Der von einem Steuerpflichtigen vereinbarte und getragene Selbstbehalt ist kein Beitrag zu einer Krankenversicherung und kann daher nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abgezogen werden. Er kann nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn er die zumutbare Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG übersteigt. Ein darüber hinausgehender Abzug des Selbstbehalts ist von Verfassungs wegen nicht geboten.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte der Kläger für sich und seine Töchter einen Krankenversicherungsschutz vereinbart, für den er aufgrund entsprechender Selbstbehalte geringere Versicherungsbeiträge zu zahlen hatte. Die von ihm getragenen tatsächlichen krankheitsbedingten Aufwendungen machte der Kläger bei seiner Einkommensteuererklärung geltend. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht ließen im Streitfall indes einen Abzug der Kosten zu.
Der Bundesfinanzhof sah das ebenso und versagte die steuerliche Berücksichtigung der Krankheitskosten des Klägers. Weil die Selbstbeteiligung keine Gegenleistung für die Erlangung des Versicherungsschutzes darstelle, sei sie kein Beitrag „zu“ einer Krankenversicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG und könne daher nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. Die selbst getragenen Krankheitskosten seien zwar außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG. Da im Streitfall die Aufwendungen die zumutbare Eigenbelastung des § 33 Abs. 3 EStG wegen der Höhe der Einkünfte des Klägers nicht überschritten hätten, komme ein Abzug nicht in Betracht.
Eine darüber hinausgehende steuerliche Berücksichtigung des Selbstbehalts lehnt der Bundesfinanzhof ab. Diese sei auch nicht durch das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums geboten. Denn dieser Grundsatz gewährleiste -wie bereits das Bundesverfassungsgericht entschieden habe- dem Steuerpflichtigen keinen Schutz des Lebensstandards auf Sozialversicherungs, sondern lediglich auf Sozialhilfeniveau. Die Aufwendungen für Krankheitskosten im Rahmen von Selbstbehalten seien aber nicht Teil des sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveaus.
Sonderausgaben[↑]
Die geltend gemachten Selbstbehalte sind nicht als Sonderausgaben in Form von Beiträgen zu Krankenversicherungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG zu berücksichtigen.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG gehören zu den Sonderausgaben u.a. Beiträge zu Krankenversicherungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden. Als eigene Beiträge des Steuerpflichtigen werden gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG auch die vom Steuerpflichtigen im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung getragenen eigenen Beiträge i.S. des Buchst. a oder des Buchst. b eines Kindes behandelt, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld besteht.
Zu den Beiträgen zu Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG gehören nicht nur die eigentlichen Prämien, sondern auch die üblichen mit dem Versicherungsverhältnis zusammenhängenden; und vom Versicherungsnehmer zu tragenden Nebenleistungen. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG muss es sich jedoch um Beiträge „zu“ einer Krankenversicherung handeln. Daraus folgt, dass nur solche Ausgaben als Beiträge zu Krankenversicherungen anzusehen sind, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit -als Vorsorgeaufwendungen- letztlich der Vorsorge dienen1. Aufgrund dessen hat der Bundesfinanzhof bei der Prüfung, ob die sog. Praxisgebühr als Sonderausgabe abziehbar ist, entschieden, dass Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten keine Beiträge zu einer Versicherung sind2.
In seinem Beschluss vom 08.10.2013 – X B 110/133 hat der Bundesfinanzhof diese Auffassung bestätigt und dahingehend präzisiert, dass sich die Ausführungen auch auf einen Selbstbehalt beziehen, der im Rahmen eines privatrechtlichen Krankenversicherungsvertrags vereinbart worden ist. Er hat dies damit begründet, dass die Selbstbeteiligung keine Gegenleistung für die Erlangung von Versicherungsschutz ist, sondern gerade das Gegenteil. Denn in Höhe des Selbstbehalts übernimmt die Krankenversicherung nicht das Risiko, für künftige Schadensfälle eintreten zu müssen. Vielmehr verbleibt das Risiko in diesem Umfang beim Versicherungsnehmer. Der Bundesfinanzhof hat auch klargestellt, dass aus diesem Grund Aufwendungen in Höhe des Selbstbehalts nicht als Beitragserstattung mit umgekehrtem Vorzeichen angesehen werden können, da Beitragserstattungen Anreize sind, die bewirken sollen, dass die Versicherung vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbringen muss, weil der Versicherungsnehmer keine versicherten Schäden erlitten hat oder er solche Schäden nicht geltend macht. Demgegenüber fallen die Aufwendungen im Rahmen des Selbstbehalts außerhalb des vertraglich vereinbarten Versicherungsschutzes an. Etwas anderes gilt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs auch dann nicht, wenn -wie im Streitfall- der Selbstbehalt zu bezifferbar geringeren Versicherungsprämien geführt hat.
Soweit der Kläger ohne Selbstbehalt Prämien und damit Sonderausgaben hätte ersparen können, ist dies ein fiktiver Sachverhalt, während der Besteuerung der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zugrunde zu legen ist4.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs steht -soweit erkennbar- nicht nur mit der finanzgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang5, sondern auch mit der Auffassung der Finanzverwaltung6 sowie der überwiegenden Auffassung des Schrifttums7.
Sofern der Kläger rügt, das alleinige Abstellen auf den Begriff „Beiträge“ führe die Grundsätze des BVerfG, Beschlusses in BVerfGE 120, 125 ad absurdum, und die Auffassung vertritt, es dürfe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG in BVerfGE 120, 125 nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ob ein Versicherungsnehmer nur Beiträge zahle oder eine Kombination aus Beiträgen und einem Selbstbehalt wähle, kann er hierdurch eine Änderung der Bundesfinanzhofsrechtsprechung nicht erreichen.
Seiner Ansicht steht zunächst der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG entgegen, in dem Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben abziehbar sind. Bestätigt wird dieser Befund zudem durch die Gesetzesmaterialien zum Entwurf des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung. Zur Begründung der Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG wird dargelegt, hierdurch werde der bisherige Sonderausgabenabzug für sonstige Vorsorgeaufwendungen in einen Sonderausgabenabzug für Beiträge zugunsten einer Kranken- und Pflegeversicherung umgestaltet, die den Versicherten in die Lage versetzten, sich im Umfang des sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveaus gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit abzusichern8. Es ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber die Auffassung bekannt war, dass Zahlungen im Rahmen eines Selbstbehalts zwar Ausgaben, aber keine Beiträge zu einer Versicherung und damit keine Zahlungen sind, die einen Versicherungsschutz bewirken9. Hinweise darauf, dass dieses Begriffsverständnis der Neuregelung nicht zugrunde zu legen sei, sind den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.
Anders als der Kläger meint, ist ein Verstoß gegen die Rechtsprechung des BVerfG in BVerfGE 120, 125 nicht gegeben. Das BVerfG hat in diesem Beschluss ausdrücklich nur entschieden, die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG a.F. sei mit dem Grundgesetz unvereinbar, soweit die Beiträge zu einer privaten Krankheitskostenversicherung (Vollversicherung) und einer privaten Pflegepflichtversicherung, die dem Umfang nach erforderlich seien, um dem Steuerpflichtigen und seiner Familie eine sozialhilfegleiche Kranken- und Pflegeversorgung zu gewährleisten, nicht ausreichend erfasst würden. Die Behandlung der Selbstbehalte, die im Streitfall von dem dortigen Kläger ebenfalls vereinbart worden waren, ist demgegenüber vom Bundesverfassungsgericht nicht aufgegriffen und -auch nicht mittelbar- in die Entscheidung einbezogen worden.
Der Bundesfinanzhof verkennt nicht, dass der Kläger im Streitjahr unter Einbeziehung der nur eingeschränkten steuerlichen Entlastung aufgrund der von ihm geleisteten Krankenversicherungsbeiträge stärker wirtschaftlich belastet wird, als er belastet worden wäre, hätte er keine Selbstbehalte vereinbart. Dieses Ergebnis ist aber die Konsequenz der ihm eingeräumten Freiheit, seinen Krankenversicherungstarif zu wählen und sich für die -auch unter Berücksichtigung der steuerlichen Implikationen- im Einzelfall voraussichtlich günstigste Versicherungsvariante zu entscheiden10.
Außergewöhnliche Belastungen[↑]
Die Selbstbehalte sind im Streitfall auch nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Der Bundesfinanzhof wird an der Prüfung, ob die Selbstbehalte ggf. als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden müssen, -im Gegensatz zur Auffassung des Finanzamt- nicht dadurch gehindert, dass der Kläger im Klageverfahren lediglich beantragt hatte, die Selbstbehalte als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
Zwar wäre eine im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 FGO unzulässige Klageänderung anzunehmen, wenn der erstmals in diesem Verfahrensstadium gestellte Antrag einen anderen Streitgegenstand betreffen würde als der Klageantrag11. Streitgegenstand im finanzgerichtlichen Verfahren ist aber -so bereits der Große Bundesfinanzhof des BFH- nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Steuerbescheids. Dies bedeutet, dass die Finanzgerichte im Rahmen des klägerischen Begehrens nicht nur die Rechtmäßigkeit bzw. die Unrechtmäßigkeit der festgesetzten Steuer aus den von den Beteiligten genannten Gründen zu prüfen haben; vielmehr haben sie die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids im Rahmen dieses Begehrens ohne Rücksicht auf die geltend gemachten Begründungen zu beurteilen12.
Da der Kläger im Streitfall die steuerliche Berücksichtigung der von ihm getragenen Selbstbehalte begehrt, hat der Bundesfinanzhof alle Rechtsgrundlagen zu untersuchen, aufgrund derer ggf. ein Steuerabzug möglich wäre. Dazu gehört auch § 33 EStG.
Das Finanzamt hat im Rahmen der Steuerfestsetzung zu Recht entschieden, dass die vom Kläger für sich und seine Töchter als Selbstbehalte aufgewendeten Krankheitskosten zwar grundsätzlich unter den Tatbestand der außergewöhnlichen Belastungen fallen, sie sich im Streitfall aber steuerlich nicht auswirken, weil die Aufwendungen die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 1 und Abs. 3 EStG) nicht überschritten haben. Diese Vorschrift differenziert bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung nicht zwischen Krankheitskosten und anderen Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind; der Wortlaut ist insoweit eindeutig13.
Steuerfreiheit des Existenzminimums – und die zumutbare Belastung[↑]
Der hiernach vorzunehmende Abzug einer zumutbaren Belastung auch bei Krankheitskosten, die aufgrund der vereinbarten Selbstbehalte zu tragen sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Ausgangspunkt für die verfassungsrechtliche Beurteilung, ob Aufwendungen des Steuerpflichtigen aus dem Bereich der privaten Lebensführung durch einkommensteuerrechtliche Regelungen hinreichend berücksichtigt werden, ist das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums, das aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art.20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG abzuleiten ist. Danach hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Dem Grundgedanken der Subsidiarität, wonach Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hat, entspricht es, dass sich die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, das darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen14. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Kranken- und Pflegeversorgung, insbesondere entsprechende Versicherungsbeiträge, können ebenso wie das sog. sächliche Existenzminimum für Nahrung, Kleidung, Hygiene, Hausrat, Wohnung und Heizung Teil des einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimums sein15.
Bei Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversorgung ist allerdings streng auf das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau und nicht auf das Leistungsniveau der einschlägigen Zweige der Sozialversicherungen abzustellen. Denn das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums gewährleistet dem Steuerpflichtigen einen Schutz des Lebensstandards nicht auf Sozialversicherungs, sondern nur auf Sozialhilfeniveau16.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht der Bundesfinanzhof zunächst davon aus, dass Aufwendungen für eine Kranken- und Pflegeversorgung dem Grunde nach nicht nur die Beiträge zur Krankenversicherung, sondern ebenso den eigentlichen Sachaufwand für eine Krankenversorgung umfassen können. Denn auch das BVerfG sieht es als unerheblich an, ob die Kranken- und Pflegeversorgung indirekt über eine Versicherung oder direkt über Versorgungsleistungen sichergestellt wird.
Die hier streitigen Aufwendungen für Krankheitskosten im Rahmen von Selbstbehalten sind indes nicht Teil des sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveaus. Ob dieses Leistungsniveau grundsätzlich in jedem Fall eine das Existenzminimum quantifizierende Vergleichsebene darstellt17, kann der Bundesfinanzhof daher offenlassen.
Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen nach § 42 Nr. 2 SGB XII i.V.m. § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII die Aufwendungen für eine bei einem privaten Versicherungsunternehmen bestehende Versicherung, soweit sie angemessen sind. Dies gilt nach § 32 Abs. 5 Satz 5 SGB XII gleichfalls für die Aufwendungen für die Pflegeversicherung.
Dies entspricht den angemessenen Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung18.
Im Anwendungsbereich des SGB XII ist der Beitragssatz als angemessen anzusehen, der sich aus § 12 VAG ergibt19. Angemessen können indes nur die Beiträge sein, die der Hilfsbedürftige auch schuldet, d.h. es ist der Beitragssatz entscheidend, den der Versicherungsgeber vom Versicherungsnehmer im Falle der Hilfsbedürftigkeit gemäß § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG (seit dem 1.01.2016 § 152 Abs. 4 Satz 1 VAG) verlangen kann20. Hieraus sowie aus § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG folgt, dass lediglich der Beitrag zur privaten Krankenversicherung bis zur Hälfte des Höchstbeitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung, also bis zur Höhe des halben Beitrags für den Basistarif als Bedarf im Rahmen des § 32 Abs. 5 SGB XII zu übernehmen ist21.
Eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Übernahme des vereinbarten Selbstbehalts bzw. des zu tragenden Eigenanteils für die private Kranken- und Pflegeversicherung nach § 32 Abs. 5 SGB XII ist hingegen ausgeschlossen, wenn dem Versicherten ein Wechsel in den Basistarif im Umfang der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zumutbar ist. Bietet das private Versicherungsunternehmen den Basistarif ohne Selbstbehalt an, so ist die Übernahme des Selbstbehalts durch den Sozialhilfeträger nicht angemessen i.S. des § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII und damit ausgeschlossen22.
Auch bei Beziehern von Arbeitslosengeld – II ist die Übernahme der anteiligen Selbstbeteiligung als Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung im Grundsatz nicht möglich. Nach der jüngsten Rechtsprechung des BSG bildet § 26 SGB II eine Rechtsgrundlage ausschließlich für die Beteiligung der SGB II-Träger an Versicherungsbeiträgen, nicht hingegen für die Tragung von Krankenversorgungskosten im Rahmen vertraglich vereinbarter Selbstbehalte. Eine Übernahme des jährlichen Eigenanteils an den Behandlungskosten sei bereits wegen des eindeutigen Wortlauts des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II einerseits als auch des § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG andererseits nicht möglich. Maßgeblich ist danach der vom SGB II-Träger zu zahlende „Beitrag“, den die Leistungsberechtigten nach dem SGB II an ihr Versicherungsunternehmen zu entrichten hätten, was sich sowohl aus dem Wortlaut, der Systematik des § 12 Abs. 1c VAG als auch der Rechtsentwicklung des § 26 SGB II ergibt23. Den Beziehern von Arbeitslosengeld – II ist der Wechsel in den PKV-Basistarif auch zuzumuten24.
Es hat keinen Einfluss auf das materiell-rechtlich zu verstehende sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau, dass die Beiträge bis zum Zeitpunkt eines Wechsels in den Basistarif der privaten Krankenversicherung wegen einer fehlenden Beratung durch den Grundsicherungsträger und damit aus Verfahrensgründen unter Umständen einen Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II bilden können25.
Eine Tragung von Krankheitskosten aufgrund des Selbstbehalts könnte zwar dann nicht mehr zumutbar sein, wenn dadurch in das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum eingegriffen werden sollte. Solange allerdings der tatsächliche Umfang der von den Steuerpflichtigen erbrachten Aufwendungen für die Zuzahlungen der Höhe nach nicht geeignet ist, dieses Existenzminimum zu tangieren, hält der Bundesfinanzhof eine Einschränkung der zumutbaren Belastung von Verfassungs wegen nicht für geboten26.
Im Streitfall hatte der Kläger zwar Aufwendungen in Höhe von 3.960 € zu tragen. Angesichts des Gesamtbetrags seiner Einkünfte in Höhe von 190.796 € ist sein einkommensteuerrechtliches Existenzminimum aber nicht betroffen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. Juni 2016 – X R 43/14
- vgl. BFH, Urteil vom 18.07.2012 – X R 41/11, BFHE 238, 103, BStBl II 2012, 821, Rz 11, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 238, 103, BStBl II 2012, 821, a.a.O[↩]
- BFH/NV 2014, 154[↩]
- siehe BFH, Beschluss in BFH/NV 2014, 154, Rz 7 ff., m.w.N.; die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG, Beschluss vom 16.02.2015 – 2 BvR 49/14[↩]
- FG Köln, Urteil vom 15.08.2013 – 15 K 1858/12; ebenso Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2014 – 1 K 2873/13 E, EFG 2014, 1789, Rz 32; FG Münster, Urteil vom 17.11.2014 – 5 K 149/14 E, Sozialrecht und Praxis 2015, 196; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.04.2015 – 3 K 1387/14, EFG 2015, 1357, Rz 42; ebenso Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 06.05.2013 – 9 K 265/12, als Vorinstanz des Beschlusses in BFH/NV 2014, 154[↩]
- vgl. BMF, Schreiben vom 19.08.2013, BStBl II 2013, 1087, Rz 69[↩]
- vgl. z.B. Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 155; Schmidt/Heinicke, EStG, 35. Aufl., § 10 Rz 70; Fischer in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 10 Rz 32; Stöcker in Bordewin/Brandt, § 10 EStG Rz 594; Lindberg in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 10 Rz 70; Bauschatz in Korn, § 10 EStG Rz 202.13; Dommermuth/Hauer, Der Betrieb 2009, 2512, 2514; Risthaus, Deutsche Steuer-Zeitung 2009, 669/676; Liess, NWB 2011, 1978/1988; Myßen/Wolter, NWB 2011, 280/288; dies., NWB 2009, 2313/2320[↩]
- BT-Drs. 16/12254, S. 21[↩]
- s. dazu bereits Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz E 129, m.w.N.; Hessisches Finanzgericht vom 12.12 1974 – VIII 61/74, EFG 1975, 200[↩]
- vgl. z.B. die Berechnungsbeispiele in Liess, NWB 2011, 1978/1988, und Myßen/Wolter, NWB 2011, 280/288[↩]
- s. z.B. BFH, Urteil vom 04.05.2006 – VI R 17/03, BFHE 213, 383, BStBl II 2006, 830, unter II. 3.[↩]
- s. BFH, Beschluss vom 26.11.1979 – GrS 1/78, BFHE 129, 117, BStBl II 1980, 99, unter C.II.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 02.09.2015 – VI R 32/13, BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151, Rz 13[↩]
- ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. z.B. Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.I. 1., m.w.N.[↩]
- BVerfG, Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.II. 1.[↩]
- BVerfG, Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.II. 3.[↩]
- so BFH, Urteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151, Rz 19[↩]
- vgl. z.B. Schmidt, in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Kommentar, § 32 SGB XII, Rz 41 und 47; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl.2014, § 32 Rz 14; Bieritz-Harder in SGB XII, § 32 Rz 23[↩]
- so LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.06.2015 – L 23 SO 268/12; s. auch Coseriu, in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl., § 32 SGB XII, Rz 8[↩]
- vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.06.2009 – L 2 SO 2529/09 ER-B Rz 16[↩]
- so LSG NRW, Urteil vom 27.06.2013 – L 9 SO 619/11, unter Berufung auf die Rechtsprechung desBSG, vgl. BSG, Urteil vom 10.11.2011 – B 8 SO 21/10 R, BSGE 109, 281, Rz 15; ebenso Hessisches LSG, Beschluss vom 18.01.2010 – L 7 SO 182/09 B ER[↩]
- so LSG NRW, Urteil vom 27.06.2013 – L 9 SO 619/11; wohl auch Bayerisches LSG, Urteil vom 19.07.2011 – L 8 SO 26/11; Hessisches LSG, Beschluss vom 14.12 2009 – L 7 SO 165/09 B ER[↩]
- so ausführlich BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 8/14 R, BSGE 119, 7, Rz 16 ff.[↩]
- BSG, Urteil vom 16.10.2012 – B 14 AS 11/12 R, Sozialrecht 4-4200 § 26 Nr. 3, Rz 24[↩]
- BSG, Urteil in BSGE 119, 7, Rz 25 ff.[↩]
- ebenso BFH, Urteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151, Rz 27[↩]