Vermietungen – und die Frage der Einkünfteerzielungsabsicht

Die Einkünfteerzielungsabsicht in Form der Überschusserzielungsabsicht ist als das subjektive Tatbestandsmerkmal in § 21 EStG einkunftsart- und bereichsspezifisch ausgestaltet:

Vermietungen – und die Frage der Einkünfteerzielungsabsicht
  • Bei einer auf Dauer angelegten, auf Wohnimmobilien bezogenen Vermietungstätigkeit ist typisierend vom Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen.
  • Demgegenüber gilt bei Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen (sog. „Gewerbeimmobilien“), die Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht; hier muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt hat, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

Die Einkünfteerzielungsabsicht in Form der Überschusserzielungsabsicht ist als das subjektive Tatbestandsmerkmal in § 21 EStG -welches sich entgegen der Auffassung der Eigentümerin nicht aus der für (gewerbliche) Gewinneinkünfte geltenden Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, sondern aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG erschließt1- einkunftsart- und bereichsspezifisch ausgestaltet. Demgegenüber hat die Einkünfteerzielungsabsicht in ihrer spezifischen Form der Gewinnerzielungsabsicht gemäß § 15 Abs. 2 EStG eine andere Zielrichtung (Steuerbarkeit der Vermögensebene) als die Überschusserzielungsabsicht2.

Wie der Bundesfinanzhof  aus einer teleologischen Auslegung des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gefolgert hat, ist bei einer auf Dauer angelegten, auf Wohnimmobilien bezogenen Vermietungstätigkeit typisierend vom Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Ob der Steuerpflichtige tatsächlich einen Totalüberschuss erzielt, ist unerheblich, denn zu einer dies überprüfenden Prognose kommt es nicht. Demgegenüber gilt bei Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen (sog. „Gewerbeimmobilien“), die Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht3; hier muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt hat, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Den Steuerpflichtigen trifft insoweit die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht4.

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Weiter gehende subjektive Elemente -wie etwa die Motivlage des Steuerpflichtigen bei der Hinnahme von (ggf. vorübergehenden) Werbungskostenüberschüssen- sind nicht Bestandteil der einkunftsart- und bereichsspezifisch ausgestalteten Einkünfteerzielungsabsicht im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Das BFH, Urteil in BFHE 240, 258, BStBl II 2013, 436 besagt entgegen der Auffassung der Eigentümerin nichts anderes; soweit der Bundesfinanzhof in Rz 18 dieser Entscheidung auf die Motivlage des Steuerpflichtigen eingegangen ist, ging es im maßgeblichen Zusammenhang jenes Streitfalls nur um die Indizwirkung von Einzelfallumständen bei der Beantwortung der Frage, ob der Steuerpflichtige -als gewerblicher Zwischenmieter- die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich eines bestimmten -leerstehenden- Objekts erkennbar   aufgenommen   und sie später   nicht aufgegeben   hat5.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29. März 2022 – IX B 18/21

  1. s. BFH, Urteil vom 28.11.2007 – IX R 9/06, BFHE 220, 63, BStBl II 2008, 515[]
  2. zur Dogmatik s. näher BFH, Urteil vom 09.03.2011 – IX R 50/10, BFHE 232, 527, BStBl II 2011, 704; Brandis/Heuermann/Schallmoser, § 21 EStG Rz 150; Heuermann, DStZ 2010, 825[]
  3. BFH, Urteile vom 19.02.2019 – IX R 16/18, BFH/NV 2019, 804; vom 17.04.2018 – IX R 9/17, BFHE 261, 400, BStBl II 2019, 219; vom 09.10.2013 – IX R 2/13, BFHE 244, 247, BStBl II 2014, 527; und vom 19.02.2013 – IX R 7/10, BFHE 240, 258, BStBl II 2013, 436[]
  4. BFH, Urteile vom 20.07.2010 – IX R 49/09, BFHE 230, 385, BStBl II 2010, 1038; in BFHE 244, 247, BStBl II 2014, 527, und in BFHE 240, 258, BStBl II 2013, 436[]
  5. s. insbesondere BFH, Urteil in BFHE 240, 258, BStBl II 2013, 436, Leitsatz 2[]
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