„Poolung“ von Treugeberrechten

Ein Treuhandverhältnis in Bezug auf einen Geschäftsanteil an einer GmbH kann steuerlich auch anerkannt werden, wenn mehrere Treugeber ihre Rechte gegenüber dem Treuhänder grundsätzlich nur gemeinschaftlich ausüben können.

„Poolung“ von Treugeberrechten

Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses sind weder im Zivilrecht noch für das Steuerrecht gesetzlich bestimmt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung führt jedoch nicht jede als „Treuhandvertrag“ bezeichnete Vereinbarung zum Vorliegen eines steuerlich anzu Treuhandverhältnisses1. Ein solches ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als „leere Hülle“ erscheint2. Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug3. Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt4.

Wesentliches und im Grundsatz unverzichtbares Merkmal der Beherrschung des Treuhandverhältnisses ist nach ständiger Rechtsprechung eine Weisungsbefugnis des Treugebers -und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders- in Bezug auf die Behandlung des Treuguts5.

Der Beherrschung des Treuhandverhältnisses steht auch nicht entgegen, dass der Treugeber nach Maßgabe der Regelungen des Treuhandvertrages jene vertraglichen Rechte, deren Ausübung nicht nach zwingendem Recht jedem Treugeber einzeln zustehen, nur im „Pool“ gemeinsam mit den anderen Treugebern ausüben konnte, für die die Treuhänderin ebenfalls Geschäftsanteile übernommen hatte.

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Zwar konnte dadurch auch das Weisungsrecht der Treugeber grundsätzlich nur mehrheitlich nach dem Maßstab der Nennbeträge der jeweiligen Beteiligungen ausgeübt werden. Jedoch führt diese „Poolung“ im Streitfall nicht zur Verneinung des wirtschaftlichen Eigentums. Denn auf der Basis der für die Prüfung wirtschaftlichen Eigentums maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist die Bündelung der Treugeberrechte aller Treugeber entweder mit einer gesamthänderischen oder ansonsten mit einer i.S. von § 741 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gemeinschaftlichen Beteiligung an den insgesamt von der Treuhänderin gehaltenen Treugut -hier der Beteiligung von insgesamt 4, 9 v.H. an der A-GmbH- zu vergleichen. Da sich die Treugeber im Streitfall nicht zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden hatten, liegt hier eine mit dem Bruchteilseigentum vergleichbare Situation vor. Insbesondere findet bei dieser ebenfalls eine gemeinschaftliche Verwaltung des Wirtschaftsguts statt (§ 744 BGB). Da im Rahmen des § 39 AO auch die Zurechnung wirtschaftlichen (ideellen) Bruchteilseigentums möglich ist6, ohne dass dem die nur gemeinschaftliche Verwaltungsbefugnis der Miteigentümer entgegenstünde, ist kein Grund dafür ersichtlich, das wirtschaftliche Eigentum im Streitfall an der nach Maßgabe von § 6 THV grundsätzlich nur gemeinschaftlich möglichen Ausübung des Weisungsrechts scheitern zu lassen7.

Diese Sichtweise steht nicht im Widerspruch zu dem BFH, Urteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590, in dem der Bundesfinanzhof die steuerliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses zwischen einer Vielzahl von Kommunen als Treugebern und einer (von diesen gegründeten) GmbH als Treuhänderin in Bezug auf die Beteiligung an einer Aktiengesellschaft mangels Weisungsbefugnis abgelehnt hat. Denn im Urteilsfall war das Weisungsrecht der Treugeber -anders als im Streitfall- vertraglich zur Gänze ausgeschlossen worden.

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Weitere Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung des Treuhandverhältnisses ist das Recht des Treugebers, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen, wobei die Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist unschädlich ist8. Zum vertraglich vorgesehen Erfordernis der gemeinschaftlichen Kündigung kann auf die obigen Ausführungen zum Weisungsrecht Bezug genommen werden. Die vereinbarte erstmalige Kündigungsmöglichkeit nach einem Jahr führt zwar in Verbindung mit der zwölfmonatigen Kündigungsfrist dazu, dass eine ordentliche Kündigung erstmals zum Ende des zweiten Vertragsjahrs möglich gewesen wäre. Dies erscheint jedoch -auch mit Blick auf die Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002- noch nicht als unangemessen lang9.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Mai 2014 – I R 42/12

  1. BFH, Urteil vom 20.01.1999 – I R 69/97, BFHE 188, 254, BStBl II 1999, 514[]
  2. BFH, Urteile in BFHE 188, 254, 258, BStBl II 1999, 514; vom 24.11.2009 – I R 12/09, BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590[]
  3. BFH, Urteil vom 15.07.1997 – VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, und BFH, Urteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590[]
  4. BFH, Urteil vom 28.02.2001 – I R 12/00, BFHE 194, 320, 323 f., BStBl II 2001, 468, 470[]
  5. BFH, Urteile in BFHE 188, 254, BStBl II 1999, 514, und in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590, jeweils m.w.N.[]
  6. z.B. BFH, Urteil vom 20.02.1953 – III 9/52 U, BFHE 57, 184, BStBl III 1953, 74; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 39 AO Rz 20; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz 28[]
  7. vgl. auch die BFH-Rechtsprechung nach der die Mitunternehmerschaft der Treugeber-Kommanditisten auch zu bejahen ist, wenn diese ihre Weisungsbefugnisse gegenüber dem Treuhänder nur gemeinschaftlich ausüben können, z.B. BFH, Urteil vom 10.12 1992 – XI R 45/88, BFHE 170, 487, BStBl II 1993, 538, m.w.N.; dazu auch Lang/Seer, Finanz-Rundschau 1992, 637, 642 ff.[]
  8. BFH, Urteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590; BFH, Urteile in BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, und in BFHE 170, 487, BStBl II 1993, 538, 540, jeweils m.w.N.[]
  9. so auch BMF, Schreiben vom 01.09.1994, BStBl I 1994, 604, Rz 5 zu Treuhandverhältnissen im Zusammenhang mit der Zuordnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung[]
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