Privates Veräußerungsgeschäft – und die Nutzung einer Immobilie zu eigenen Wohnzwecken

Es ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärt, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alternative EStG (nur) zur Anwendung gelangt, wenn die Immobilie im Kalenderjahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.

Privates Veräußerungsgeschäft – und die Nutzung einer Immobilie zu eigenen Wohnzwecken

Die Rechtsfrage, „ob mit dem nicht genauer spezifiziertem ‚Jahr der Veräußerung‘ des § 23 Abs. 1 [Satz 1] Nr. 1 Satz 3 2. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch ein Abschnitt von 365 Tagen bzw. 12 Monaten gemeint sein kann“, ist bereits geklärt. Sie ist zu verneinen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzt die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alternative EStG voraus, dass die Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Das bedeutet: Ausreichend ist eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und zwei Tagen – wobei sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte mittlere Kalenderjahr erstrecken muss, während die eigene Wohnnutzung im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag zu umfassen braucht1. Wird -wie auch im Streitfall- die maßgebliche Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung indes überhaupt nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken genutzt, kommt die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alternative EStG nicht zur Anwendung2. Maßgebend sind demnach das Kalenderjahr der Veräußerung und die beiden vorangegangenen Kalenderjahre3.

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Neue Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der streitigen Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof erforderlich machen würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Bundesfinanzhof hat insbesondere die gegen seine Rechtsprechung angeführten grammatikalischen und teleologischen Überlegungen in seine Rechtsprechung einfließen lassen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 3. August 2022 – IX B 16/22

  1. BFH, Urteil vom 03.09.2019 – IX R 10/19, BFHE 266, 507, BStBl II 2020, 310, Rz 11[]
  2. BFH, Beschluss vom 18.11.2019 – IX B 72/19, BFH/NV 2020, 356, Rz 6[]
  3. vgl. auch BeckOK EStG/Trossen, 12. Ed. [01.03.2022], EStG § 23 Rz 191; Brandis/Heuermann/Ratschow, § 23 EStG Rz 57; Schallmoser in Spiegelberger/Schallmoser, Immobilien im Zivil- und Steuerrecht, 3. Aufl., Rz 12.102[]

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