkte erst über die Eigentumswohnung, nicht aber über die Geldbeträge, so dass im Ergebnis die Eltern der Beschenkten die Anschaffungskosten wirtschaftlich getragen haben. Bei den Anschaffungskosten der Eltern der Beschenkten handelt es sich aus der Perspektive der Beschenkten um grundsätzlich nicht abzugsfähigen Drittaufwand.
Die Beschenkte kann aber von den fortgeführten Anschaffungskosten ihrer Eltern, die vorliegend den Anschaffungskosten der Beschenkten entsprechen, Absetzungen für Abnutzung gem. § 11d Abs. 1 EStDV i.V.m. § 7 Abs. 4 EStG vornehmen.
Eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtabziehbarkeit von Drittaufwand stellt § 11d Abs. 1 EStDV dar, nach dem der Steuerpflichtige für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die er unentgeltlich erworben hat, Absetzungen für Abnutzung nach den Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers vornehmen kann. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist § 11d Abs. 1 EStDV auch im Falle einer mittelbaren Grundstücksschenkung anwendbar. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise wendeten die Eltern der Beschenkten dieser das Grundstück zu, so dass die Eltern der Beschenkten als Rechtsvorgänger i.S.d. § 11d Abs. 1 EStDV anzusehen sind2. Die Eltern der Beschenkten waren nach den Grundsätzen der mittelbaren Grundstücksschenkung zumindest in einer juristischen Sekunde – wenngleich nicht zivilrechtliche Eigentümer – so doch wirtschaftliche Eigentümer der Eigentumswohnung, um sie sodann an die Beschenkte zu übertragen. Die Absetzungen für Abnutzung richten sich nach den fortgeführten Anschaffungskosten der Eltern der Beschenkten als Rechtsvorgänger. Da die Eltern der Beschenkten lediglich in einer juristischen Sekunde wirtschaftlicher Eigentümer der Eigentumswohnung waren, entsprechen die fortgeführten Anschaffungskosten der Beschenkten den Anschaffungskosten der Eltern.
Es ist auch unerheblich, dass die Eltern der Beschenkten selbst keine Absetzungen geltend gemacht haben, welche die Beschenkte nun fortführen kann, denn § 11d Abs. 1 EStDV knüpft nur an die Berechtigung des Rechtsnachfolgers zum Abzug der Absetzungen an. Im Übrigen waren die Eltern der Beschenkten auch berechtigt auf die vermietete und erst im Folgejahr eigen genutzte Wohnung Abschreibungen vorzunehmen.
Im Übrigen ist der Rechtsfolgensprung, der sich bei abweichender Auffassung ergebe, nicht hinzunehmen. Denn es besteht kein ersichtlicher Grund, bei unmittelbarer Schenkung Absetzungen gem. § 11d Abs. 1 EStDV nach den fortgeführten Anschaffungskosten und bei originärem Erwerb mit geschenkten Mitteln Absetzungen gem. § 7 Abs. 4 EStG nach den Anschaffungskosten zu berücksichtigen, jedoch bei mittelbarer Schenkung keine Absetzungen zuzulassen.
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 17. März 2015 – 13 K 156/133
- BFH, Urteil vom 23.04.2009 – IV R 9/06, BStBl II 2010, 664[↩]
- ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 13.11.2002 – 16 K 4405/98 E, EFG 2003, 603, Klein, NWB, Fach 10, 1569, 1563; Van de loo DStR 2005, 723, 724; anders wohl FG Köln, Urteil vom 10.08.2006 – 10 K 4657/04, EFG 2007, 115[↩]
- nicht rechtskräftig – Revision eingelegt zum BFH – IX R 26/15[↩]