Die europäischen Grundfreiheiten können, wie der Bundesfinanzhof in einem jetzt veröffentlichten Urteil befand, nicht dadurch verletzt werden, dass die Altersvorsorgeaufwendungen eines Grenzgängers nur beschränkt als Sonderausgaben geltend gemacht werden können, auch wenn ein anderer Mitgliedsstaat aufgrund eines mit Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens die entsprechenden Altersrenten vollständig besteuert.

Die Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens können dazu führen, dass das Recht zur Besteuerung der aktiven Arbeitseinkünfte und damit auch die Verpflichtung zur Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen dem „einen“ Staat zugewiesen werden, während der „andere“ Staat das Besteuerungsrecht für die Alterseinkünfte erhält. Haben die betroffenen Steuerrechte unterschiedlichen Besteuerungsregeln, kann es – zeitlich versetzt – zu einer doppelten Besteuerung kommen.
Der Entscheidung des Bundesfinanzhof lag der Fall einer in in Frankreich arbeitenden Klägerin zugrunde, die im Saarland lebt und nach dem DBA zwischen Frankreich und Deutschland als Grenzgängerin behandelt wird. Sie hat ihren französischen Arbeitslohn in Deutschland zu versteuern und kann ihre Altersvorsorgeaufwendungen – ebenso wie ein in Deutschland tätiger Arbeitnehmer – nur in den gesetzlichen Höchstgrenzen geltend machen. Andererseits wird die Klägerin ihre Alterseinkünfte in Frankreich später voll versteuern müssen.
Der Bundesfinanzhof hat diese latente Doppelbesteuerung zwar gesehen, erkennt jedoch in der deutschen Regelung des beschränkten Sonderausgabenabzugs keine unzulässige Diskriminierung der Klägerin, da die Beiträge zu in- und ausländischen Sozialversicherungen in Deutschland gleich behandelt werden. Die drohende Doppelbesteuerung der Klägerin beruhe vielmehr auf der fehlenden Harmonisierung der Steuerregeln der EU-Staaten im Bereich der Altersvorsorge und Alterseinkünfte. Nach dem derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrecht bestehe jedoch weder eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, ihre Besteuerungsrechte im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen so aufzuteilen, dass das Besteuerungsrecht der Alterseinkünfte und die Verpflichtung zur Berücksichtigung der vorausgehenden Vorsorgeaufwendungen demselben Staat zugewiesen werden, noch ein Zwang, das eigene Steuersystem so zu gestalten, dass eine Doppelbesteuerung ausgeschlossen ist.
Die europäischen Grundfreiheiten eines Grenzgängers werden durch den beschränkten Sonderausgabenabzug auch dann nicht verletzt, wenn ein anderer Mitgliedstaat die entsprechenden Altersrenten aufgrund des ihm durch das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland zugewiesenen Besteuerungsrechts vollständig der Besteuerung unterwirft.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.Juni 2009 – X R 57/06