Veräußerung einer Beteiligung am Arbeitgeber – und der Veräußerungsverlust als Werbungskosten

Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Beteiligungsverlust zu Werbungskosten führt, ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hinreichend geklärt. Entsprechend der einkommensteuerlichen Systematik bleiben Verluste in der privaten Vermögenssphäre bei der Einkünfteermittlung im Rahmen der Überschusseinkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 EStG -abgesehen von den in §§ 17 und 23 EStG genannten Ausnahmen- außer Betracht.

Veräußerung einer Beteiligung am Arbeitgeber – und der Veräußerungsverlust als Werbungskosten

Dieser Grundsatz gebietet es auch, Wertänderungen eines Wirtschaftsguts im Falle seiner Veräußerung (Veräußerungsgewinn bzw. -verlust) außer Ansatz zu lassen1.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können allerdings private Vermögensverluste unter Beachtung des objektiven Nettoprinzips als Erwerbsaufwand berücksichtigt werden, wenn besondere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass die Gründe für die unfreiwilligen (völligen oder teilweisen) Verluste in der Berufs- bzw. Erwerbssphäre liegen. So wurde Erwerbsaufwand anerkannt, wenn der Verlust bei der beruflichen Verwendung eintritt oder die Einwirkung auf das betreffende Wirtschaftsgut aus in der Berufssphäre liegenden Gründen erfolgt2. Gemeinsam ist solchen berücksichtigungsfähigen Verlusten, dass das Wirtschaftsgut einem spezifischen Risiko der Erwerbshandlung ausgesetzt und aus diesem Grunde der Verlust eingetreten ist.

Daraus ergibt sich, dass allenfalls der Verlust privater Wirtschaftsgüter, nicht jedoch bloße Wertveränderungen infolge von Verwertungsmaßnahmen zu Werbungskosten führen können. Die Gründe, die zu einer Verwertung geführt haben, spielen dabei grundsätzlich keine Rolle3. Deshalb liegt nach Ansicht des BFH bei wertender Betrachtung beispielsweise kein hinreichend -den Bezug zum Vermögen überlagerndes- berufsspezifisches Risiko vor, wenn der Erwerb der Beteiligung Voraussetzung für die Teilnahme an einem Anreizlohnprogramm ist und die Anzahl der erworbenen Aktien dessen Bemessungsgrundlage bildet4 oder der Arbeitnehmer (Partner einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) den Aktienverlust zur Vermeidung einer Kündigung realisiert, weil sein Arbeitgeber nach Übernahme des Mandats der betreffenden Aktiengesellschaft zur Wahrung von Unabhängigkeitsregeln auf dem Verkauf der Anteile besteht5.

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Gleiches gilt für den hier entschiedenen Streitfall der Veräußerung einer Beteiligung am eigenen Arbeitgeber. Auch hier betrifft das Schicksal der Kapitalanlage die private Vermögenssphäre des Arbeitnehmers. Einen hinreichenden Bezug des Veräußerungsverlustes wie auch eines etwaigen Veräußerungsgewinns auf die Erwerbs-und Berufssphäre des Arbeitnehmers konnte -bei wertender Betrachtung- verneint werden. Denn allein der Umstand, dass der Erwerb der Beteiligung Voraussetzung für die Anstellung des Arbeitnehmers war, genügt hierfür nicht. Auch stellt die Veräußerung der Aktien eine selbständig zu würdigende Vermögensverfügung dar, die nicht zwingend auf denselben Motiven gründen muss wie der zeitlich vorangehende Erwerb der Beteiligung selbst6.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10. März 2016 – VI B 132/15

  1. BFH, Beschluss vom 04.07.1990 – GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, 836; BFH, Urteil vom 24.05.2000 – VI R 28/97, BFHE 191, 552, BStBl II 2000, 474; BFH, Beschluss vom 30.07.2013 – VI B 7/13, BFH/NV 2013, 1922; vgl. auch Grube in Festschrift für Franz Klein, Steuerrecht, Verfassungsrecht, Finanzpolitik 1994, S. 913, 923[]
  2. BFH, Urteil vom 17.09.2009 – VI R 24/08, BFHE 226, 321, BStBl II 2010, 198; vgl. BFH, Beschlüsse vom 29.04.2009 – VI B 126/08, BFH/NV 2009, 1267; vom 20.08.2008 – VI B 17/08, BFH/NV 2009, 13; vom 22.02.2007 – VI B 99/06, BFH/NV 2007, 1297; vom 10.11.2005 – VI B 47/05, BFH/NV 2006, 296, m.w.N.; Schmidt/Loschelder, EStG, 34. Aufl., § 9 Rz 75 ff. und 85; Schneider, Der Betrieb, Beilage 6/2006, S. 51, 56 f.; umfassend: Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 190 ff., und Anmerkung von Kühnen in EFG 2007, 831, 832 mit einschlägigen Beispielsfällen[]
  3. BFH, Beschlüsse in BFH/NV 2006, 296, und in BFH/NV 2013, 1922[]
  4. BFH, Beschluss in BFH/NV 2013, 1922[]
  5. BFH, Beschluss in BFH/NV 2009, 13[]
  6. vgl. BFH, Urteil vom 25.11.2010 – VI R 34/08, BFHE 232, 86, BStBl II 2012, 24[]
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