Prämiengewährung durch gesetzliche Krankenkassen – und der verminderte Sonderausgabenabzug

Prämienzahlungen, die eine gesetzliche Krankenkasse ihren Mitgliedern gemäß § 53 Abs. 1 SGB V gewährt, stellen Beitragsrückerstattungen dar, die die wirtschaftliche Belastung der Mitglieder und damit auch ihre Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG reduzieren.

Prämiengewährung durch gesetzliche Krankenkassen – und der verminderte Sonderausgabenabzug

Erhält ein Steuerpflichtiger also von seiner gesetzlichen Krankenkasse eine Prämie, die auf einem Wahltarif gemäß § 53 Abs. 1 SGB V beruht, mindern sich hierdurch die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge.

Seit April 2007 haben die gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit, ihren Versicherten sog. Wahltarife, d.h. Selbstbehaltungstarife in begrenzter Höhe oder Kostenerstattungstarife anzubieten. Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hatte der Arbeitnehmer einen Wahltarif mit Selbstbehalten gewählt, aufgrund dessen er eine Prämie je Kalenderjahr bis zur Höhe von 450 € erhalten konnte. Die von ihm im Gegenzug zu tragenden Selbstbehalte waren auf 550 € begrenzt, so dass er seiner Krankenkasse in dem für ihn ungünstigsten Fall weitere 100 € zu zahlen hatte. Im Streitjahr 2014 erhielt der Arbeitnehmer eine Prämie von 450 €, die er bei den von ihm geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträgen nicht berücksichtigte. Das Finanzamt sah in der Prämienzahlung eine Beitragsrückerstattung und setzte dementsprechend geringere Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 2 des Einkommensteuergesetzes an. Der Einspruch des Arbeitnehmers hiergegen blieb genauso ohne Erfolg wie die anschließende Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg1. Der Bundesfinanzhof bestätigte das finanzgerichtliche Urteil und wies nun auch die Revision des Arbeitnehmers zurück:

Danach ist die Prämienzahlung nach § 53 Abs. 1 SGB V eine Beitragsrückerstattung, die die Vorsorgeaufwendungen des Steuerpflichtigen mindert. Der Bundesfinanzhof begründet dies damit, dass sich die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen reduziere. Diese sei wesentliche Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug.

Die Prämie ist damit anders zu behandeln als Bonusleistungen, die gesetzliche Krankenkassen ihren Mitgliedern zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens gemäß § 65a SGB V gewähren. Diese mindern die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht2. Den Unterschied sieht der BFH darin, dass der Bonus eine Erstattung der vom Versicherten selbst getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen ist und damit nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes steht. Demgegenüber beruhe die Prämie auf der Übernahme des Risikos, der Krankenkasse ggf. weitere, jedoch der Höhe nach begrenzte Beitragszahlungen leisten zu müssen.

Die Beurteilung der Prämie entspricht damit der einer Beitragsrückerstattung einer privaten Krankenversicherung. In beiden Fällen erhält der Versicherte eine Zahlung von seiner Krankenkasse, da diese von ihm nicht oder in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen wurde. Dadurch werden im Ergebnis seine Beitragszahlungen reduziert. Im Falle der Beitragserstattungen erkauft der Versicherte dies mit selbst getragenen Krankheitskosten; im streitgegenständlichen Wahltarif ist der Preis des Arbeitnehmers das Risiko, weitere Zahlungen in Höhe von maximal 100 € erbringen zu müssen.

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Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG sind Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben abziehbar, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels SGB V geleisteten Zahlungen mit Ausnahme etwaiger auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile.

Da nach dem Eingangssatz des § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG nur „Aufwendungen“ als Sonderausgaben abziehbar sind, folgt hieraus sowie aus dem Zweck des § 10 EStG, bestimmte die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist3. Bei den in der Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben, wie den hier streitgegenständlichen Krankenversicherungsbeiträgen, steht häufig die endgültige Belastung im Zahlungsjahr noch nicht fest, weil dem Steuerpflichtigen nach Ablauf des Veranlagungszeitraums ein Teil der Versicherungsbeiträge zurückerstattet werden kann. In diesen Fällen sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis die erstatteten Beträge mit den im Jahr der Erstattung gezahlten gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen, so dass nur der Saldo zum Abzug als Sonderausgaben verbleibt4

Die streitgegenständliche Prämie gemäß § 53 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 18a der Krankenkassen-Satzung stellt eine solche Beitragsrückerstattung dar. Sie mindert insoweit die Aufwendungen des Arbeitnehmers zur Erlangung des Basisversicherungsschutzes und damit seine für den Abzug als Sonderausgaben notwendige wirtschaftliche Belastung.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung5 und -soweit erkennbar- auch des Schrifttums6 gehören Prämienzahlungen nach § 53 SGB V zu den Beitragsrückerstattungen, die bei der Ermittlung der als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Krankenversicherungsbeiträge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG in Abzug zu bringen sind.

Der Bundesfinanzhof stimmt dieser Rechtsauffassung für die streitgegenständliche Prämienzahlung zu, die auf § 53 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 18a der Krankenkassen-Satzung beruht.

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§ 53 Abs. 1 SGB V in der im Streitjahr geltenden Fassung beruht auf dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.03.20077. Dessen Ziel war die Neustrukturierung und die wettbewerblichere Ausrichtung des Gesundheitssystems auf allen Ebenen durch die Erweiterung der Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Versicherten8. Durch die Einführung der Wahltarife des § 53 SGB V sollten die Versicherten durch mehr Wettbewerb und mehr Transparenz stärkere Wahlmöglichkeiten erhalten, so dass „bei Wahrung des sozialen Schutzes gleichzeitig mehr Individualität verwirklicht und eine am jeweiligen Bedarf orientierte medizinische Versorgung weiterhin gefördert“ werde9. Krankenkassen haben dadurch die Möglichkeit erhalten, ihren Versicherten u.a. auch Selbstbehaltungstarife in begrenzter Höhe oder Kostenerstattungstarife anzubieten10. Die seit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.200311 bestehende Möglichkeit der Krankenkassen, ihren freiwilligen Mitgliedern, die Kostenerstattung in Anspruch nehmen, einen Selbstbehalt anzubieten, ist damit auch den Pflichtversicherten eröffnet worden und nicht mehr an die Kostenerstattung gekoppelt. Nach Einschätzung des Gesetzgebers hätten Erfahrungen der Krankenkassen gezeigt, dass auch im Sachleistungssystem Selbstbehaltungstarife realisierbar seien12.

Eine Verpflichtung des Mitglieds einer Krankenkasse auf Abschluss eines Wahltarifs besteht nicht. Es ist weiterhin die Möglichkeit gegeben, ausschließlich am herkömmlichen Sachleistungsverfahren teilzunehmen. Da die Teilnahme am Wahltarif freiwillig ist, muss sich das Mitglied gegenüber der Krankenkasse erklären. Bei der Erklärung handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, mit welcher das Mitglied ab Zugang nach Maßgabe der Satzungsregelung an dem gewählten Tarif teilnimmt13. Der Selbstbehalt ist vom Mitglied zu tragen, der finanzielle Vorteil, die Prämienzahlung, kommt ausschließlich ihm und nicht seinem Arbeitgeber zugute14.

Die Rechtsnatur der Prämie gemäß § 53 Abs. 1 SGB V ist im sozialrechtlichen Schrifttum umstritten.

Zum Teil wird vertreten, bei den an den Versicherten im Rahmen von Wahltarifen gezahlten Prämien handele es sich nicht um die Rückzahlung zuvor zu Recht oder zu Unrecht entrichteter Beiträge. Vielmehr spiele sich die Prämienzahlung an den Versicherten ausschließlich auf der „Leistungsseite“ des Versicherungsverhältnisses ab. Die Beitragstragungs- und Beitragszahlungspflicht der Versicherten und ihrer Arbeitgeber oder sonstiger Träger bleibe von der Prämienzahlung unberührt. Handelte es sich nämlich bei den von der Krankenkasse gezahlten Prämien um die Rückerstattung zuvor entrichteter Beiträge, stünde man vor der Frage, ob nicht auch Dritte an der Zahlung partizipieren müssten, wie dies bei der Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge der Fall sei15. Auch wird in der Prämie an den Versicherten ein sozialpolitisches Instrument gesehen, das letztlich durch Anreize zu bestimmtem Verhalten der Sicherung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung und als Wettbewerbsinstrument der Krankenkasse diene und nicht um eine auf soziale Rechte ausgerichtete Leistung. Die Prämienansprüche des Berechtigten gegen die Krankenkasse aus § 53 SGB V seien keine Sozialleistungen i.S. der §§ 2, 4 und 11 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, sondern vermögensrechtliche Ansprüche des Tarifteilnehmers gegenüber seiner Krankenkasse16. Nach wiederum anderer Ansicht handelt es sich bei der Prämienzahlung durch die Krankenkasse um eine Art Beitragsrückerstattung17 oder um eine Prämie, die als Beitragsreduzierung zu werten sei18.

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Der Bundesfinanzhof kann die Frage nach der sozialrechtlichen Einordnung der Prämie gemäß § 53 Abs. 1 SGB V unbeantwortet lassen. Aus Sicht des Steuerrechts stellt sich die Prämienzahlung nach § 53 Abs. 1 SGB V als Beitragsrückerstattung dar, die den vom Mitglied zu tragenden Krankenkassenbeitrag mindert und seine wirtschaftliche Belastung reduziert. Es handelt sich demzufolge nicht um eine Versicherungsleistung der Krankenkasse, die nach § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerfrei wäre und nicht die als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge minderte19.

Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG sind nur Beiträge „zu“ einer Krankenversicherung abziehbar, woraus folgt, dass nur solche Ausgaben zu den Beiträgen zu Krankenversicherungen gehören können, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit -als Vorsorgeaufwendungen- letztlich der Vorsorge dienen20. Entscheidend für die Beurteilung der Prämienzahlung des Wahltarifs als Beitragsrückerstattung ist damit, dass auch diese im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen. Dies ist zu bejahen, da sich durch die Prämie die Gegenleistung ändert, die von dem Mitglied zu erbringen ist, um den vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Der Wahltarif modifiziert insoweit das Versicherungsverhältnis des Mitglieds der Krankenkasse, hier des Arbeitnehmers. Dass hiervon nur das Mitglied und nicht auch sein Arbeitgeber betroffen ist, ändert daran nichts.

Dem Wahltarif gemäß § 53 Abs. 1 SGB V fehlt es auch an einem Zusammenhang mit den Leistungen, die die Krankenkasse gemäß §§ 11 ff. SGB V zu erbringen hat. Dies zeigt der Streitfall deutlich: Der Arbeitnehmer hat einen -in dem Sachleistungssystem der Krankenkasse rechnerischen- Selbstbehalt in Höhe von maximal 550 EUR zu tragen, ihm steht dafür aber in jedem Fall eine Prämie in Höhe von 450 EUR zu, so dass er im Ergebnis in dem für ihn ungünstigsten Fall der Krankenkasse weitere 100 EUR zahlen muss. Auswirkungen auf die von der Krankenkasse den Leistungserbringern (Ärzte, Krankenhaus u.Ä.) ggf. zu gewährenden Leistungen bestehen dagegen nicht. Es wird insoweit recht plastisch von einer Wette um niedrigere Gesundheitskosten gesprochen, die der Versicherte gemäß § 53 Abs. 1 SGB V mit seiner Krankenkasse abschließt21.

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Das Finanzgericht hat zudem zutreffend auf die Vergleichbarkeit der streitgegenständlichen Prämie mit den klassischen Beitragsrückerstattungen der privaten Krankenversicherung hingewiesen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die abzugsfähigen Sonderausgaben mindern22.

In beiden Fällen erhält der Versicherte bzw. das Mitglied eine Zahlung von seiner Krankenversicherung bzw. Krankenkasse, weil diese von ihm nicht oder in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen wurde als sie es worden wäre, wenn es keine vereinbarte Beitragserstattung oder Prämienzahlung gegeben hätte. Dadurch werden im Ergebnis die Beitragszahlung des jeweiligen Versicherten bzw. Mitglieds und damit dessen wirtschaftliche Belastung reduziert. Im Falle der Beitragserstattungen erkauft der Versicherte dies mit selbst getragenen Krankheitskosten; im streitgegenständlichen Wahltarif ist der Preis des Arbeitnehmers das Risiko, an die Krankenkasse weitere Zahlungen in Höhe von maximal 100 EUR erbringen zu müssen.

Demgegenüber spielt es keine Rolle, dass der Wahltarif gemäß § 53 Abs. 1 SGB V im Dritten Kapitel des SGB V „Leistungen der Krankenversicherung“ geregelt ist. In diesem Kapitel sind nicht nur Vorschriften bezüglich der Leistungen der Krankenversicherung enthalten, sondern auch Normen mit anderen Regelungsinhalten, wie z.B. Zuzahlungen gemäß §§ 61 f. SGB V, die zu den Pflichten des Versicherten gehören.

Dass die dem Arbeitnehmer von der Krankenkasse gewährte Zahlung im SGB V nicht als Beitragsrückerstattung, sondern als Prämie bezeichnet wird, ist ebenfalls unschädlich. Der Bundesfinanzhof hat bereits in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung23 darauf hingewiesen, dass eine Beitragserstattung auch unabhängig von ihrer konkreten Bezeichnung -z.B. als Bonus oder Pauschalleistung-, soweit sie auf die Basisabsicherung entfällt, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge in dem Jahr mindert, in dem sie zufließt24.

Der Qualifizierung der Prämienzahlung gemäß § 53 Abs. 1 SGB V als Beitragserstattung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG steht das BFH, Urteil in BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989 nicht entgegen. In dem dortigen Fall hat der Bundesfinanzhof entschieden, es liege eine Leistung einer gesetzlichen Krankenkasse vor, die nicht mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen des Steuerpflichtigen zu verrechnen sei, wenn sie dem Steuerpflichtigen im Rahmen eines Bonusprogramms gemäß § 65a SGB V von ihm getragene Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstatte.

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Als entscheidende Voraussetzung für die Beurteilung der in jenem Verfahren streitgegenständlichen Bonusvariante gemäß § 65a SGB V sah der Bundesfinanzhof vor allem die Tatsache an, dass der Versicherte konkrete Aufwendungen für Gesundheitsmaßnahmen tätigen musste, und ihm demzufolge von der gesetzlichen Krankenkasse lediglich ein Teil dieser -zusätzlichen- Kosten erstattet wurde. Daraus folgte, dass diese Bonuszahlung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes stand, sondern eine Erstattung der von der dortigen Arbeitnehmerin getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen und damit eine Leistung der Krankenkasse darstellte25. Die Prämienzahlung gemäß § 53a SGB V i.V.m. § 18a der Krankenkassen-Satzung hatte demgegenüber ihren Grund nicht in der Erstattung zusätzlicher gesundheitsbezogener Aufwendungen, sondern beruhte auf der Übernahme des Risikos, der Krankenkasse ggf. weitere, jedoch der Höhe nach begrenzte Beitragszahlungen leisten zu müssen.

Der Unterschied zwischen dem Bonus gemäß § 65a SGB V und der Prämie gemäß § 53 Abs. 1 SGB V zeigt sich zudem in ihren unterschiedlichen Zwecken: Durch die Einführung der Wahltarife des § 53 SGB V sollten die Versicherten durch mehr Wettbewerb und mehr Transparenz stärkere Wahlmöglichkeiten erhalten9. Den Bonus gemäß § 65a SGB V können (seit dem Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention vom 17.07.201526 „sollen“) Versicherte demgegenüber für ihr gesundheitsbewusstes Verhalten erhalten, das sich darin zeigt, dass sie an bestimmten Vorsorgeuntersuchungen und Gesundheitsmaßnahmen teilnehmen.

Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge sind im Streitfall zutreffend ermittelt worden. Das Finanzamt und -ihm folgend- das Finanzgericht haben zu Recht den pauschalen Abschlag in Höhe von 4 % gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 4 EStG auf der Grundlage der bereits durch die Erstattungen geminderten Beiträge vorgenommen27. Entscheidend ist nämlich, dass der Arbeitnehmer nur Aufwendungen in dieser Höhe hatte, um eine Basisabsicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 2 EStG zu erlangen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Juni 2018 – X R 41/17

  1. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.10.2017 – 6 K 6119/17[]
  2. BFH, Urteil vom 01.06.2016 – X R 17/15, BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989[]
  3. ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. z.B. BFH, Urteil vom 28.05.1998 – X R 7/96, BFHE 186, 521, BStBl II 1999, 95, unter 3.a, m.w.N.[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989, Rz 18, m.w.N.[]
  5. vgl. BMF, Schreiben vom 24.05.2017 – IV C 3-S 2221/16/10001:004, BStBl I 2017, 820, Rz 88[]
  6. vgl. z.B. Stöcker in Bordewin/Brandt, § 10 EStG Rz 170; Cöster in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 10, Rz 275; Wilhelm in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 10 Rz 70[]
  7. BGBl I 2007, 378[]
  8. BT-Drs. 16/3100, 85[]
  9. so BT-Drs. 16/3100, 86[][]
  10. vgl. BT-Drs. 16/3100, 87[]
  11. BGBl I 2003, 2190[]
  12. so BT-Drs. 16/3100, 108[]
  13. Hohnholz in: Hauck/Noftz, SGB V, 02/18, § 53 SGB V, Rz 16; Nolte, in: Kasseler Kommentar, § 53 Rz 8[]
  14. vgl. Henle in Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, 5. Aufl., § 53 Rz 11[]
  15. so Dreher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl.2016, § 53 SGB V, Rz 16; im Ergebnis ebenso Nolte, s. Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V § 53 Rz 13, der in der Prämienzahlung keine Beitragsermäßigung oder -rückzahlung, sondern eine „besondere Leistung“ sieht; ähnlich auch Henle in Hänlein/Schuler, a.a.O., § 53 Rz 11[]
  16. so Preisner, Wahltarife im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, Dissertation, 2011, 218[]
  17. so Schlegel, juris Praxisreport Sozialrecht 4/2007, Anm. 4 unter 4.1[]
  18. so Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, SGB V § 53 Rz 7[]
  19. vgl. dazu Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 83[]
  20. ständige Rechtsprechung, so z.B. BFH, Urteil vom 18.07.2012 – X R 41/11, BFHE 238, 103, BStBl II 2012, 821, Rz 11[]
  21. s. Schlegel, in Schlegel/Voelzke, juris Praxiskommentar SGB V, 2008, § 53 Rz 49[]
  22. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 06.07.2016 – X R 6/14, BFHE 254, 341, BStBl II 2016, 933, Rz 8 f., m.w.N.[]
  23. vgl. BMF, Schreiben in BStBl I 2017, 820, Rz 87[]
  24. BFH, Urteil in BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989, Rz 27[]
  25. BFH, Urteil in BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989, Rz 24[]
  26. BGBl I 2015, 1368[]
  27. so auch BMF, Schreiben in BStBl I 2017, 820, Rz 101[]
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