Private Nutzung von Vorführwagen

Die private Nutzung von Vorführwagen durch den Angestellten eines Autohauses ist als geldwerter Vorteil einnahmenerhöhend zu erfassen.

Private Nutzung von Vorführwagen

In einem jetzt vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Rechtsstreit hatte der Mitarbeiter eines Autohauses dessen Vorführwagen für private Fahrten und insbesondere auch für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Autohaus genutzt. In dem Arbeitsvertrag war zwar eine derartige private Nutzung ausgeschlossen worden, dem schenkte das Finanzgericht aber keinen Glauben, da der Arbeitnehmer zusätzlich auch noch die Tankbelege für den Vorführwagen beim Autohaus zur Abrechnung eingereicht hatte.

Die Privatnutzung als Arbeitslohn

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG benennt die geldwerten Güter und Vorteile und bringt zum Ausdruck, dass der Arbeitnehmer durch die Zuwendung objektiv bereichert sein muss, weil die Zuwendung für ihn einen wirtschaftlichen Wert hat. § 8 Abs. 2 EStG bestimmt daneben auch den Maßstab für die Bewertung des Vorteils1.

Ein Vorteil wird „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingegangen wird und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist2.

Die unentgeltliche bzw. verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Lohnzufluss3.

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt ab dem Veranlagungszeitraum 1996 für die Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG getroffene Regelung entsprechend; diese Nutzung ist daher für jeden Kalendermonat mit 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Es handelt sich um eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung4. Der Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG erhöht sich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03% des genannten Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug für solche Fahrten genutzt werden kann. Der Wert nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG kann auch mit dem auf die private Nutzung entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG). Diese vom Gesetz vorgegebenen Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und abschließend, welche Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden. Sowohl die 1% – Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG) als auch die Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) stellen unterschiedliche Methoden zur Bewertung dieses Vorteils dar. Als Spezialvorschriften zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sperren sie, soweit ihr Regelungsgehalt reicht, den Rückgriff auf die dort geregelte Bewertung von Sachbezügen im Übrigen5.

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Die Bestimmungen kommen nicht zur Anwendung, wenn eine Privatnutzung ausscheidet6. Das Finanzgericht muss sich grundsätzlich die volle Überzeugung davon bilden, dass eine private Nutzung tatsächlich stattgefunden hat7. Dabei spricht allerdings nach der Rechtsprechung aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Dienstwagens. Dieser allgemeine Erfahrungssatz, gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Privatfahrzeug zwar zur Verfügung steht, dem Dienstfahrzeug aber weder in Status noch Gebrauchswert vergleichbar ist; allerdings ist unter diesen Umständen der für die Privatnutzung sprechende Anscheinsbeweis umso leichter zu erschüttern, je geringer die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen ausfallen7.

Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es allerdings nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt8. Jedoch bedürfen die Tatsachen, aus denen die Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs abgeleitet werden soll, des vollen Beweises9.

Das arbeitsvertragliche Verbot der privaten Nutzung

Danach ist in dem vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Fall bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit ein geldwerter Vorteil für die private Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge nach der 1%-Regelung zu berücksichtigen. Die unentgeltliche Überlassung der Vorführwagen zur privaten Nutzung hat zu einem Lohnzufluss bei dem Kläger geführt. Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger die Nutzung der Vorführwagen zu privaten Zwecken bestreiten.

Allerdings muss nach den Regeln über die Feststellungslast (objektive Beweislast) das Finanzamt beweisen, dass die steuererhöhenden Einkünfte tatsächlich angefallen sind. Ihm steht jedoch ein Anscheinsbeweis für die auch private Nutzung der Vorführwagen durch den Kläger zur Seite. Der Anscheinsbeweis greift in allen Fällen, in denen einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen zur Verfügung steht, und damit auch im Streitfall. Der Kläger hatte in den Streitjahren Zugriff auf den Vorführwagenpool der GmbH. Er durfte einen Vorführwagen aus dem niedrigen Preissegment für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen. Der Wagen verblieb von Arbeitsende bis Arbeitsbeginn am nächsten Tag und über das Wochenende bei dem Kläger. Nach der Aussage des Zeugen A musste der Vorführwagen auch bei einem Kurzurlaub („ein paar Tage“) nicht zurückgegeben werden. Bereits die bloße Möglichkeit einer privaten Nutzung des betrieblichen Pkw rechtfertigt den Schluss, dass ein solcher Pkw typischerweise auch privat genutzt wird. Diese Möglichkeit hat hier bestanden. Sie wird durch das Vorhandensein privater Kraftfahrzeuge nicht ausgeschlossen.

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Die Kläger haben den Gegenbeweis nicht erbracht. Der Anscheinsbeweis wird nicht ohne Weiteres durch den Vortrag entkräftet, dass für Privatfahrten Privatfahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten10. Im Streitfall verfügten die Kläger jedenfalls mit dem Opel Senator über kein Fahrzeug, das den fast neuen Vorführwagen in Status und Gebrauchswert vergleichbar war. Angesichts von zwei Fahrerlaubnisinhabern im Haushalt sowie den Eltern des Klägers, die ebenfalls eine Fahrerlaubnis besaßen, und nur zwei privaten Pkw bestand bei Terminkollisionen ein praktisches Bedürfnis und wegen der Betriebskostenersparnis immer ein wirtschaftliches Interesse an der privaten Nutzung der Vorführwagen. Etwaige Werbeaufschriften auf den Vorführwagen ändern an dieser Interessenlage nichts.

Der Anscheinsbeweis wird auch nicht durch das arbeitsvertragliche Verbot der privaten Nutzung der Vorführwagen erschüttert. Der Kläger und die GmbH haben im Arbeitsvertrag zwar ein ausdrückliches Nutzungsverbot schriftlich vereinbart. Ein solches Verbot kann ausreichen, sofern es nicht nur zum Schein ausgesprochen worden ist11. Der Bundesfinanzhof unterstellt damit, dass sich ein Arbeitnehmer, dem die private Nutzung des Firmenwagens vom Arbeitgeber untersagt ist, sich an ein – ernst gemeintes – Verbot auch hält. Die Gefahr der Entdeckung und arbeitsrechtlicher Konsequen¬zen wird Arbeitnehmer in der Regel davon abhalten, gegen das Privatnutzungsverbot zu verstoßen12.

Das Niedersächsische Finanzgericht ist jedoch im Streitfall nicht davon überzeugt, das Verbot sei tatsächlich ernst gemeint gewesen. Zwar hat die GmbH einen Verkäufer wegen eines Verstoßes gegen die Vorführwagen-Regelung abgemahnt, weil er den Vorführwagen „für private Zwecke betankt“ hatte. Zieht ein Arbeitgeber – wie hier – bei einem Verstoß gegen ein Nutzungsverbot arbeitsrechtliche Konsequenzen, ist dies ein gewichtiges Indiz für die Ernsthaftigkeit des Verbots. Es gibt auch keine Hinweise, dass die GmbH jemals Verstöße gegen das Nutzungsverbot hingenommen hat. Gleichwohl bleiben Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Verbots und damit auch daran, ob tatsächlich bei jeder Privatnutzung arbeitsrechtliche oder gar strafrechtliche Konsequenzen drohten. Der Verkäufer hat nichts dabei gefunden, seinen Verstoß gegen das Nutzungsverbot durch einen Tankbeleg zu dokumentieren, der, wie der Verkäufer wissen musste, in die Buchführung der GmbH Eingang findet und ihr die Aufdeckung des Verstoßes ermöglicht. Vermag das Verbot nicht einmal davon abzuhalten, solche – zudem durch Tanken auf eigene Rechnung leicht zu vermeidende – Belege für einen Verstoß gegen das Nutzungsverbot zu schaffen, deutet dies darauf hin, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen nicht ernsthaft in Betracht gezogen wurden.

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Daran ändert auch nichts, dass die GmbH, was auf der Hand liegt und auch von dem Zeugen bestätigt worden ist, ein wirtschaftliches Interesse an einer geringen Laufleistung der Vorführwagen hat. Daraus folgt aber nicht notwendigerweise, dass das Nutzungsverbot für private Fahrten auch ernst gemeint gewesen ist. Anders wäre es, wenn die Regeln der GmbH für die Nutzung der Vorführwagen konsequent darauf ausgelegt gewesen wären, die Laufleistung gering zu halten.

Davon kann aber keine Rede sein. Die Nutzung der Vorführwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steht im Widerspruch zu einer solchen Zielsetzung. Diese Abweichung hat der Zeuge damit begründet, die Verkäufer sollten dabei die Pkw, die sie verkaufen, kennenlernen und auch die Möglichkeit haben, sich die neuesten technischen Errungenschaften zu Hause in Ruhe anzusehen. Wäre dies zutreffend, wäre es folgerichtig, dass die Verkäufer die gesamte Produktpalette für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen können. Das ist aber nicht der Fall. Gerade die hochpreisigen Modelle sind grundsätzlich ausgeschlossen, obwohl sie regelmäßig über eine reichhaltige Ausstattung verfügen und der Schulungsbedarf der Verkäufer entsprechend hoch sein muss. Ist es möglich, diese Modelle erfolgreich zu verkaufen, ohne sie von Einzelfällen abgesehen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen zu können, ist nicht nachzuvollziehen, warum bei den Modellen aus dem niedrigen Preissegment nicht ebenso verfahren wird und sich die GmbH die mit diesen Fahrten verbundenen Kosten – allein der Wertverlust der Pkw beträgt nach einer von dem Zeugen mitgeteilten Faustformel 1% pro 1.000 km – spart.

Dass das Vorhandensein eines privaten Kraftfahrzeugs Bedingung nur für die Erteilung der Erlaubnis ist, Vorführwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen zu dürfen, der Fortbestand der Erlaubnis aber nicht von dem Vorhandensein eines privaten Kraftfahrzeugs abhängig gemacht worden ist, weckt ebenfalls Zweifel daran, dass es der GmbH ernsthaft darum gegangen ist, sämtliche privaten Fahrten zu verhindern.

Zumindest hätte eine systematische Kontrolle nahegelegen, um sicherzustellen, dass die Verkäufer die Vorführwagen nur für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen. Eine solche Kontrolle hat es aber nie gegeben. Zunächst hat sich die Geschäftsleitung der GmbH die Vorführwagen nur sporadisch, wenn eine höhere Kilometerleistung angefallen war, „näher angesehen“. Da seinerzeit nur Aufzeichnungen über die Probefahrten geführt wurden, war es nur möglich, unangemessen lange Probefahrten oder unter Umständen Anhaltspunkte für eine zu großzügige Gestattung von Probefahrten festzustellen. Ein Verstoß gegen die Vorführwagen-Regelung konnte so nicht aufgedeckt werden.

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Daran änderte sich durch die wöchentliche Aufzeichnung des Kilometerstands der Vorführwagen nichts. Wer aus welchem Anlass gefahren ist, ist in diesen Listen, die auch nur für den Zeitraum Juli bis Dezember 2005 vorliegen, nicht ersichtlich. Zwar lassen sich die bei Probefahrten zurückgelegten Strecken nachvollziehen. Dabei werden Nutzungsverträge mit den Kunden abgeschlossen, in denen Anfangs- und Endkilometerstand festgehalten werden. Der Kunde unterschreibt dabei nach Aussage des Zeugen den Anfangskilometerstand, sodass insoweit auch eine externe Kontrolle erfolgt. Bei Rückgabe des Fahrzeugs trägt der Verkäufer oder ein anderer Mitarbeiter die Endkilometerzahl in das Formular ein. Alle anderen betrieblichen Fahrten mit den Vorführwagen, z. B. die, um ein Kundenfahrzeug zur Wartung abzuholen bzw. wieder zurückzubringen, werden hingegen nicht erfasst. Der Zeuge hat dementsprechend auch eingeräumt, die Geschäftsleitung habe die Kilometerleistung der Fahrzeuge niemals exakt nachvollziehen können, er könne Privatfahrten der Verkäufer nicht ausschließen.

Das Niedersächsische Finanzgericht hält eine Kontrolle auch für praktisch durchführbar. Dazu müsste lediglich für jeden Vorführwagen festgehalten werden, welcher Arbeitnehmer zu welchem Zweck den Wagen genutzt hat und bei welchem Kilometerstand der Wagen an einen Kunden übergeben und von diesem zurückgegeben worden ist. Dass im Streitfall die Vorführwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden dürfen und daher über Nacht und am Wochenende nicht auf dem Betriebsgelände der GmbH abgestellt werden können, vermag somit nicht zu erklären, warum die GmbH das Nutzungsverbot nicht effektiv überwacht hat.

Auch die individuelle Auswahl der Arbeitnehmer, die die Vorführwagen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen dürfen, spricht nicht für die Ernsthaftigkeit des Verbots. Die Berechtigung war nicht generell an die Tätigkeit als Verkäufer geknüpft. Junior-Verkäufer – wie der Kläger in einem Parallelverfahren bis zu seiner Bestellung zum Verkäufer – waren von dieser Vergünstigung ausgeschlossen. Die Berechtigung war damit auch eine Art Belohnung bzw. Anerkennung für einzelne Mitarbeiter. Dies wird besonders daran deutlich, dass auch dem Leiter des Rechnungswesens diese Berechtigung zuteil wurde, weil, wie der Zeuge bekundete, der Mitarbeiter langjährig im Unternehmen tätig war und seine Position als Prokurist unterstrichen werden sollte. Dass betriebliche Interessen nicht immer im Vordergrund standen, zeigt auch die von dem Zeugen geschilderte Praxis, die Vorführwagen bei einem Kurzurlaub bei dem Arbeitnehmer zu belassen und hinzunehmen, dass sie in dieser Zeit nicht für Probefahrten von Kaufinteressenten verfügbar waren.

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Die GmbH hat zudem bei Abschluss der Arbeitsverträge bzw. der Überwachung der vertraglichen Pflichten nicht die dabei zu erwartende Sorgfalt walten lassen. Der Zeuge vermochte nicht zu erklären, wie es dazu gekommen ist, dass in der Vorführwagen-Regelung eines Verkäufers die Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuchs enthalten ist. Der Verkäufer hat vertragswidrig kein Fahrtenbuch geführt, ohne dass die GmbH dies beanstandet hat. Sollte die Vermutung des Zeugen zutreffen, durch die Vertretung der eigentlich zuständigen Mitarbeiterin sei versehentlich auf ein veraltetes Vertragsformular zugegriffen worden, erklärt dies nicht, warum veraltete Vertragsformulare zur Verfügung standen.

Die Berechnung nach der 1%-Methode

Die Berechnung des geldwerten Vorteils ist nicht zu beanstanden. Das Finanzamt hat den durchschnittlichen Bruttolistenpreis der jährlich von dem Kläger genutzten Vorführwagen geschätzt, weil nicht mehr geklärt werden konnte, welche Pkw er im Einzelnen genutzt hat.

Allerdings sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des „ganz überwiegend“ eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse13.

Ein Abschlag bei der 1%-Regelung ist aber im Fall der Privatnutzung von Vorführwagen durch Arbeitnehmer nicht gerechtfertigt14. Im Streitfall gibt es ohnehin keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Privatnutzung der Vorführwagen im eigenbetrieblichen und schon gar nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der GmbH erfolgt ist. Auch wenn das Finanzgericht daran zweifelt, dass das arbeitsvertragliche Verbot der Privatnutzung ernst gemeint gewesen ist, heißt das nicht, dass durch die Privatnutzung der Vorführwagen auch betriebliche Zwecke verfolgt worden sind. Der Zeuge hat ausgesagt, dass die GmbH die Laufleistung der Vorführwagen gering halten wollte. Damit bestand im Streitfall insbesondere nicht die von Thurmayr15 genannte eigenbetriebliche Motivation von Kfz-Händlern, „junge Gebrauchte“ möglichst schnell am Markt anbieten zu können.

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Der für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesetzte geldwerte Vorteil ist nach Grund und Höhe nicht zu beanstanden. Auch insoweit wird die Schätzung der Bruttolistenpreise als solche von den Klägern nicht angegriffen.
Ein Abschlag wegen eines eigenbetrieblichen Interesses der GmbH an diesen Fahrten kommt nicht in Betracht. Bei den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitstätte steht das Interesse des Klägers, seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, weit im Vordergrund. Der Zeuge hat zwar ausgesagt, es habe für die Gestattung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betriebliche Gründe gegeben, die Verkäufer hätten die Pkw, die sie verkaufen, kennenlernen und auch die Möglichkeit haben sollen, sich die neuesten technischen Errungenschaften zu Hause in Ruhe anzusehen. Der Senat misst diesen Gründen im Vergleich mit dem Interesse des Klägers eine weit untergeordnete Bedeutung bei. Sonst wären auch die hochpreisigen Modelle für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zugelassen worden.

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteile vom 11. März 2010 – 1 K 333/07 und 1 K 351/07 (nicht rechtskräftig – Revision zum BFH eingelegt – VI R 58/10 und VI R 56/10)

  1. BFH, Urteil vom 04.05.2006 – VI R 28/06, BFH/NV 2006, 1927[]
  2. ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 26.06.2003 – VI R 112/98, BFHE 203, 53, BStBl II 2003, 886[]
  3. BFH, Urteil vom 06.11.2001 – VI R 62/96, BFHE 197, 142, BStBl II 2002, 370[]
  4. BFH, Urteil vom 13.02.2003 – X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472[]
  5. BFH, Urteil vom 14.09.2005 – VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72[]
  6. BFH, Beschluss vom 13.04.2005 – VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300[]
  7. BFH in BFH/NV 2009, 1974[][]
  8. BFH, Beschlüsse vom 04.06.2004 – VI B 256/01, BFH/NV 2004, 1416, m. w. N.; vom 27.10.2005 – VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292; vom 14.05.1999 – VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330; in BFH/NV 2005, 1300; vom 11.07.2005 – X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801, zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG; zum Ganzen BFH, Urteil vom 07.11.2006 – VI R 19/05, BStBl II 2007, 116[]
  9. BFH, Urteil in BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116; BFH, Beschlüsse vom 20.08.2008 – VI B 45/08, BFH/NV 2008, 2021; vom 14.03.2008 – VI B 122/07[]
  10. BFH in BFH/NV 2005, 1300[]
  11. BFH in BStBl II 2007, 116[]
  12. Nds. FG, Urteil vom 25.11.2003 – 1 K 354/01, EFG 2004, 1675[]
  13. BFH, Urteil vom 22.06.2006 – VI R 21/05, BStBl II 2006, 915[]
  14. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 8, 40 a. E., a. A. Thurmayr, DStR 2007, 1655[]
  15. a.a.O.[]