Unterhaltsleistungen an die Mutter eines gemeinsamen Kindes

Auch nach der Reform des Unterhaltsrechts zum 01.01.2008 und dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.05.20131 zum Splittingtarif bei eingetragenen Lebenspartnerschaften ist eine Ausweitung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG auf Unterhaltsleistungen an ehemalige Lebensgefährten und Eltern eines gemeinsamen Kindes verfassungsrechtlich nicht geboten.

Unterhaltsleistungen an die Mutter eines gemeinsamen Kindes

Die Frage, ob nach der familienrechtlichen Angleichung der Unterhaltsverpflichtungen von Vätern gegenüber nicht mit ihnen verheirateten Müttern in § 1615l Abs. 2 BGB im Vergleich zu denen gegenüber dem geschiedenen unterhaltsberechtigten Elternteil, auch eine Erweiterung der Sonderausgabenabzugsmöglichkeit nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG nötig sei, ist bereits höchstrichterlich geklärt.

Zwar reicht es für eine solche Klärung nicht aus, dass ältere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vorliegt, aber nicht auszuschließen ist, dass eine grundsätzliche Bedeutung aufgrund einer zwischenzeitlichen Gesetzesänderung erneut gegeben sein kann. Allerdings ist eine Rechtsfrage dann als geklärt anzusehen, wenn auf den Sachverhalt die durch die bisherige Rechtsprechung als geklärt anzusehenden Rechtsgrundsätze anzuwenden sind und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar werden, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung dieser Frage geboten erscheinen lassen2. Dies gilt auch, wenn bei einer gesetzlichen Neuregelung eines Sachverhalts in das neue Gesetz Tatbestandsmerkmale übernommen werden, zu denen bereits eine feststehende höchstrichterliche Rechtsprechung besteht3.

Vorliegend ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage bereits aufgrund der bestehenden Bundesfinanzhof-Rechtsprechung zur Anwendung des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. (heute: § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG) geklärt. Das Realsplitting ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen trotz der Angleichungen im Familienrecht nicht auf Unterhaltsleistungen an eine nicht verheiratete Mutter nach § 1615l Abs. 2 BGB auszuweiten.

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Bereits im Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 13.03.19954 ist dargelegt, dass für die unterschiedliche Behandlung von Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten (oder Lebenspartner) und von Unterhaltsleistungen an die ledige Mutter oder den ledigen Vater hinreichende sachliche Gründe gegeben sind. Sie sind in dem Wegfall des Splittings nach § 32a Abs. 5 EStG in Verbindung mit den weiterbestehenden Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten (oder Lebenspartner) zu sehen5. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt deshalb nicht vor6.

Darüber hinaus ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, das Realsplitting auszuweiten. Soweit das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28.02.20077 eine Angleichung der Unterhaltssituation unverheirateter Mütter und Väter bei der Betreuung ihrer Kinder aus einer früheren Lebensgemeinschaft an diejenige Geschiedener verlangte, betrifft dies lediglich die Frage der Ausgestaltung der jeweiligen Unterhaltsansprüche. Eine steuerrechtliche Folgerung ergibt sich hieraus gerade nicht. Auch hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 07.05.20138 noch einmal herausgestellt, dass der besondere Schutz, unter den Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe als besondere Verantwortungsbeziehung stelle, deren Besserstellung zwar nicht im Verhältnis zu einer rechtlich geordneten Lebensgemeinschaft, also einer Lebenspartnerschaft, rechtfertige, gleichwohl aber gegenüber einer -wie hier vorliegend- rechtlich nicht verbindlichen Partnerbeziehung.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 9. Juni 2022 – X B 15/21

  1. BVerfG, Beschluss vom 07.05.2013 – 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, BVerfGE 133, 377[]
  2. vgl. nur BFH, Beschluss vom 08.06.2018 – X B 112/17, BFH/NV 2018, 1086, Rz 9, m.w.N.[]
  3. BFH, Beschluss vom 04.05.1999 – IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587, unter 1.[]
  4. BFH, Beschluss vom 13.03.1995 – X B 158/94, BFH/NV 1995, 777[]
  5. ebenso BFH, Beschluss vom 14.05.2007 – III B 98/06, BFH/NV 2007, 1528, unter II. 1.[]
  6. so auch BVerfG, Beschluss vom 30.04.1998 – 2 BvR 1033/95, Steuer-Eildienst 1998, 386[]
  7. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 – 1 BvL 9/04, BVerfGE 118, 45[]
  8. BVerfG, Beschluss vom 07.05.2013 – 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, BVerfGE 133, 377, unter C.II. 1.[]
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