Die von einer gesetzlichen Krankenkasse gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge, sofern hierdurch ein finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Dies gilt nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs auch in den Fällen, in denen der Bonus pauschal ermittelt wird.

Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind objektbezogen zu prüfen. Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge und anfallenden Werbungskosten ab. Der Prognosezeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Erwerb oder der Herstellung des für die Prognoseentscheidung maßgeblichen Objekts. Entschließt sich der Steuerpflichtige, nach einer vorangegangenen Vermietungstätigkeit eine andere Form der Vermietung aufzunehmen, ist der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in diesem Zeitpunkt neu zu bewerten.
In dem jetzt vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall der gesetzlich krankenversicherte Kläger hatte von seiner Krankenkasse für „gesundheitsbewusstes Verhalten“ Boni von insgesamt 230 € erhalten, u.a.
- für die wahrgenommene gesetzliche Vorsorge:
- einen Gesundheits-Check-up (10 €),
- eine Zahnvorsorgeuntersuchung (10 €),
- für private Vorsorgemaßnahmen:
- eine Glaukomuntersuchung (20 €),
- einen PSA-Test (20 €),
- einen Haut-Check (20 €),
- eine professionelle Zahnreinigung (50 €),
- für eine aktive Lebensweise:
- die Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio und Sportverein (30€),
- die Mitgliedschaft in einem Sportverein (30 €) ,
- die Teinahme an einer Sportveranstaltung (20 €) sowie
- für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts (20 €).
Das Finanzamt behandelte die Boni im Hinblick auf deren rein pauschale Zahlung als Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und minderte den Sonderausgabenabzug des Klägers. Demgegenüber wertete das erstinstanzlich hiermit befasste Sächsische Finanzgericht die Zahlungen als Leistungen der Krankenkasse, die weder die Sonderausgaben beeinflussten, noch als sonstige Einkünfte eine steuerliche Belastung auslösten1. Der Bundesfinanzhof hat das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung an das Finanzgericht zurückverwiesen:
Der Bundesfinanzhof nimmt in seiner Entscheidung, mit der er seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Bonuszahlungen gemäß § 65a SGB V2 weiterentwickelt, eine differenzierte Betrachtung vor. Danach mindern auch solche Boni, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern nur pauschal gewährt werden, nicht den Sonderausgabenabzug. Sie sind zudem nicht als steuerlich relevante Leistung der Krankenkasse anzusehen. Voraussetzung ist allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Steuerpflichtigen Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und realitätsgerecht ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den eigenen Aufwand ganz oder teilweise auszugleichen. Nimmt der Steuerpflichtige dagegen Vorsorgemaßnahmen in Anspruch, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z.B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge), fehlt es an eigenem Aufwand, der durch einen Bonus kompensiert werden könnte. In diesem Fall liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung der Krankenkasse vor. Gleiches gilt für Boni, die für den Nachweis eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (bspw. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden.
Die bisherigen Feststellungen des Sächsischen Finanzgerichts tragen dessen Entscheidung, den gesamten vom Kläger bezogenen Bonus von 230 € als eine nicht die Höhe des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG beeinflussende Leistung der Krankenversicherung zu behandeln, nicht. Die nach dem vorliegenden Bonusmodell gezahlten Prämien können nur in dem Umfang als Krankenversicherungsleistung anzusehen sein, als sie konkreten eigenen Aufwand des Versicherten für die Inanspruchnahme der nach § 65a SGB V zu fördernden Gesundheitsmaßnahmen und -aktivitäten ausgleichen. Zu der Frage, ob diese Voraussetzung in Bezug auf die gesamte Bonusleistung erfüllt ist, hat das Finanzgericht bislang keine Feststellungen getroffen.
Beiträge zu Krankenversicherungen sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 1 EStG als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies nach Satz 2 der Vorschrift die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels SGB V oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.
Zu den Beiträgen gehören nicht nur die eigentlichen Prämien, sondern auch die üblichen mit dem Versicherungsverhältnis zusammenhängenden; und vom Versicherten zu tragenden Nebenleistungen. Aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG, der Beiträge „zu“ einer Krankenversicherung voraussetzt, folgt allerdings, dass nur solche Beiträge tatbestandlich sind, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen3.
Nach dem Eingangssatz des § 10 Abs. 1 EStG sind nur „Aufwendungen“ als Sonderausgaben abzugsfähig. Hieraus sowie aus dem Zweck des § 10 EStG, bestimmte -die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde- Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen, folgt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist4. Bei den in der Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben -wie vorliegend den Krankenversicherungsbeiträgen- steht häufig die endgültige Belastung im Zahlungsjahr noch nicht fest, weil dem Steuerpflichtigen nach Ablauf des Veranlagungszeitraums ein Teil der Versicherungsbeiträge zurückerstattet werden kann. In diesen Fällen sind die erstatteten Beträge mit den im Jahr der Erstattung gezahlten Sonderausgaben belastungsmindernd zu verrechnen; ein Erstattungsüberhang ist nach Maßgabe des § 10 Abs. 4b EStG zu behandeln.
Voraussetzung für eine solche Verrechnung ist allerdings, dass die Zahlung der Versicherung nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt auch als Beitragserstattung und nicht als eine hiervon losgelöste Leistung zu werten ist.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellt eine Prämienzahlung, die eine gesetzliche Krankenkasse ihrem Mitglied im Rahmen eines Wahltarifs gemäß § 53 Abs. 1 SGB V gewährt, keine Versicherungsleistung, sondern eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung dar, weil diese im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes steht. Durch die Prämie ändert sich die Gegenleistung, die vom Mitglied zu erbringen ist, um den vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Die Prämie wird gezahlt, da die Krankenversicherung vom Mitglied entweder nicht oder in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen worden ist als dies der Fall gewesen wäre, wenn es keine Prämie gegeben hätte; hierdurch wird im Ergebnis der Beitrag des Mitglieds und damit dessen wirtschaftliche Belastung reduziert5.
Dagegen hat der Bundesfinanzhof die Bonuszahlung einer gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 65a SGB V in einem Fall, in dem nach den Versicherungsbedingungen der Bonus den Nachweis vorherigen Aufwands des Mitglieds für bestimmte Gesundheitsmaßnahmen voraussetzt, nicht als Beitragserstattung qualifiziert. In einem solchen Fall steht der Bonus nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern ist als Erstattung der vom Mitglied getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen und damit als eine -nicht die Höhe des Sonderausgabenabzugs beeinflussende- Leistung der Krankenversicherung zu qualifizieren. Der Bonus mindert nicht die Krankenversicherungsbeiträge des Mitglieds, sondern lediglich dessen zusätzliche Gesundheitsaufwendungen6.
Die Finanzverwaltung hat sich der vom Bundesfinanzhof in der Entscheidung in BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989 vertretenen Ansicht grundsätzlich angeschlossen, setzt insoweit aber ausdrücklich voraus, dass der Versicherte nach den konkreten Bonusmodellbestimmungen vorab Kosten für zusätzliche -nicht im regulären Leistungsumfang enthaltene- Gesundheitsmaßnahmen aufgewendet hat, die anschließend aufgrund eines Kostennachweises erstattet werden. Dagegen soll es sich um eine Beitragserstattung handeln, wenn das jeweilige Bonusprogramm lediglich die Durchführung bestimmter Gesundheitsmaßnahmen oder ein bestimmtes Handeln des Versicherten als Voraussetzung für den Bonus vorsieht, selbst wenn hierdurch Aufwand beim Versicherten ausgelöst wird7.
Das steuerrechtliche Schrifttum spricht sich -soweit zu einer Differenzierung zwischen den verschiedenen Bonusmodellen überhaupt Position bezogen wird- zum Teil für die aufgezeigte Sichtweise der Finanzverwaltung aus8. Einschränkend hierzu wird ferner vertreten, es komme zwar nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige hinsichtlich seiner Gesundheitsaufwendungen gegenüber der Krankenkasse in Vorleistung getreten sei, allerdings sei finanzieller Aufwand vonnöten. Ein Bonus für ein bloßes Handeln oder Unterlassen des Steuerpflichtigen ohne eigenen Aufwand mindere dagegen dessen wirtschaftliche Belastung9. Im Gegensatz hierzu werden in der Literatur auch Bonusprogramme mit aufwandsunabhängigen Pauschalzahlungen als nicht die Höhe des Sonderausgabenabzugs berührende Leistungen der Krankenkasse angesehen, da der Basiskrankenversicherungsschutz in vollem Umfang auch ohne Teilnahme an einem Bonusprogramm i.S. von § 65a SGB V erhalten bleibe10.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs gilt -unter Weiterentwicklung seiner bisher11 festgelegten Rechtsgrundsätze- insoweit Folgendes:
Zweck der Ermächtigung für die Krankenkassen, Bonusmodelle gemäß § 65a SGB V in ihre Satzungen aufzunehmen, ist es, Anreize für ein gesundheitsbewusstes Verhalten der Versicherten zu schaffen12. Durch die fakultative Teilnahme an einem Bonusprogramm bleibt der Umfang des Krankenversicherungsschutzes unberührt. Der Bonus wird -anders als bei klassischen Beitragserstattungen oder bei Prämien für Wahltarife nach § 53 Abs. 1 und 2 SGB V- nicht etwa gezahlt, weil bestimmte Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen oder durch einen Selbstbehalt wirtschaftlich selbst getragen wurden, sondern -letztlich umgekehrt- gerade weil der Versicherte bestimmte auf dem Gebiet der Gesundheitsprävention und des Gesundheitsbewusstseins liegende Maßnahmen und Aktivitäten ergriffen hat. Hierdurch erhoffen sich die Krankenkassen in mittelfristiger Hinsicht Einsparungen und Effizienzsteigerungen13.
Dies vorangestellt, stehen satzungsgemäße Boni in diesem Sinne dann nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, wenn durch den jeweiligen Bonus eigene Kosten des Versicherten für die Inanspruchnahme entsprechender Gesundheitsmaßnahmen und Aktivitäten ausgeglichen werden. In diesem Fall wird durch den Bonus nicht nachträglich die Gegenleistung des Versicherten für die Erlangung seines Versicherungsschutzes herabgesetzt, so dass die hierauf bezogene wirtschaftliche Belastung unverändert bleibt.
Sieht das jeweilige Modell demzufolge Boni für die Inanspruchnahme gesundheitlicher Vorsorge- und Schutzmaßnahmen vor, die nicht vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind, so dass der Versicherte dementsprechend eigenen finanziellen (Gesundheits-)Aufwand zu tragen hat, ist der hierfür gezahlte Bonus ausschließlich mit den eigenen gesundheitsbestimmten Aufwendungen des Versicherten verknüpft; eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung ist in diesem Fall ausgeschlossen. In dieser Fallgruppe hält es der Bundesfinanzhof aus Vereinfachungs- und Praktikabilitätserwägungen für nicht erforderlich, dass der pauschale Bonus exakt den tatsächlichen Aufwand des Versicherten abdeckt. Vielmehr handelt es sich auch dann -in voller Höhe- um eine Leistung der Krankenkasse, sollte der Bonus die Aufwendungen zwar im konkreten Einzelfall überkompensieren, sich bei überschlägiger Betrachtung aber als zumindest realitätsgerechte Pauschale erweisen. Unerheblich ist -abweichend von der Ansicht des Bundesministeriums der Finanzen- zudem der Zeitpunkt des Abflusses der eigenen Kosten.
Dieselben Grundsätze finden Anwendung, wenn Anlass für eine Bonuszahlung der Nachweis gesundheitsbewussten Verhaltens i.S. von § 65a SGB V ist (beispielsweise Mitgliedschaft in einem Sportverein oder einem Fitness-Studio). Voraussetzung hierfür ist allerdings ebenfalls, dass der Versicherte finanzielle Aufwendungen trägt, die konkret auf die Inanspruchnahme der jeweils geförderten Gesundheitsmaßnahme zurückzuführen sind. Auch insoweit steht der Bonus nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Krankenversicherungsschutzes, sondern gleicht -wenn ggf. auch nur zum Teil- Kosten des Versicherten für die gesetzlich als förderungswürdig qualifizierte Gesundheitsmaßnahme aus. Insoweit müssen die erstatteten Aufwendungen weder materiell den außergewöhnlichen Belastungen zuzuordnen sein, noch ist es erforderlich, dass der Versicherte die Aufwendungen nur in Erwartung einer pauschalen Bonuszahlung durch seine Krankenversicherung getätigt hat. In Abgrenzung zu einer Beitragserstattung genügt es, dass der Bonus geeignet ist, Aufwendungen, die zumindest auch durch gesundheitsbewusstes Verhalten veranlasst sind, ganz oder teilweise auszugleichen.
Nimmt der Steuerpflichtige dagegen gesundheitliche Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen in Anspruch, die Bestandteil des Basiskrankenversicherungsschutzes sind (z.B. Leistungen zur Früherkennung bestimmter Krankheiten nach § 25 SGB V, Schutzimpfungen gemäß § 20i SGB V oder Zahnvorsorgeuntersuchungen i.S. von §§ 21, 22 SGB V), fehlt es an eigenem -einer solchen Maßnahme konkret zuzuordnenden- Gesundheitsaufwand, der durch einen hierfür gezahlten Bonus ausgeglichen werden könnte. Wird der Steuerpflichtige trotz oder gerade wegen der Inanspruchnahme solcher Versicherungsleistungen noch durch einen Bonus wirtschaftlich entlastet, stellt sich dies für ihn insoweit -anders als von der Vorinstanz vertreten- als nachträgliche Herabsetzung seiner Gegenleistung für die Erlangung des Krankenversicherungsschutzes und damit als Beitragserstattung dar. Die insoweit gezahlten Boni sind mit den Krankenversicherungsbeiträgen im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG zu verrechnen.
Gleiches gilt für Boni, die aufgrund des Nachweises eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (z.B. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden. Auch insoweit ist ein Bonus nicht geeignet, eigenen Gesundheitsaufwand des Steuerpflichtigen auszugleichen.
Der Einwand des Finanzamt, die dem Kläger gezahlte Geldprämie von 230 € müsse steuerrechtlich einheitlich betrachtet werden, verfängt nicht und kann insbesondere nicht aus dem BFH-Urteil in BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989 abgeleitet werden. Die an jener Stelle verwendete Formulierung, die Prämie könne nur einheitlich betrachtet werden, bezog sich ersichtlich auf das Vorbringen des dortigen Finanzamt, aufgrund des Umstands, dass der dortige Steuerpflichtige alternativ ein Bonusmodell hätte wählen können, bei dem ihm ein Betrag von 40 € ohne tatsächlichen Aufwand gezahlt worden wäre, sei auch bei dem von der Tragung konkreter Aufwendungen abhängigen, tatsächlich gewählten Bonusmodell ein Sockelbetrag von 40 € abzuziehen. Der dortige Bonus, der einheitlich den Nachweis entsprechender tatsächlicher Aufwendungen voraussetzte, war ungeachtet der Existenz alternativer -vom Steuerpflichtigen aber nicht gewählter- Bonusmodelle einheitlich zu beurteilen. Demgegenüber sind im Streitfall für unterschiedliche Maßnahmen und Aktivitäten jeweils gesonderte Boni festgelegt worden. Diese sind -auch wenn sie in einer Summe ausgezahlt werden- differenziert zu beurteilen.
Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze kann der Bundesfinanzhof nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe die dem Kläger für die einzelnen Maßnahmen gezahlten Boni als Leistungen der Krankenkasse bzw. als seinen Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattungen einzuordnen sind. Das Finanzgericht hat keine den Bundesfinanzhof nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen dazu getroffen, für welche Gesundheitsmaßnahmen eigene Aufwendungen des Klägers angefallen sind, obwohl Belege hierzu zur Gerichtsakte gereicht wurden. Diese Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht selbst vornehmen kann, sind im zweiten Rechtsgang mit folgender Maßgabe nachzuholen:
Sofern der Kläger -was nach dem insoweit vom Finanzgericht noch nicht festgestellten Akteninhalt nahe liegt- im Bonusbereich „Private Vorsorge“ für die von ihm in Anspruch genommenen Vorsorgemaßnahmen (Glaukomuntersuchung, PSA-Test, Haut-Check sowie professionelle Zahnreinigung) eigene, konkret diesen Maßnahmen zuzuordnende Aufwendungen getragen hat, stellen die hierfür gezahlten Boni Leistungen seiner Krankenkasse dar.
Dieselben steuerlichen Folgen ergäben sich im Bonusbereich „Aktive Lebensweise“ für die Aktivitäten „Fitness-Studio“ und „Sportverein“. Dagegen ist der für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts gewährte Bonus von 20 € als Beitragserstattung zu werten. Sofern die ebenfalls bonifizierte Teilnahme an einer Sportveranstaltung für den Kläger mit finanziellem Aufwand (insbesondere einer Teilnahmegebühr) verbunden gewesen sein sollte, wäre der hierfür gewährte Bonus als Leistung, andernfalls als Beitragserstattung zu werten.
Die im Bereich „Gesetzliche Vorsorge“ gezahlten Boni für einen Gesundheits-Check-up (10 €) sowie für Zahnvorsorge (10 €) stellen, sofern für den Kläger insoweit -was naheliegt- kein eigener Aufwand angefallen ist, Beitragserstattungen dar.
Der Einwand des Klägers, es fehle an einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die Verrechnung von Bonuszahlungen i.S. von § 65a SGB V mit Krankenversicherungsbeiträgen, verkennt, dass der Sonderausgabenabzug -wie oben dargelegt- nach dem Eingangssatz in § 10 Abs. 1 EStG „Aufwendungen“ des Steuerpflichtigen voraussetzt. Bereits hieraus ergibt sich, dass Zuflüsse, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung losgelöst von ihrer rechtlichen Bezeichnung als (nachträgliche) Minderung des nach § 10 EStG abzugsfähigen Privataufwands erweisen, zu verrechnen sind. Im Übrigen sieht § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG die Verrechnung erstatteter mit geleisteten Aufwendungen ausdrücklich vor.
Soweit die Bonuszahlungen nach den oben dargestellten Rechtsgrundsätzen nicht als Beitragserstattungen, sondern als Leistungen der Krankenkasse anzusehen sind, liegen keine steuerbaren Einkünfte des Klägers vor.
Die insoweit überhaupt nur in Betracht kommende Vorschrift des § 22 Nr. 3 EStG ist tatbestandlich nicht einschlägig.
Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Als Leistung i.S. dieser Vorschrift sieht die Rechtsprechung nach einer Kerndefinition jedes Tun, Dulden oder Unterlassen an, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst14 bzw. das um des Entgelts willen erbracht wird15. Im Hinblick darauf, dass der Vorschrift lediglich die Aufgabe zukommt, die anderen Einkunftsarten zu ergänzen16, fallen hierunter indes nur solche Leistungen, die das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen sind17.
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor. Zum einen ist die vom Kläger erbrachte Leistung, nämlich sein gesundheitsbewusstes Verhalten, in Anbetracht des gesetzlichen Krankenversicherungsstatus bereits nicht als Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages vorstellbar. Zum anderen erweist sich ein auf Grundlage von § 65a SGB V gezahlter Bonus aus Sicht des Versicherten nicht als Ergebnis seiner Erwerbstätigkeit, sondern lediglich als monetärer Anreiz für ein bestimmtes Verhalten innerhalb eines -nur die Privatsphäre berührenden- Versicherungsverhältnisses.
Selbst bei entgegengesetzter Beurteilung käme im Streitfall keine Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG in Betracht, da die gezahlten Boni -soweit keine Beitragserstattung vorliegt- die Freigrenze von 256 € nach Satz 2 der Vorschrift nicht erreichen.
Ob Bonuszahlungen nach § 65a SGB V unabhängig von den vorgenannten Erwägungen als nach § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerbefreite Leistungen aus einer Krankenversicherung anzusehen sind, bedarf keiner Entscheidung des Bundesfinanzhofs18.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Mai 2020 – X R 16/18
- Sächs. FG, Urteil vom 05.04.2018 – 8 K 1313/17[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 01.06.2016 – X R 17/15, BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989[↩]
- abgelehnt für die sog. Praxisgebühr nach § 28 Abs. 4 SGB V a.F., vgl. BFH, Urteil vom 18.07.2012 – X R 41/11, BFHE 238, 103, BStBl II 2012, 821; ebenso für einen Selbstbehalt bei einer privaten Krankenversicherung, BFH, Urteil vom 01.06.2016 – X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55[↩]
- ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 06.06.2018 – X R 41/17, BFHE 261, 524, BStBl II 2018, 648, Rz 12, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 261, 524, BStBl II 2018, 648, Rz 21, 24[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989, Rz 24, 27, 33; ebenso in Abgrenzung zur Prämienzahlung gemäß § 53 Abs. 1 SGB V BFH, Urteil in BFHE 261, 524, BStBl II 2018, 648, Rz 28[↩]
- BMF, Schreiben vom 24.05.2017, BStBl I 2017, 820, Rz 88 f.[↩]
- so wohl Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach -HHR-, § 10 EStG Rz 83; ggf. auch Werth, Finanz-Rundschau 2016, 1139[↩]
- Wackerbeck, EFG 2018, 1634[↩]
- so Gerauer, NWB 2016, 3370, 3372[↩]
- BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989[↩]
- BT-Drs. 15/1525, 95; Roters in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 65a SGB V Rz 2; Koch in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 65a Rz 22; Godschalk in Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar SGB V, § 65a Rz 5; Leopold in Hauck/Noftz, SGB V, § 65a Rz 8, 12[↩]
- Roters, a.a.O., § 65a SGB V Rz 2[↩]
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 17.08.2005 – IX R 23/03, BFHE 211, 143, BStBl II 2006, 248, unter II. 1.[↩]
- BFH, Urteile vom 19.12.2000 – IX R 96/97, BFHE 194, 178, BStBl II 2001, 391, unter II. 1.a, sowie vom 11.07.2017 – IX R 28/16, BFHE 259, 272, BStBl II 2018, 86, Rz 27[↩]
- vgl. Killat in HHR, § 22 EStG Rz 390[↩]
- vgl. insoweit u.a. BFH, Urteil in BFHE 259, 272, BStBl II 2018, 86, Rz 27[↩]
- ebenfalls offengelassen im BFH, Urteil in BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989, Rz 33; bejahend Bergkemper in HHR, § 3 Nr. 1 EStG Rz 6[↩]
Bildnachweis:
- Gesundheitskarte: MIchael Schwarzenberger