Löst ein Steuerpflichtiger seine Darlehensschuld vorzeitig ab, um sein bisher vermietetes Objekt lastenfrei übereignen zu können, kann er die dafür an den Darlehensgeber zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall veräußerte die Klägerin e ein von ihr im Jahre 1999 erworbenes und seitdem vermietetes Immobilienobjekt im Jahr 2010. Im Veräußerungsvertrag hatte sich die Klägerin zur lastenfreien Übertragung des Grundstückes verpflichtet. Im Zuge der Ablösung einer Restschuld aus den zur Finanzierung der Anschaffungskosten des Objekts aufgenommenen Darlehen hatte die Klägerin Vorfälligkeitsentschädigungen zu leisten, die sie im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte. Das Finanzamt berücksichtigte die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als Werbungskosten. Der Bundesfinanzhof bestätigte nun diese Ansicht des Finanzamts:
Schuldzinsen, die mit Einkünften in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, zählen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes zu den Werbungskosten. Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung; denn diese ist Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital. Im Streitfall konnte die Klägerin die geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen gleichwohl nicht bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen; es fehlte insoweit an einem wirtschaftlichen Zusammenhang (sog. Veranlassungszusammenhang) mit steuerbaren Einkünften. Zwar beruht eine Vorfälligkeitsentschädigung auf dem ursprünglichen Darlehen, das mit Blick auf die Finanzierung der Anschaffungskosten einer fremdvermieteten Immobilie aufgenommen wurde. Jedoch ist das für die Annahme eines Veranlassungszusammenhangs maßgebliche „auslösende Moment“ nicht der seinerzeitige Abschluss des Darlehensvertrags, sondern gerade dessen vorzeitige Ablösung. Diese mit der Darlehensgläubigerin vereinbarte Vertragsanpassung hat die Klägerin aber nur vorgenommen, weil sie sich zur lastenfreien Veräußerung des Grundstücks verpflichtet hatte. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht daher gerade nicht zwischen der Vorfälligkeitsentschädigung und der vormaligen Vermietung der Immobilie, sondern zwischen der Vorfälligkeitsentschädigung und der Veräußerung der Immobilie.
Der Bundesfinanzhof betont in seinem aktuellen Urteil, dass auch seine aktuelle Rechtsprechung zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen1 an diesem Ergebnis nichts zu ändern vermochte. Denn die Klägerin konnte die im Veräußerungszeitpunkt noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten vollständig durch den aus der Veräußerung der Immobilie erzielten Erlös tilgen.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen; sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Zu den Werbungskosten zählen auch Schuldzinsen, soweit sie mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Maßgeblich ist insoweit, ob die Darlehensvaluta, auf die Schuldzinsen gezahlt werden, zur Erzielung von Vermietungseinkünften aufgenommen und tatsächlich verwendet worden ist; ein bloßer rechtlicher Zusammenhang reicht nicht aus2.
Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung3. Denn Vorfälligkeitsentschädigungen sind ein Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital4.
Nach diesen Maßstäben ist der begehrte Abzug der Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten wegen des fehlenden wirtschaftlichen Zusammenhangs mit der Vermietungstätigkeit der Klägerin zu versagen.
Nach den oben genannten Grundsätzen ist die Vorfälligkeitsentschädigung zwar Bestandteil der auf die (verkürzte) Gesamtlaufzeit des Kredits bezogenen Gegenleistung des Darlehensnehmers für die Inanspruchnahme des Fremdkapitals; sie beruht mithin -ebenso wie die vertraglich vereinbarten Darlehenszinsen- auf dem Darlehensvertrag als Rechtsgrund. Allerdings ist die Vorfälligkeitsentschädigung wirtschaftlich gesehen das Ergebnis einer auf vorzeitige Kreditablösung gerichteten Änderung des Darlehensvertrages. Erst mit dieser Modifizierung des Vertragsinhalts steht dem Darlehensgeber eine seine Interessen wahrende Vorfälligkeitsentschädigung zu.
Diese vertragliche Änderungsvereinbarung ist steuerrechtlich das „auslösende Moment“5 für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Besteht die Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vertragliche Änderungsvereinbarung und, damit einhergehend, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen, gerade deshalb, weil für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits und der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist, liegt ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks vor6.
Bei der Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zuge der Veräußerung von Immobilien wird daher der ggf. bestehende -durch die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Vermietung dienenden Immobilie begründete- wirtschaftliche Zusammenhang mit einer bisherigen Vermietungstätigkeit überlagert bzw. ersetzt von einem neuen, durch die Veräußerung ausgelösten Veranlassungszusammenhang7. Ist dieser Veräußerungsvorgang -etwa nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG- steuerbar, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Veräußerungskosten in die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes oder -verlustes einzustellen. Ist der Veräußerungsvorgang nicht steuerbar, kann die Vorfälligkeitsentschädigung nicht „ersatzweise“ als Werbungskosten im Zusammenhang mit der bisherigen steuerbaren Tätigkeit (im Streitfall der Vermietung) geltend gemacht werden. Soweit der Bundesfinanzhof Vorfälligkeitsentschädigungen in Veräußerungsfällen unter bestimmten weiteren Voraussetzungen zu den Werbungskosten gezählt hat8, hält er an dieser Rechtsprechung mit Blick auf die überzeugende Rechtsprechung des VIII. Bundesfinanzhofs zum Abzug von Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften9 nicht länger fest.
Nach den den Bundesfinanzhof gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen im angefochtenen Urteil des Finanzgericht ist die von der Klägerin geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigung durch die Grundstücksveräußerung veranlasst. Denn die Klägerin hat ihre Darlehensschuld vorzeitig abgelöst, um das veräußerte Grundstück lastenfrei übereignen zu können; in diesem Fall tritt der durch die Änderung des Darlehensvertrages begründete wirtschaftliche Zusammenhang mit der einkommensteuerrechtlich unerheblichen Vermögensumschichtung an die Stelle der Veranlassung der Darlehensaufnahme durch die frühere Einkunftsart10.
Aus dem BFH, Urteil in BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275 ergibt sich nichts anderes. Zwar hat der Bundesfinanzhof in der genannten Entscheidung den Abzug von durch die Einkünfteerzielung veranlassten Schuldzinsen auch nach einer (steuerbaren) Veräußerung der Immobilie als nachträgliche Werbungskosten zugelassen, weil die Darlehensverbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden konnten. Die der Entscheidung zu Grunde liegende Surrogationsbetrachtung, welche besagt, dass sich der wirtschaftliche Zusammenhang eines -zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines zur Vermietung bestimmten Grundstücks aufgenommenen- Darlehens mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unter bestimmten Voraussetzungen am Veräußerungserlös oder -ggf. darüber hinaus- an dem Vermögensgegenstand fortsetzt, der mit dem Veräußerungserlös erworben wird, wenn dieser wiederum steuerrechtlich bedeutsam genutzt wird, greift im Streitfall jedoch nicht. Denn im Streitfall hat die Klägerin keine anderweitige, steuerrechtlich bedeutsame Erwerbsgrundlage angeschafft; überdies konnte sie die im Veräußerungszeitpunkt noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten vollständig durch den Veräußerungserlös tilgen. In einem solchen Fall endet indes der Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige das Darlehen tatsächlich ablöst oder ob er den Veräußerungserlös anderweitig privat verwendet und das Darlehen bestehen lässt11.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Februar 14 IX R 42/13
- BFH, Urteil vom 20.06.2012 – IX R 67/10, BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275; siehe auch BFH, Urteil vom 08.04.2014 – IX R 45/13[↩]
- BFH, Urteil vom 24.10.2012 – IX R 35/11, BFH/NV 2013, 522, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile vom 14.01.2004 – IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091; vom 23.04.1996 – IX R 5/94, BFHE 180, 374, BStBl II 1996, 595, jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 25.02.1999 – IV R 55/97, BFHE 188, 406, BStBl II 1999, 473; vom 06.12 2005 – VIII R 34/04, BFHE 212, 122, BStBl II 2006, 265[↩]
- vgl. hierzu Beschluss des Großen Bundesfinanzhofs des BFH vom 04.07.1990 – GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817[↩]
- so schon BFH, Urteil vom 23.09.2003 – IX R 20/02, BFHE 203, 352, BStBl II 2004, 57; BFH, Beschlüsse vom 09.08.2012 – IX B 57/12, BFH/NV 2012, 2014; vom 15.01.2008 – IX B 166/07, BFH/NV 2008, 567; vom 02.03.2005 – IX B 184/03, BFH/NV 2005, 1067[↩]
- Spindler in Spiegelberger/Spindler/Wälzholz, Die Immobilie im Zivil- und Steuerrecht, Kap. 12 Rz 42 f.; Blümich/Heuermann, § 21 EStG Rz 279[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFH/NV 2004, 1091, und in BFHE 180, 374, BStBl II 1996, 595, zu Vorfälligkeitsentschädigungen als Finanzierungskosten eines neu erworbenen Mietobjektes[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 212, 122, BStBl II 2006, 265[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 203, 352, BStBl II 2004, 57; BFH, Beschluss in BFH/NV 2012, 2014; Blümich/Heuermann, a.a.O.[↩]
- Schallmoser, DStr 2013, 501, 505; ders., Steuerrecht kurzgefasst 2013, 115, 117[↩]