Der sog. Vorbezug aus einer privaten schweizerischen Pensionskasse ist im Anwendungsbereich des AltEinkG als andere Leistung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerpflichtig, soweit ein Anteil des obligatorischen Altersguthabens ausgezahlt wird1. Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 EStG sind in diesem Fall nicht erfüllt.

Die Auszahlung eines Vorbezugs kann gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der bis zum 31.12 2004 geltenden Fassung steuerfrei sein, soweit das überobligatorische Altersguthaben samt des darin enthaltenen Zinsanteils zur Auszahlung gelangt.
Auch nach Inkrafttreten des AltEinkG sind obligatorische Arbeitgeberbeiträge zu einer privaten schweizerischen Pensionskasse sowie Arbeitgeberleistungen zur schweizerischen Alters- und Hinterlassenen- und Invalidenversicherung gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei. Überobligatorische Arbeitgeberbeiträge zu einer schweizerischen Pensionskasse sind als Beiträge i.S. des § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG innerhalb der Grenzen des § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG steuerfrei; auf die danach steuerfreien Arbeitgeberleistungen sind die gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfreien Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers anzurechnen2.
Nach den in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist für die Einordnung von Einmalzahlungen aus ausländischen Rentenversicherungen entwickelten Kriterien die Auszahlung des auf das Obligatorium entfallenden Sparguthabens aus einer privaten schweizerischen Pensionskasse als andere Leistung aus einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerbar. Dies hat auch der X. Bundesfinanzhof bereits für einen Teil-Vorbezug entschieden, der aus dem Freizügigkeitskonto einer schweizerischen Freizügigkeitsstiftung geleistet worden war3.
Im Streitfall unterscheiden sich die Pensionskasse des Grenzgängers und die von dieser als gewährten Leistungen hinsichtlich ihrer Art, der Struktur und der Ausgestaltung nur unwesentlich von dem Sachverhalt, den der Bundesfinanzhof im Verfahren – VIII R 38/10 vom 26.11.2014 im Hinblick auf die Kapitalabfindung eines Rentenanspruchs zu beurteilen hatte. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Bundesfinanzhof daher von einer ausführlichen Darstellung der Vergleichbarkeitskriterien ab und nimmt auf diese Entscheidung Bezug.
Das Finanzgericht hat unter Anwendung dieser Vergleichskriterien zutreffend die Umstände des Streitfalls in der Weise gewürdigt, dass die Absicherung im obligatorischen Bereich der Pensionskasse einer inländischen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist. Wie das Finanzgericht festgestellt hat, bestand hinsichtlich des Obligatoriums ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis des Grenzgängers zur Pensionskasse, das neben der Absicherung über die AHV/IV wie eine Basisversicherung durch Gewährung einer Altersrente der Existenzsicherung im Alter diente. Der Beitritt zur Pensionskasse war für alle Mitarbeiter der K-AG obligatorisch. Die Mitgliedschaft in der Pensionskasse endete, wenn das Arbeitsverhältnis aus einem anderen Grund als Invalidität oder Pensionierung beendet wurde. Die Pensionskasse gewährte dem Grenzgänger als Hauptleistung auf Grundlage des Reglements eine Altersrente und sicherte ihn gegen Invalidität und dessen Nachkommen gegen den Tod des Grenzgängers vor Erreichen der Altersrente ab. Der Anspruch auf Altersrente entstand nach Vollendung des 65. Lebensjahres, welches das sog. ordentliche Rücktrittsalter nach dem Reglement bildete und erlosch am Ende des Monats, in dessen Verlauf der Anspruchsberechtigte verstarb. Endete das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 60. Lebensjahres und dem ordentlichen Rücktrittsalter, erfolgte eine Beitragsfreistellung und es bestand ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf eine Altersrente, falls nicht bestimmte Ausnahmetatbestände erfüllt waren. Auf Grundlage dieses öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses bestanden eine gesetzliche Beitragspflicht sowohl des Arbeitgebers als auch des Grenzgängers. Die Pensionskasse selbst hatte für das obligatorische und das überobligatorische Sparguthaben eine Schattenrechnung zu führen, um diese abzugrenzen.
Die von der Pensionskasse neben oder anstatt des Bezugs der Altersrente gewährten Möglichkeiten, Kapitalauszahlungen in Form von Austrittsleistungen, des Vorbezugs und der Hälfte des obligatorischen Sparguthabens beanspruchen zu können, welche im deutschen Recht in dieser Form für eine gesetzliche Rentenversicherung nicht bekannt sind, betreffen nur Randbereiche und stellen aufgrund der öffentlich-rechtlichen Struktur des Versicherungsverhältnisses die Vergleichbarkeit der obligatorischen Absicherung in der Pensionskasse mit einer inländischen gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Frage.
Steuerfrei sind im Streitjahr nach § 3 Nr. 3 EStG Kapitalabfindungen aufgrund der gesetzlichen Rentenversicherung und aufgrund der Beamten-(Pensions-)Gesetze. Nach der Rechtsprechung des X. Bundesfinanzhofs, der der Bundesfinanzhof folgt, ist die Anwendung des § 3 Nr. 3 EStG auf eine Kapitalleistung einer ausländischen Rentenversicherung nur gerechtfertigt, wenn sich die Leistungen im Wesentlichen entsprechen und demselben Zweck dienen. Kapitalabfindungsansprüche der deutschen Versorgungssysteme sind dadurch gekennzeichnet, dass sie den Wegfall bestehender Renten- oder Versorgungsansprüche kompensieren4. Auf dieser Grundlage hat der X. Bundesfinanzhof Austrittsleistungen zur Abfindung des Altersguthabens von einer schweizerischen Pensionskasse an einen Steuerpflichtigen, der mangels Erreichens der Altersgrenze noch keinen Rentenanspruch gegen die Pensionskasse geltend machen konnte, nicht als eine steuerbefreite Kapitalabfindung gemäß § 3 Nr. 3 EStG beurteilt, die für den Verlust eines bestehenden Anspruchs auf Versorgungsleistungen gewährt worden ist, sondern als einen besonderen „Auszahlungsmodus von erworbenen Ansprüchen bis zum Ausscheidenszeitpunkt“ aus der Pensionskasse beurteilt5. Auch für einen Vorbezug, der zur Wohnraumförderung von einer Freizügigkeitsstiftung gezahlt wurde und somit keine Abfindung eines schon bestehenden Rentenanspruchs des Empfängers beinhaltete, hat der X. Bundesfinanzhof die Steuerbefreiung verneint6. Dem schließt sich der Bundesfinanzhof an.
Der Vorbezug im Streitfall ist keine Kapitalabfindung eines bestehenden Rentenanspruchs, sondern ebenfalls nur ein besonderer Auszahlungsmodus von erworbenen Ansprüchen bis zum Zeitpunkt des Bezugs der Zahlung. Nach den getroffenen Feststellungen sind im vorliegenden Fall die Inanspruchnahme eines Vorbezugs oder die Verpfändung künftiger Leistungsansprüche im Streitfall keine Leistungen aufgrund des Eintritts eines reglementarischen Vorsorgefalls, da die Leistung weder aufgrund des Alters, Todes oder der Invalidität des Anspruchsberechtigten gewährt wurde. Zwar wird die Wohnraumförderung durch die Pensionskasse als Bestandteil der betrieblichen Altersvorsorge im weiteren Sinne angesehen, da der Besitz eigenen Wohneigentums wie eine spätere Rente nach den Leitgedanken des schweizerischen Rechts Vorsorgefunktion hat und mit einer endgültigen Kürzung des Rentenanspruchs bei Erreichen der Altersgrenze einhergeht, wenn der Grenzgänger die reglementarischen Möglichkeiten zur Rückzahlung des Vorbezugs bis zum Erreichen der reglementarischen Altersgrenze nicht nutzt. Dass der Vorbezug auch zur Absicherung im Alter beitragen kann, reicht jedoch nicht aus, um den Vorbezug als Kapitalabfindung eines bereits bestehenden Rentenanspruchs einzuordnen.
Die unter der Geltung des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 05.07.20047 gegenüber der früheren Behandlung durch die Baden-Württembergische Finanzverwaltung geänderte Beurteilung, die im Streitfall nunmehr zur Steuerpflicht des obligatorischen Teils des Vorbezugs führt, verstößt weder gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben8.
Der gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerpflichtige obligatorische Vorbezug von 10.484 EUR ist, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuern9.
Vorliegend beurteilt der Bundesfinanzhof den ausgezahlten überobligatorischen Vorbezug -entgegen der Auffassung des Finanzamt und des BMF- als eine steuerfreie Auszahlung aus einer privaten Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004.
Wie der Bundesfinanzhof in einem weiteren Urteil vom gleichen Tag10 für die Einmalzahlungen aus einer schweizerischen privaten Pensionskasse dargelegt hat, gebietet der eigenständige privatrechtliche und freiwillige Charakter des überobligatorischen Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und einer privatrechtlichen Pensionskasse, dieses Verhältnis nicht nur als Annex zur öffentlich-rechtlichen obligatorischen Pflichtmitgliedschaft in der Pensionskasse, sondern als privatrechtliche Rechtsbeziehung anzusehen, die hinsichtlich ihrer Besteuerungsfolgen eigenständig zu würdigen ist11.
Nicht zu beanstanden ist für den Bundesfinanzhof ferner, dass das überobligatorische Vorsorgeverhältnis des Grenzgängers zur Pensionskasse im Streitfall nicht als Rechtsverhältnis zu einer „Pensionskasse“ i.S. des § 22 Nr. 5 i.V.m. § 3 Nr. 63 EStG beurteilt wurde. Im Urteil vom 26.11.201410 hat der Bundesfinanzhof näher ausgeführt, dass die Auszahlungsmöglichkeiten, die das Reglement der Pensionskasse dem Grenzgänger vor Eintritt eines Versorgungsfalls gewährte, die Vergleichbarkeit des überobligatorischen Vorsorgeverhältnisses mit einer von §§ 3 Nr. 63, 22 Nr. 5 EStG erfassten inländischen Pensionskassenzusage ausschließen können, da für inländische Pensionskassenzusagen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung prägend ist, dass die Leistungspflicht erst durch Eintritt eines Vorsorgefalls (Alter, Tod, Invalidität) ausgelöst wird. Der Bundesfinanzhof sieht sich auch im Streitfall gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die Würdigung des Finanzgericht gebunden, dass die im Streitfall bestehenden Auszahlungsansprüche vor Erreichen der reglementarischen Altersgrenze so gewichtig sind, dass sie die Vergleichbarkeit ausschließen.
Für Kapitalerträge aus Versicherungsverträgen, die vor dem 1.01.2005 abgeschlossen wurden, ist § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 unter den in § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG enthaltenen Voraussetzungen weiterhin anzuwenden.
Da der Grenzgänger hier bereits vor dem 1.01.2005 der Pensionskasse der K-AG angehörte und Beiträge gezahlt hatte, findet die Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 im Streitfall Anwendung. Maßgeblich für die Anwendung der Steuerbefreiung auf Kapitalerträge aus ausländischen Renten- und Kapitalversicherungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 ist, ob der Versicherungsvertrag generell zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 begünstigten Vertragstypen gehört12. Zu den dort genannten Vertragstypen gehören u.a. gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2004 Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil, wenn der Vertrag für die Dauer von mindestens zwölf Jahren abgeschlossen worden ist.
Entscheidend ist, dass der ausländische Vertrag unter den im Gesetz erfassten Versicherungstypus fällt, die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs nach dieser Vorschrift müssen hingegen -entgegen der Auffassung des Finanzamt und des BMF- für die Steuerbefreiung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 nach dem BFH, Urteil in BFHE 211, 436, BStBl II 2006, 365 nicht vollständig erfüllt sein13.
Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2004 sind im Streitfall erfüllt.
Es stand auch bei der überobligatorischen Absicherung die Leistungsart der Rente im Vordergrund; die Absicherung war insgesamt als „gemischte Versicherung“ ausgestaltet, da neben dem Erlebens- auch das Todesfall- und das Invaliditätsrisiko des Grenzgängers vor dem Erreichen der reglementarischen Altersgrenze für den Bezug einer Altersrente abgedeckt waren und die Versicherung ein Kapitalwahlrecht gewährte (siehe oben zum Obligatorium; dieselben Leistungen wurden im Überobligatorium gewährt). Zudem wurden entsprechend § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2004 auch laufende Beiträge durch den Grenzgänger; und vom Arbeitgeber nicht steuerbefreite Zukunftssicherungsleistungen gemäß § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG gezahlt; diese sind wie Eigenbeiträge des Grenzgängers zu behandeln. Damit war die Vorsorgevereinbarung des Grenzgängers mit der Pensionskasse über die überobligatorische Versicherung vom Typus der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2004 genannten Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht erfasst.
Nicht schädlich für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 ist nach dem BFH, Urteil in BFHE 211, 436, BStBl II 2006, 365 und dem BFH, Urteil vom 26.11.201414, dass zwischen dem Grenzgänger und der Pensionskasse das Kapitalwahlrecht nicht für zwölf Jahre seit Vertragsabschluss ausgeschlossen war (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2004) und die Pensionskasse nicht über die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG verfügte. Ausreichend ist, dass der Grenzgänger den Vorbezug erst nach zwölf Jahren erhalten hat. Auf die Ausführungen hierzu im Urteil vom 26.11.201414 wird Bezug genommen.
Die mit dem überobligatorischen Vorbezug ausgezahlten Zinsen sind aber nicht aufgrund eines Versicherungsfalls i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 geleistet worden. Denn der Vorbezug wurde vorliegend gerade nicht aufgrund des Eintritts eines der reglementarischen Versorgungsfälle Alter, Tod oder Invalidität geleistet15. Nach dem BFH, Urteil in BFHE 211, 467, BStBl II 2006, 251 sind jedoch ausgezahlte Zinsen auch bei anschließender Weiterführung einer unter die Norm fallenden Versicherung entsprechend § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerbefreit, wenn im Zeitpunkt der Auszahlung die zwölfjährige Haltedauer erfüllt ist. Dies war hier der Fall, da der Grenzgänger seit 1992 in den Pensionskassen früherer Arbeitgeber und der K-AG überobligatorisch versichert war.
Der Bundesfinanzhof sieht es dabei vorliegend als unschädlich an, dass der Grenzgänger bei Erhalt des Vorbezugs nicht zwölf Jahre der Pensionskasse der K-AG angehörte (Eintritt im Jahr 2001).
Auf Grundlage der in diesem Zusammenhang erforderlichen Vergleichbarkeitsprüfung zwischen den Modifikationen ausländischer Versicherungsverträge mit der Modifikation inländischer Versicherungsverträge ist zu beachten, dass der Grenzgänger im System der schweizerischen überobligatorischen Absicherung bei Wechsel eines Arbeitgebers in der Schweiz das erworbene überobligatorische Altersguthaben als Austrittsleistung erhielt und als Eintrittsleistung in die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers nach den schweizerischen gesetzlichen Vorgaben einzubringen hatte.
In diesem Zusammenhang sieht auch die Rechtsprechung des BFH die Auszahlung einer Freizügigkeitsleistung bei Ausscheiden aus der Pensionskasse eines Arbeitgebers und Wiedereinzahlung in die Pensionskasse eines neuen Arbeitgebers als Instrument zur Gewährleistung der Portabilität von Anwartschaften an, was regelmäßig nicht zum Zufluss der ausgezahlten Beträge führt16. Daher ist es gerechtfertigt, im Hinblick auf die Steuerbefreiung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 die nach dem schweizerischen Recht zwingend aneinander anknüpfenden überobligatorischen Mitgliedschaften in verschiedenen Pensionskassen als einheitliches Vorsorge- und Versicherungsverhältnis anzusehen, wenn die einzelnen Vorsorgeverträge ihrem Inhalt und wirtschaftlichen Gehalt nach (bezogen auf Laufzeit, Beitragszahlungsdauer, Höhe des koordinierten Lohns bzw. des versicherten Lohns, die Gewährung normierter Leistungen bei Alter, Tod und Invalidität) unverändert geblieben sind. Dieser Prüfung unterliegen nach dem BFH, Urteil vom 06.07.2005 – VIII R 71/0417 auch inländische Versicherungsverträge im Fall einer Abänderung. Das Finanzgericht hat im Streitfall nach dieser Vorgabe festgestellt, dass die einzelnen Vorsorgeverträge des Grenzgängers ihrem Inhalt und wirtschaftlichen Gehalt nach unverändert waren.
Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten -hier in die AHV/IV und die Pensionskasse- erfolgt, sind im Zeitpunkt der Beitragsleistung durch den Arbeitgeber Arbeitslohn, wenn sich der Vorgang -wirtschaftlich betrachtet- so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer diese „Eigenbeiträge“ zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer -wie im Streitfall dem Grenzgänger- gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, unentziehbare Rechtsansprüche auf Leistung zustehen18. Spätere Auszahlungen der Pensionskasse führen daher im Streitfall auch nicht zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit19.
Zur Steuerfreistellung von Arbeitgeberbeiträgen in schweizerische Pensionskassen hat der VI. Bundesfinanzhof für die Streitjahre bis einschließlich 2001 entschieden, obligatorische Arbeitgeberbeiträge zu einer schweizerischen Pensionskasse sowie Arbeitgeberleistungen auf Grundlage der schweizerischen AHV/IV seien gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei. Überobligatorische Arbeitgeberbeiträge zu einer schweizerischen Pensionskasse seien hingegen als Beiträge i.S. des § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG innerhalb der Grenzen des § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG steuerfrei; auf die danach steuerfreien Arbeitgeberleistungen seien die gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfreien Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers anzurechnen20.
Der Bundesfinanzhof ordnet nur das Obligatorium einer schweizerischen (privatrechtlichen) Pensionskasse neben der AHV/IV als gesetzliche Rentenversicherung mit einer gesetzlichen Beitragspflicht ein und betrachtet das Überobligatorium einer schweizerischen privatrechtlichen Pensionskasse als eigenständiges privatrechtliches Rechtsverhältnis. Damit ist für die Steuerfreistellung der Arbeitgeberbeiträge gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 und Satz 4 EStG im Streitjahr auch nach dem Inkrafttreten des AltEinkG wie im BFH, Urteil in BFHE 243, 210 zwischen der Behandlung von Arbeitgeberbeiträgen in das Obligatorium und in das Überobligatorium zu unterscheiden. Auf Basis der bindenden Feststellung des Finanzgericht, dass nur die in die AHV/IV und das Obligatorium geleisteten Arbeitgeberbeiträge auf einer gesetzlichen Verpflichtung nach dem schweizer Recht beruhen, führt dies im Streitfall nur zu einer Steuerfreistellung der Arbeitgeberbeiträge gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG in die AHV/IV und das Obligatorium der Pensionskasse.
Daher ist der Bundesfinanzhof von gesetzlichen Arbeitgeberpflichtbeiträgen in das Obligatorium der Pensionskasse und die AHV/IV in Höhe von 3.076 CHF + 4.192 CHF = 7.268 CHF ausgegangen, die es als steuerfreie Arbeitgeberbeiträge gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG beurteilt hat. Die in das Überobligatorium geleisteten Arbeitgeberbeiträge in Höhe von 3.087 CHF hat das Finanzgericht zu Recht insgesamt nicht gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG als steuerfrei angesehen; zudem hat es eine Steuerfreistellung dieser Beiträge gemäß § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG verneint. § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG befreit zwar nach dem BFH, Urteil in BFHE 243, 210 überobligatorische Arbeitgeberbeiträge wie im Streitfall. Denn der Arbeitgeber des Grenzgängers entrichtete 3.087 CHF in die Pensionskasse für den bei ihr in der Schweiz beschäftigten Grenzgänger. Überdies leistete er für den Grenzgänger keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Inland, weil dieser wegen seiner Beschäftigung in der Schweiz nicht der inländischen gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterlag. Allerdings sind gemäß § 3 Nr. 62 Satz 4 2. Halbsatz EStG auf diese dem Grunde nach steuerfreien überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge die Zukunftssicherungsleistungen anzurechnen, die der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen erbracht hat. Dies sind im Streitfall Arbeitgeberbeiträge in Höhe von 7.268 CHF in das Obligatorium und die AHV/IV, sodass eine Steuerfreistellung des gesamten Arbeitgeberbeitrags in das Überobligatorium gemäß § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG im Streitfall nicht in Betracht kommt.
Zwar gilt nach § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG auch § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG entsprechend, gilt, nach dem nicht auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhende Zukunftssicherungsleistungen im Sinne des Satzes 2 der Vorschrift nicht höher sein dürfen, als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei einer Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung zu zahlen wäre. Normzweck der Regelung ist neben der Gleichstellung mit inländischen Arbeitnehmern, die im Inland versichert sind, auch die Vermeidung einer Überprivilegierung von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern, indem die Steuerfreiheit der für diese geleisteten freiwilligen Arbeitgeberleistungen nur auf solche Ausnahmefälle beschränkt sein soll, in denen verpflichtend zu erbringende Zukunftssicherungsleistungen lediglich eine Grundversorgung gewährleisten und insgesamt Arbeitgeberbeiträge in Höhe der steuerfrei gestellten inländischen gesetzlich geschuldeten Arbeitgeberbeiträge nicht erreichen21.
Aus diesem Normzweck folgt aber nicht, dass im Ergebnis stets nach ausländischem Recht gesetzlich geschuldete und gleichgestellte Arbeitgeberbeiträge in eine schweizerische Pensionskasse in der Höhe steuerfrei zu belassen sind, die dem steuerfreien Arbeitgeberanteil bei einer Versicherungspflicht in der allgemeinen inländischen Rentenversicherung entsprechen. § 3 Nr. 62 Satz 1 und Satz 4 EStG lassen eine solche Auslegung nicht zu. Satz 1 der Vorschrift knüpft an den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt, mithin an die nach schweizer Recht auf gesetzlicher Grundlage tatsächlich geschuldeten (obligatorischen) Arbeitgeberbeiträge in die Pensionskasse und die AHV/IV an; weitergehende (überobligatorische) „gleichgestellte“ Arbeitgeberbeiträge in die Pensionskasse sind nach Satz 4 i.V.m. Satz 2 und Satz 3 der Regelung ohne Ausnahme nur unter Anrechnung der regelmäßig höheren gesetzlich geschuldeten obligatorischen Arbeitgeberbeiträge bis maximal zur Höhe der steuerfreien Arbeitgeberbeiträge bei einer inländischen Rentenversicherungspflicht abzugsfähig.
Nach dem Wortlaut der Regelung könnte dem Grenzgänger also nur durch eine Auslegung von § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG in der Weise geholfen werden, dass ein Teilbetrag der überobligatorischen nicht gesetzlich geschuldeten Arbeitgeberbeiträge in Höhe von 1.072 CHF „wie“ ein gesetzlich geschuldeter steuerfrei gestellter Arbeitgeberbeitrag gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG behandelt wird, wenn die gesetzlich geschuldeten Arbeitgeberbeiträge nicht die Höhe freigestellter Arbeitgeberbeiträge bei einer inländischen Rentenversicherungspflicht erreichen. Bei dieser Auslegung wäre der Teilbetrag von 1.072 CHF auch der Anrechnung des § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG entzogen. Einer solchen Subsumtion nicht gesetzlich geschuldeter überobligatorischer Arbeitgeberbeiträge unter Satz 1 der Regelung steht jedoch der Wortlaut der Norm entgegen, der klar zwischen „gesetzlich geschuldeten“ Arbeitgeberbeiträgen in Satz 1 und allen anderen nicht gesetzlich geschuldeten „gleichgestellten“ Arbeitgeberbeiträge in die Pensionskasse unterscheidet, die der Anwendung der Sätze 2 bis 4 unterliegen.
Ebenfalls verneint der Bundesfinanzhof eine Steuerfreistellung der überobligatorischen Beiträge gemäß § 3 Nr. 63 EStG verneint. Die Regelung in § 3 Nr. 62 Satz 1 und Satz 4 EStG ist nach der Rechtslage im Streitjahr -vor den Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12 200822- jedenfalls für Beiträge eines ausländischen Arbeitgebers in eine ausländische Pensionskasse für einen nicht der inländischen Rentenversicherungspflicht unterliegenden Arbeitnehmer die gegenüber § 3 Nr. 63 EStG speziellere Vorschrift23.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. November 2014 – VIII R 39/10
- Anschluss an BFH, Entscheidungen vom 25.03.2010 – X B 142/09, BFH/NV 2010, 1275; vom 20.08.2014 – I R 83/11, BFH/NV 2015, 20[↩]
- Anschluss an das BFH, Urteil vom 24.09.2013 – VI R 6/11, BFHE 243, 210[↩]
- BFH, Beschluss vom 25.03.2010 – X B 142/09, BFH/NV 2010, 1275, unter Rz 24 ff.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 23.10.2013 – X R 33/10, BFHE 243, 332, BStBl II 2014, 103, unter Rz 43 bis 45[↩]
- siehe Rz 45 des BFH, Urteils in BFHE 243, 332, BStBl II 2014, 103[↩]
- BFH, Beschluss in BFH/NV 2010, 1275, unter Rz 40 bis 42[↩]
- BGBl I 2004, 1427, BStBl I 2004, 554[↩]
- vgl. hierzu BFH, Urteil in BFHE 243, 332, BStBl II 2014, 103, unter Rz 48 ff.[↩]
- siehe BFH, Urteil in BFHE 243, 332, BStBl II 2014, 103, unter Rz 59 ff.[↩]
- BFH, Urteil vom 26.11.2014 – VIII R 38/10[↩][↩]
- zustimmend zu dieser „Trennungsbetrachtung“ siehe Miessl, IStR 2013, 850 ff.; ders., Betriebs-Berater 2011, 2711, 2713; ders., IStR 2007, 883, 888; für eine „Einheitsbetrachtung“ Decker/Looser, NWB Heft 2006, Fach 3, S. 14099, 14102; Myßen/Finckh, NWB Heft 2006, Fach 3, S. 14159, 14181[↩]
- siehe BFH, Urteil vom 01.03.2005 – VIII R 47/01, BFHE 211, 436, BStBl II 2006, 365[↩]
- siehe auch BFH, Urteile vom 26.11.2014 – VIII R 31/10 und – VIII R 38/10[↩]
- BFH, Urteil vom 26.11.2014 – VIII R 31/10[↩][↩]
- siehe dazu BFH, Urteil vom 12.10.2005 – VIII R 87/03, BFHE 211, 467, BStBl II 2006, 251, unter II. 1.c[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 13.11.2012 – VI R 20/10, BFHE 239, 399, BStBl II 2013, 405[↩]
- BFHE 210, 326, BStBl II 2006, 53[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 11.12 2008 – VI R 9/05, BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385; vom 24.09.2013 – VI R 6/11, BFHE 243, 210 für schweizerische Pensionskassen[↩]
- vgl. z.B. BFH, Entscheidungen vom 06.10.2010 – VI R 15/08, BFH/NV 2011, 39 zu „Taggeldern“ aus einer schweizerischen Invalidenversicherung für einen Grenzgänger; vom 15.11.2007 – VI R 30/04, BFH/NV 2008, 550 zu Krankentagegeldern aus einer schweizer Betriebskrankenkasse; in BFHE 239, 399, BStBl II 2013, 405, unter II. 2.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 243, 210[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 243, 210, unter Rz 24 mit Hinweis auf BT-Drs. 8/2501, 18; von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 62 Rz B 62/79; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach -HHR-, § 3 Nr. 62 EStG Rz 8[↩]
- BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74[↩]
- vgl. auch HHR/Bergkemper, § 3 Nr. 62 EStG Rz 2 und 5; § 3 Nr. 63 EStG Rz 5[↩]