Der verbilligte Erwerb einer GmbH-Beteiligung durch eine vom Geschäftsführer des Arbeitgebers beherrschte GmbH kann auch dann zu Arbeitslohn führen, wenn nicht der Arbeitgeber selbst, sondern ein Gesellschafter des Arbeitgebers die Beteiligung veräußert.

Die materiell-rechtlichen Anforderungen an den Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteil und Dienstverhältnis und an dessen tatsächliche Feststellung sind bei Drittzuwendungen grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als bei Zuwendungen durch den Arbeitgeber.
Gewährt ein Gesellschafter des Arbeitgebers einen Vorteil an eine vom Geschäftsführer des Arbeitgebers beherrschte Gesellschaft aus im Gesellschaftsverhältnis wurzelnden Gründen, liegt im Verhältnis des Gesellschafters zum Arbeitgeber eine Einlage und im Verhältnis des Arbeitgebers zu der an ihm beteiligten Gesellschaft des Geschäftsführers eine vGA vor, wenn die Gewährung des Vorteils durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist oder (direkter) Arbeitslohn, wenn die Arbeitsleistung mit der Vorteilsgewährung entgolten wird.
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG -neben Gehältern und Löhnen- auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist1.
Arbeitslohn kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs2 auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt „für“ eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Ist dies der Fall, kann auch die Zuwendung an einen Dritten als Arbeitslohn des Arbeitnehmers anzusehen sein3. Eine Drittzuwendung ist dem Arbeitnehmer immer dann als Arbeitslohn zuzurechnen, wenn ihm über den Dritten ein Vorteil für geleistete Dienste zugewendet wird4. Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Entsprechendes gilt, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Drittem gründet5.
Ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht; dies gilt auch für die Zuwendung eines Dritten. Denn ob der entsprechende Leistungsaustausch den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, kann nur aufgrund einer grundsätzlich der Tatsacheninstanz vorbehaltenen Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der an der Zuwendung Beteiligten sind insoweit unerheblich. Entscheidend sind die vorgefundenen objektiven Tatumstände, die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz eigenständig zu würdigen sind6.
In diese tatrichterliche Würdigung sind alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles einzubeziehen. Einzelne Gesichtspunkte, die für die Frage, ob der Vorteil aufgrund des Dienstverhältnisses oder im Hinblick auf eine Sonderrechtsbeziehung gewährt wurde, wesentlich sind, hat der Bundesfinanzhof in seinen Urteilen vom 23.06.20057 herausgearbeitet. Jeder dieser Aspekte hat für sich betrachtet nur indizielle Wirkung. Gleichwohl müssen alle -entsprechend ihrer Bedeutung- in die Gesamtwürdigung einfließen8.
Auch der verbilligte Erwerb einer Beteiligung9, im hier entschiedenen Streitfall eines GmbH-Anteils, kann zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG führen, wenn der Vorteil hieraus dem Arbeitnehmer „für“ seine Arbeitsleistung gewährt wird.
Der als Arbeitslohn zu erfassende geldwerte Vorteil besteht allerdings nicht in der übertragenen Beteiligung selbst, sondern in der Verbilligung, dem Preisnachlass10.
Jedoch dürfen die Anforderungen, die an die Feststellung des hiernach erforderlichen Veranlassungszusammenhangs zwischen Vorteil und Dienstverhältnis bei Drittzuwendungen zu stellen sind, nicht überspannt werden.
Zwar hat der Bundesfinanzhof in mittlerweile ständiger Rechtsprechung entschieden11, dass Arbeitslohn „ausnahmsweise“ auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sei, wenn sie ein Entgelt „für“ eine Leistung bilde, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass Arbeitslohn im Regelfall durch den Arbeitgeber gezahlt wird und die Zahlung durch einen Dritten eine Ausnahme von diesem Regelfall darstellt.
Aus dieser Rechtsprechung kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass die materiell-rechtlichen Anforderungen an den Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteil und Dienstverhältnis und an dessen (tatsächliche) Feststellung bei Drittzuwendungen anders zu beurteilen sind als bei Zuwendungen durch den Arbeitgeber. Insbesondere ist -anders als das Finanzgericht offenbar meint- bei Drittzuwendungen im Gegensatz zu Zuwendungen durch den Arbeitgeber kein „eindeutiger“ Veranlassungszusammenhang erforderlich. Der Vorteil muss sich in beiden Fällen vielmehr gleichermaßen als „Frucht“ der nichtselbständigen Arbeit darstellen. Ob dies zutrifft, ist jeweils durch Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Zwar mögen die Indizien, die bei einer Drittzuwendung für oder gegen das Vorliegen von Arbeitslohn sprechen, im Einzelfall andere sein als bei einer Zuwendung durch den Arbeitgeber. Die Veranlassung des Vorteils durch das Dienstverhältnis muss in beiden Fallkonstellationen jedoch zur Überzeugung des Gerichts feststehen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), wenn auf das Vorliegen von Arbeitslohn erkannt werden soll12. Dabei sind an den Grad der Überzeugung bei Zuwendungen durch den Arbeitgeber oder durch einen Dritten keine unterschiedlichen Anforderungen zu stellen. Der Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteil und Dienstverhältnis muss bei Drittzuwendungen folglich nicht „eindeutiger“ sein als bei Zuwendungen durch den Arbeitgeber.
Für das Vorliegen von Arbeitslohn kann als Indiz sprechen, dass die Y-GmbH den Erwerb von Geschäftsanteilen der X-GmbH nur deren leitenden Angestellten und der H-GmbH als einer von einem Geschäftsführer der X-GmbH beherrschten Gesellschaft angeboten hat. Zwar bedeutet der Umstand, dass der Dritte als Mehrheitsgesellschafter den Vorteil nur Arbeitnehmern der Tochtergesellschaft zuwendet, nicht automatisch, dass der Vorteil durch das Dienstverhältnis veranlasst ist13. Ein Indiz für eine solche Veranlassung ist dieser Umstand dennoch; er ist folglich in die Gesamtwürdigung einzubeziehen14.
Auch ist zu berücksichtigen, wenn in dem notariell beurkundeten Übertragungsvertrag Andienungsrechte und Veräußerungspflichten der H-GmbH hinsichtlich der Geschäftsanteile an der X-GmbH u.a. für den Fall der Abberufung und des Ausscheidens des Geschäftsführers als Geschäftsführer vereinbart sind. Diese Klauseln belegen gegebenenfalls, dass die Übertragung und das Halten der Beteiligung an der X-GmbH vom (Fort-)Bestehen des Arbeitsvertrags des Geschäftsführers bei dieser Gesellschaft abhängig waren. Ein solcher Umstand kann als ein Indiz dafür sprechen, dass der Übertragungsvertrag seinerseits aus dem Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers zur X-GmbH resultierte und daraus sich ergebende Vorteile zu Arbeitslohn führen15. Zudem sind Verfallklauseln für den Fall des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs neben anderen Gesichtspunkten als ein (weiteres) Indiz für die enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Dienstverhältnis und dem verbilligten Anteilsbezug heranzuziehen16.
Bei der Würdigung dieser Vertragsklauseln muss sich das Finanzgericht auch mit dem Vortrag der GmbH zu den Andienungsrechten der H-GmbH und der nach seiner Ansicht bestehenden Üblichkeit sog. „Change of Control“-Klauseln in Unternehmenskaufverträgen auseinander setzen und prüfen, inwieweit diese vertraglichen Vereinbarungen als Indizien gegen das Vorliegen von Arbeitslohn zu berücksichtigen sein können. Für die Veranlassung des Vorteils durch das Dienstverhältnis kann in diesem Zusammenhang allerdings der Ausschluss eines Verlustrisikos für den Arbeitnehmer sprechen17. Auch unter diesem Gesichtspunkt muss das in dem Vertrag vereinbarte Andienungsrecht der H-GmbH einer näheren tatrichterlichen Würdigung unterzogen werden.
Entscheidend ist, ob der Dritte (die Y-GmbH) den Vorteil, hier also die verbilligte Veräußerung des Geschäftsanteils an die H-GmbH, aus eigenwirtschaftlichem Interesse oder im Interesse des Arbeitgebers (der X-GmbH) gewährt und damit anstelle des Arbeitgebers die Arbeitsleistung des Geschäftsführers entgolten hat18. Hätte die H-GmbH, wenn der Geschäftsführer nicht Arbeitnehmer der X-GmbH gewesen wäre, für den Geschäftsanteil einen höheren Preis bezahlen müssen, spricht dieser Umstand indiziell dafür, dass die Ursache für den niedrigeren Preis (die Verbilligung) im Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers lag, der geldwerte Vorteil also „aus dem Dienstverhältnis“ resultierte19. Der Umstand, dass ein Vorteil nur Arbeitnehmern eines bestimmten Arbeitgebers eingeräumt wird, reicht -wie oben bereits dargelegt- für sich allein zwar noch nicht aus, um den Vorteil als Arbeitslohn anzusehen20. Als ein Indiz für das Vorliegen von Arbeitslohn ist er aber gleichwohl zu berücksichtigen. Dabei ist im Streitfall auch zu beachten, dass ein eigenwirtschaftliches Interesse der Y-GmbH an einer verbilligten Übertragung des fraglichen Geschäftsanteils nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht und dem Vortrag des Geschäftsführers nicht erkennbar ist. Im Interesse der Y-GmbH dürfte hiernach auch im Hinblick auf die Forderungen der finanzierenden Banken vielmehr ein möglichst hoher Kaufpreis für den Geschäftsanteil gelegen haben.
Dem Vorliegen von Arbeitslohn steht auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse der H-GmbH an dem (verbilligten) Erwerb des fraglichen Geschäftsanteils nicht entgegen. Steht der Vorteil im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis und stellt sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber dar, liegt Arbeitslohn bei einer Zahlung an einen Dritten auch dann vor, wenn der Dritte ebenfalls ein Interesse an dem Vorteil hat.
Nach diesen Maßstäben ist zu prüfen, ob der (verbilligte) Erwerb des Geschäftsanteils an der X-GmbH seitens der H-GmbH durch das Dienstverhältnis des Geschäftsführers zur X-GmbH veranlasst war oder auf anderen privatrechtlichen, insbesondere im Gesellschaftsverhältnis wurzelnden oder besonderen persönlichen Gründen beruhte.
Anhaltspunkte dafür, dass die Y-GmbH der vom Geschäftsführer beherrschten H-GmbH den Geschäftsanteil im Wege einer freigiebigen Zuwendung (Schenkung) überlassen hat21, sind im Streitfall nach den bisherigen Feststellungen des Finanzgericht allerdings nicht ersichtlich. Eine private Verbundenheit der Y-GmbH bzw. deren Gesellschafter mit dem Geschäftsführer bestand hiernach nicht. Es ist nicht erkennbar, dass die Y-GmbH den Willen hatte, die H-GmbH bzw. den Geschäftsführer als deren beherrschenden Gesellschafter freigiebig zu bereichern.
Sollte die Y-GmbH der vom Geschäftsführer beherrschten H-GmbH den (verbilligten) Erwerb des Geschäftsanteils nicht aus im Dienstverhältnis des Geschäftsführers (dann Zuwendung von Drittlohn), sondern aus im Gesellschaftsverhältnis zur X-GmbH wurzelnden Gründen gewährt haben, was unter den im Streitfall gegebenen Umständen nicht fernliegend erscheint, weist der Bundesfinanzhof für den zweiten Rechtsgang darauf hin, dass in einem solchen Fall eine Einlage der Y-GmbH in die X-GmbH anzunehmen wäre. Im Verhältnis der X-GmbH zur H-GmbH läge entweder eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor, die beim Geschäftsführer zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG führen kann, wenn die Gewährung des Vorteils durch das Gesellschaftsverhältnis der H-GmbH zur X-GmbH veranlasst war, oder (direkter) Arbeitslohn der X-GmbH an den Geschäftsführer, wenn mit der Vorteilsgewährung die Arbeitsleistung des Geschäftsführers entgolten werden sollte22. Prüfmaßstab für eine vGA ist insbesondere, ob die X-GmbH auch dritten Personen, die nicht deren Gesellschafter waren, unter sonst gleichen Umständen ebenfalls einen solchen (verbilligten) Anteilserwerb gestattet hat oder hätte23.
Das Finanzgericht hat daher Feststellungen zum Anlass und zu den Begleitumständen des Geschäftsanteilserwerbs zu treffen. Auch wenn es auf die subjektive Einschätzung der Beteiligten nicht ankommt, können deren Vorstellungen, insbesondere die des Arbeitgebers und im Streitfall auch die Vorstellungen der Y-GmbH, zur Erhellung des Geschehens herangezogen werden24.
Für den Fall, dass der Geschäftsführer durch den streitigen Geschäftsanteilserwerb entlohnt werden sollte, weist der Bundesfinanzhof auf Folgendes hin:
Der geldwerte Vorteil ist, da die hier streitigen Einnahmen nicht in Geld bestehen, nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG und damit mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort zu bestimmen. Zum Auffinden dieses Werts kann sich das Finanzgericht an § 11 BewG orientieren8. Der Wert des nicht unter § 11 Abs. 1 BewG fallenden Geschäftsanteils an der X-GmbH ist hiernach gemäß § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln. Der Geschäftsanteil ist folglich mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 9 Abs. 2 Satz 1, § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG). Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen25. Dem steht die im Streitjahr noch nicht geltende Vorschrift in § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 07.12 2006 nicht entgegen.
Bewertungsstichtag ist der Zeitpunkt, zu dem dem Steuer-pflichtigen (Arbeitnehmer) der Vorteil zufließt26. Dies ist im Streitfall der 18.12 2003, da die Übertragung des Geschäftsanteils nach Teil B Ziff. II. 1. des Vertrags vom 18.12 2003 mit sofortiger Wirkung erfolgte. Vereinbarte Verfügungsbeschränkungen oder Rückübertragungsansprüche stehen dem Zufluss nicht entgegen27.
Da das Finanzgericht bisher keine Feststellungen zum gemeinen Wert des Geschäftsanteils an der X-GmbH zu dem maßgeblichen Bewertungsstichtag getroffen hat, wird es auch diese Feststellung -soweit erforderlich- im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Sofern das Finanzgericht dabei zu der Erkenntnis gelangen sollte, dass sich der gemeine Wert des Geschäftsanteils nicht aus Verkäufen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (§ 9 Abs. 2 Satz 1, § 11 Abs. 2 Satz 2 1. Alternative BewG) ableiten lässt, die weniger als ein Jahr zurückliegen, wovon nach den derzeitigen Feststellungen des Finanzgericht mangels entsprechender Verkäufe auszugehen sein dürfte, kommt § 11 Abs. 2 Satz 2 2. Alternative BewG zur Anwendung. Der gemeine Wert des Geschäftsanteils ist dann unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der X-GmbH zu schätzen.
Dabei ist das Stuttgarter Verfahren, das von der Finanzverwaltung zunächst in den Vermögensteuer-Richtlinien, ab dem Jahr 1999 dann in R 96 ff. der Erbschaftsteuer-Richtlinien geregelt worden ist, für die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften vom Bundesfinankzhof in ständiger Rechtsprechung als geeignetes -wenn auch die Gerichte nicht bindendes- Schätzungsverfahren anerkannt worden28. Das Stuttgarter Verfahren ist auch für das Streitjahr noch anwendbar. Unter Auseinandersetzung mit dem Für und Wider des Stuttgarter Verfahrens hat der BFH stets daran festgehalten, dass die Schätzung im sog. Stuttgarter Verfahren ein brauchbares Hilfsmittel für die Ermittlung des gemeinen Werts nicht notierter Anteile darstellt29, ohne dass die Gerichte an die Ergebnisse des Stuttgarter Verfahrens wie an ein Gesetz gebunden sind.
Mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist von diesem Verfahren allerdings abzuweichen, wenn es in Ausnahmefällen aus besonderen Gründen des Einzelfalles zu nicht tragbaren, d.h. offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt30.
Da zwischen den Beteiligten streitig ist, ob das Stuttgarter Verfahren im vorliegenden Fall zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt, wird das Finanzgericht auf der Grundlage des nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen ermittelten Anteilswerts erforderlichenfalls auch zu prüfen haben, ob dem geldwerten Vorteil der nach dem Stuttgarter Verfahren berechnete Wert zugrunde gelegt werden kann oder ob die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens nach den vorgenannten Maßstäben im Streitfall ausgeschlossen ist. Eine solche Prüfung dürfte sich im Hinblick auf die von den Beteiligten vorgelegten Parteigutachten, die großen Abweichungen der dort jeweils ermittelten Unternehmenswerte und die erhebliche Abweichung dieser Werte von dem nach Lage der Akten nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Wert, den der Bundesfinanzhof mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen des Finanzgericht im vorliegenden Verfahren allerdings nicht berücksichtigen kann, geradezu aufdrängen.
Gibt es mehrere anerkannte, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Bewertungsmethoden, ist für die Überprüfung die Methode anzuwenden, die ein Erwerber des Geschäftsanteils der Bemessung des Kaufpreises zugrunde gelegt hätte31. Diese Beurteilung entspricht der Regelung in § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG i.d.F. des Art. 2 Nr. 2 des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24.12 200832. Dabei ist im Hinblick auf § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG in der für das Streitjahr (noch) geltenden Fassung eine Methode zu wählen, bei der die Bewertung unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft erfolgt. Sollte dem Finanzgericht für eine Anteilsbewertung nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen die erforderliche Sachkunde fehlen, wird es ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen haben.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. September 2016 – VI R 67/14
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 28.02.2013 – VI R 58/11, BFHE 240, 345, BStBl II 2013, 642; und vom 18.10.2012 – VI R 64/11, BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184, m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteile in BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184; und vom 20.05.2010 – VI R 41/09, BFHE 229, 346, BStBl II 2010, 1022; jeweils m.w.N.[↩]
- Schmidt/Krüger, EStG, 35. Aufl., § 19 Rz 73; Blümich/Geserich, EStG, § 19 Rz 228; Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 19 Rz B 300 ff.[↩]
- BFH, Urteil vom 07.05.2014 – VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 240, 345, BStBl II 2013, 642; und vom 17.07.2014 – VI R 69/13, BFHE 246, 363, BStBl II 2015, 41[↩]
- BFH, Beschluss vom 26.06.2014 – VI R 94/13, BFHE 246, 182, BStBl II 2014, 864[↩]
- BFH, Urteile vom 23.06.2005 – VI R 10/03, BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770; VI R 124/99, BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766; und vom 17.06.2009 – VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904[↩][↩]
- s. BFH, Urteil in BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904, und in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770[↩]
- z.B. BFH, Urteile in BFHE 246, 363, BStBl II 2015, 41; in BFHE 240, 345, BStBl II 2013, 642; in BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184, und in BFHE 229, 346, BStBl II 2010, 1022; jeweils m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 229, 346, BStBl II 2010, 1022[↩]
- s. BFH, Urteile in BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, und in BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184[↩]
- BFH, Urteile vom 19.06.2008 – VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826; und vom 20.11.2008 – VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382[↩]
- s. BFH, Urteile in BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766, und in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 114, 56, BStBl II 1975, 182[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184[↩]
- s. dazu BFH, Urteil vom 27.08.2014 – II R 43/12, BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241[↩]
- s. dazu auch BFH, Urteil in BFHE 246, 363, BStBl II 2015, 41[↩]
- zum Begriff der vGA s. z.B. BFH, Urteil vom 23.10.2013 – I R 60/12, BFHE 244, 256, BStBl II 2015, 413, ständige Rechtsprechung[↩]
- s. BFH, Urteil in BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904; Schmidt/Krüger, a.a.O., § 19 Rz 45; Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 19 Rz B 324; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 155[↩]
- dazu BFH, Urteil vom 29.07.2010 – VI R 30/07, BFHE 230, 413, BStBl II 2011, 68, m.w.N.[↩]
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile in BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904; in BFHE 230, 413, BStBl II 2011, 68; in BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382; in BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826; in BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766; in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770; BFH, Urteile vom 07.12 2004 – VIII R 70/02, BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468; und vom 24.01.2001 – I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 30.09.2008 – VI R 67/05, BFHE 223, 98, BStBl II 2009, 282, m.w.N.[↩]
- erstmals BFH, Urteil vom 19.12 1960 – III 396/58 S, BFHE 72, 241, BStBl III 1961, 92, unter II.; für ertragsteuerliche Zwecke z.B. BFH, Urteil vom 21.01.1993 – XI R 33/92, BFH/NV 1994, 12, unter II. 2.; BFH, Beschlüsse vom 15.10.2008 – X B 170/07, BFH/NV 2009, 167; vom 25.10.2007 – VIII B 109/06, BFH/NV 2008, 528; und vom 26.06.2007 – X B 69/06, BFH/NV 2007, 1707[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 07.12 1977 – II R 164/72, BFHE 124, 356, BStBl II 1978, 323; vom 12.03.1980 – II R 28/77, BFHE 130, 198, BStBl II 1980, 405; vom 06.02.1991 – II R 87/88, BFHE 163, 471, BStBl II 1991, 459; und vom 20.09.2000 – II R 61/98, BFH/NV 2001, 747; BFH, Beschluss vom 16.05.2003 – II B 50/02, BFH/NV 2003, 1150[↩]
- BFH, Urteile vom 17.05.1974 – III R 156/72, BFHE 112, 510, BStBl II 1974, 626, unter 2.; vom 26.01.2000 – II R 15/97, BFHE 191, 393, BStBl II 2000, 251, unter II.A.01.; vom 11.01.2006 – II R 76/04, BFH/NV 2006, 1257, unter II. 1.a; vom 12.07.2006 – II R 75/04, BFHE 213, 215, BStBl II 2006, 704; und vom 01.02.2007 – II R 19/05, BFHE 215, 508, BStBl II 2007, 635; BFH, Beschluss in BFH/NV 2007, 1707[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241[↩]
- BGBl I 2008, 3018[↩]