Strafverteidigungskosten als Werbungskosten

Strafverteidigungskosten sind dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, betrifft grundsätzlich die konkrete Tat, aufgrund der die Strafverteidigungskosten angefallen sind.

Strafverteidigungskosten als Werbungskosten

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Danach können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen1.

Strafverteidigungskosten sind dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist2.

Allerdings setzt die Annahme von Erwerbsaufwendungen auch in diesen Fällen voraus, dass die -die Aufwendungen auslösenden- schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen nach der Rechtsprechung private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde3.

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Der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, betrifft danach grundsätzlich die konkrete Tat, aufgrund der die Strafverteidigungskosten angefallen sind.

Ausgehend von den angeführten Rechtsgrundsätzen hat im vorliegenden Fall das Finanzgericht Münster4 auf der Grundlage der von ihm als Tatsacheninstanz vorzunehmenden Gesamtwürdigung5 darauf abgestellt, dass die geltend gemachten Kosten der Strafverteidigung sich ausschließlich auf die Verkürzung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen bezogen hätten. Diese Taten habe der Kläger und Beschwerdegegner in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangen. Eine private Mitveranlassung hat die Vorinstanz mit der Begründung verneint, die Abzweigung von Bargeld für eigene Zwecke habe mit der Lohnsteuerhinterziehung nicht in einem solchen Zusammenhang gestanden, dass eine Überlagerung der beruflichen Veranlassung durch den Zweck der Eigenbereicherung anzunehmen sei. Denn diese sei weder Voraussetzung noch Folge der Lohnsteuerhinterziehung gewesen, auf die sich die Strafverteidigungskosten bezogen hätten.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31. März 2022 – VI B 88/21

  1. BFH, Urteil vom 09.12.2003 – VI R 35/96, BFHE 205, 56, BStBl II 2004, 641; BFH, Beschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10[]
  2. BFH, Urteil vom 18.10.2007 – VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223; BFH (GrS), Beschluss vom 21.11.1983 – GrS 2/82, BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160; BFH, Beschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10[]
  3. BFH, Urteil in BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223; BFH, Beschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10[]
  4. FG Münster, Urteil vom 29.10.2021 – 12 K 2606/19 E, F[]
  5. s. z.B. BFH-Entscheidungen vom 26.07.2007 – VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892; und vom 10.11.2005 – VI B 75/05, BFH/NV 2006, 530[]
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