Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich und Zahlung in ein Drittland

Zahlungen aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach §§ 20, 21, 22 und 26 VersAusglG, §§ 1587f, 1587g, 1587i BGB a.F. und § 3a VAusglHG von dem in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtigen Versorgungsausgleichsverpflichteten können nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG n.F. abgezogen werden, wenn sich der Wohnsitz des Ausgleichsberechtigten in einem Nicht-EU/EWR-Land (Drittland) befindet.

Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich und Zahlung in ein Drittland

Der insoweit eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG n.F. verlangt das Vorliegen einer unbeschränkten Einkommensteuerpflicht der ausgleichsberechtigten Person, so dass ein Abzug der Zahlungen an die Geschiedene im Drittland als Sonderausgaben nicht möglich ist.

In der Nichtberücksichtigung des Abzugs der Ausgleichszahlungen in ein Drittland als Sonderausgaben liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch die Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG n.F. den ihm auch im Bereich des Steuerrechts zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Der Gesetzgeber besitzt nämlich eine weitreichende Gestaltungsfreiheit, wie er eine namentlich im privaten Bereich liegende Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit beurteilen und ihr Rechnung tragen will1. Diese Gestaltungsfreiheit endet dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also kein einleuchtender Grund, der sich aus dem Wesen und Zweck der jeweiligen Vorschrift herleiten lässt, für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung besteht2.

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Ein solcher sachgerechter Grund ist vorliegend in der Differenzierung zwischen einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen und einem nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Empfänger zu sehen. Schließlich gründet die steuerliche Abzugsfähigkeit der hier zu beurteilenden Zahlungen auf dem Transfer steuerbarer Einkünfte, wie es der Bundesfinanzhof grundlegend in seinem Urteil vom 18.09.20033 dargelegt hat. Diese Rechtslage blieb ausweislich der Gesetzesbegründung auch mit der Einführung des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG durch das JStG 20084 erhalten5 und ist lediglich klarstellend durch den Zusatz „wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist“ in § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG n.F. aufgenommen worden. Eine Rechtfertigung, so auch zu Recht das Finanzgericht unter II. 2.a seines Urteils, entfällt, sollte aufgrund der fehlenden unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Ausgleichsempfängers, ein Einkünftetransfer nicht vorliegen.

Anderes ergibt sich nicht aus Erwägungen zur Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV, vormals Art. 56 EG). Dessen Schutzbereich ist nicht eröffnet.

Der Begriff des Kapitalverkehrs ist weder in den Gemeinschaftsverträgen, noch im sekundären Gemeinschaftsrecht definiert. Eine genaue Definition hat bisher auch der Gerichtshof der Europäischen Union vermieden. Der Unionsgerichtshof erkennt jedoch der Nomenklatur im Anhang der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24.06.1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages -dieser Artikel wurde durch den Vertrag von Amsterdam aufgehoben-6 Hinweischarakter zu, wobei die in ihr enthaltene Aufzählung gemäß ihrer Einleitung nicht erschöpfend sei7.

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Keine der dort in Anhang – I der Richtlinie 88/361/EWG aufgeführten Punkte enthält ausdrücklich die hier streitige Zahlung von Geldern aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs. Der Bundesfinanzhof geht davon aus, dass diese Zahlung nicht unter die Rubrik „XIII. Sonstiger Kapitalverkehr: F. Verschiedenes“ fällt. Vielmehr handelt es sich um eine Zahlung mit persönlichem Charakter, für die die Rubrik XI. „Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“ einschlägig wäre, eine Subsumtion unter die dort aufgeführten Punkte A. bis G. aber nicht möglich ist.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 7. Juli 2014 – X B 135/13

  1. vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.10.1997 – 1 BvR 343/73, 83/74, 183 und 428/75, BVerfGE 47, 1, 30, unter C.VI.[]
  2. BVerfG, Beschluss vom 06.12 1983 – 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 354, unter B.II.[]
  3. BFH, Urteil vom 18.09.2003 – X R 152/97, BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749, bestätigt durch BFH, Urteil vom 15.10.2003 – X R 29/01, BFH/NV 2004, 478[]
  4. BGBl I 2007, 3150[]
  5. BT-Drs. 16/6290, 54 und BR-Drs. 544/07, 67[]
  6. ABl.EG Nr. L 178/5[]
  7. EuGH, Urteil vom 27.01.2009 – C-318/07 -Persche-, Slg. 2009, I-359, Rz 24; vgl. auch u.a. EuGH, Urteile vom 23.02.2006 Rs. – C-513/03 -van Hilten-van der Heijden-, Slg. 2006, I-1957, Rz 39; und vom 14.09.2006 – C-386/04 -Centro di Musicologia Walter Stauffer-, Slg. 2006, I-8203, Rz 22[]
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