Hat ein Gerichtsvollzieher ein Büro im Einfamilienhaus, das vom Präsidenten des Landgerichts als Geschäftszimmer genehmigt wurde, handelt es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer, wenn es nach den baulichen Gegebenheiten (u.a. gesonderter Zugang und Klingel, Schild mit Landeswappen, extra Schlüssel) nicht in die häusliche Sphäre eingebunden ist.

Mit dieser Begründung hat das Finanzgericht Baden-Württemberg in dem hier vorliegenden Fall bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Werbungskosten komplett berücksichtigt. Der Gerichtsvollzieher nutzt im Untergeschoss seines Einfamilienhauses ein Büro mit orraum, ein als Lagerraum genutztes WC und einen 50 qm großen Raum ausgestattet mit mehreren Arbeitsplätzen, Besprechungstisch, Tresor, drei Druckern, Kopier- und Faxgerät und Aktenschränken. Das Büro ist über eine Außentreppe zu erreichen. Die Eingangstür verfügt über ein separates Schloss. Daneben ist ein Schild mit Landeswappen und Aufschrift „Obergerichtsvollzieher“. Mit dem Büroschlüssel lassen sich weder die private Hauseingangstür noch die beiden innenliegenden Verbindungstüren zu den privaten Räumen öffnen. Es gibt zwei gesonderte Stellplätze, einen Briefkasten für private und berufliche Post sowie eine gesonderte Klingel für das Büro, das vom Präsidenten des Landgerichts als Geschäftszimmer genehmigt wurde. Der Kläger hat noch mit 11 weiteren Gerichtsvollziehern eine Dreiraumwohnung als Büroräume angemietet. Er teilt sich einen Raum mit vier Kollegen. Kundenbesuche hat er in beiden Büros. Er beschäftigt eine Justizfachangestellte. Der Kläger erklärte für 2012 bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten von 8.150 Euro. Mangels dortigem Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit erkannte das Finanzamt lediglich 1.250 Euro für ein häusliches Arbeitszimmer an. Dagegen hat der Gerichtsvollzieher geklagt.
In seiner Urteilsbegründung hat das Finanzgericht Baden-Württemberg ausgeführt, dass nach den baulichen Gegebenheiten (gesonderter Zugang, Besucherparkplätze, gesonderte Klingel, Schild mit Landeswappen, verschlossene interne Verbindungstüren, extra Schlüssel) das Büro nicht in die häusliche Sphäre des Klägers eingebunden sei. Als genehmigtes Geschäftszimmer hanelt es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer. Es diene nach Ausstattung und Funktion der Erledigung beruflicher Arbeiten, stehe für Publikumsverkehr offen und werde von nicht haushaltszugehörigen Beschäftigten genutzt. Für diese Auslegung spreche der Gesetzeszweck. Die gesetzliche Beschränkung diene der Missbrauchsabwehr. Eine Missbrauchsgefahr sei nicht erkennbar.
Die Justizverwaltung stelle Gerichtsvollziehern keinen Arbeitsplatz zur Verfügung. Diese seien verpflichtet, auf eigene Kosten ein Geschäftszimmer einzurichten und Unterlagen aufzubewahren. Das andere gemeinschaftlich genutzte Büro sei nach den gesetzlichen Vorgaben nicht als Geschäftszimmer geeignet, so dass dem Kläger kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Das Geschäftszimmer bilde den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung. Dort nehme der Kläger die Handlungen vor, die für seinen Beruf wesentlich und prägend seien, so z.B. die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, die Vereinbarung von Ratenzahlungen, die Einholung von Auskünften Dritter oder die Abwicklung von unbarem Zahlungsverkehr.
Aus diesen Gründen seien die Werbungskosten in Höhe von 8.150 Euro gänzlich zu berücksichtigen.
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2017 – 4 K 3694/15