Zahlungen zum Verzicht auf ein Wohnungsrecht

Zahlungen zum Verzicht auf ein Wohnungsrecht können sofort abziehbare Werbungskosten darstellen.

Zahlungen zum Verzicht auf ein Wohnungsrecht

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen, und das bedeutet, durch die sie veranlasst sind. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden1.

Nach diesen Grundsätzen sind Zahlungen an den bisherigen Nutzungsberechtigten zur Ablösung seines Rechts als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn die Abstandszahlungen dem Abschluss eines neuen Nutzungsverhältnisses dienen. Die Grundstücksnutzung nach der Ablösung des Rechts begründet den wirtschaftlichen Zusammenhang der Ablöseaufwendungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung2. Infolge dessen ist mit dem Finanzgericht ein Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch dann anzunehmen, wenn –wie hier– der Eigentümer aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Wohnungsberechtigten ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser sein Wohnungsrecht nicht (mehr) ausübt und es so erreicht, das Grundstück zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen.

Verträge zwischen nahen Angehörigen können der Besteuerung nur zu Grunde gelegt werden, wenn sie steuerrechtlich anzuerkennen sind. Das ist –soweit hier problematisch– der Fall, wenn die Vereinbarungen in Gestaltung und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (sog. Fremdvergleich)3. Maßgebend ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten4.

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Im vorliegenden Mutter-Sohn-Fall sollte die Miete für die von der Mutter angemietete Wohnung als Gegenleistung für ihren Auszug und dem damit verbundenen dauerhaften Verzicht auf das Ausüben ihres dinglichen Wohnungsrechts übernommen werden. Der Bundesfinanzhof ließ dies ausreichen:

Die Würdigung des Finanzgericht, dass diese Vereinbarung einem Fremdvergleich standhält, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Finanzgericht hat seine Beurteilung unter Berücksichtigung aller Tatsachen vorgenommen. Es hat die Hauptpflichten dieser –jedenfalls zunächst konkludenten– Abrede entnommen und zutreffend herausgearbeitet, dass Gegenleistung für den Verzicht der Mutter, ihr dingliches Wohnungsrecht auszuüben, der Höhe nach der Miete entspricht, welche sie für die angemietete Wohnung aufbringen muss. Dieses angemessene Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung indiziert die Fremdüblichkeit der Vereinbarung. Das Finanzgericht hat ferner festgestellt, dass die Abrede tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wurde.

Demgegenüber vermögen die Einwendungen des Finanzamt seiner Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Wenn das Finanzamt vorträgt, die „Vereinbarung“ genüge den Anforderungen des Fremdvergleichs nicht, weil ihr nicht zu entnehmen sei, dass sich die Mutter für einen bestimmten Zeitraum verpflichtet habe und der Kläger sich als Gegenleistung dafür verpflichtet habe, ein bestimmtes Entgelt zu zahlen, so widerspricht dies dem vom Finanzgericht festgestellten Vertragsinhalt. Man muss nämlich unterscheiden zwischen dem festgestellten Vertragsinhalt und der Würdigung, ob dieser einem Fremdvergleich standhält5.

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Das Finanzgericht hat aber festgestellt, dass der Kläger und seine Mutter zumindest stillschweigend von vornherein verabredet haben, dass die Mutter dauerhaft auf die Ausübung des Wohnungsrechts gegen Übernahme ihrer Mietaufwendungen durch den Kläger verzichtet. Diesen Sachverhalt hat das Finanzgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aufgrund der Beweisaufnahme und der Berücksichtigung weiterer objektiver Umstände ermittelt. Entgegen der Revision bestätigt die Zeugenaussage diese Feststellung: Der Verzicht auf die Ausübung des Wohnungsrechts ist eine in sich schlüssige und im Kontext mit den weiteren Umständen folgerichtige, wenn nicht gar zwingende Schlussfolgerung aus der Aussage der Zeugin. Daraus ergibt sich zugleich eine schuldrechtliche Verpflichtung des Klägers wie auch seiner Mutter, den Vertrag zu erfüllen. Die weitere Würdigung, dass diese Vereinbarung einem Fremdvergleich standhält, ist schon deshalb in sich folgerichtig, weil Leistung und Gegenleistung im äquivalenten Verhältnis zueinander stehen.

Entgegen der Auffassung des Finanzamt umfasst der konkludent abgeschlossene Vertrag auch Regelungen über Fälligkeiten, Vertragslaufzeiten und Zahlungsmodalitäten. Das vereinbarte Entgelt sollte nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des Finanzgericht monatlich an die Mutter gezahlt werden, damit diese wiederum den Mietvertrag für ihre Wohnung erfüllen konnte. Mithin fehlt es nicht –wie die Revision behauptet– an einer klaren und eindeutigen, von vornherein getroffenen Abrede zwischen dem Kläger und seiner Mutter.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Dezember 2012 – IX R 28/12

  1. ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 26.01.2011 – IX R 24/10, BFH/NV 2011, 1480[]
  2. vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2011, 1480[]
  3. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 31.07.2007 – IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350; und vom 23.04.2009 – IV R 24/08, BFH/NV 2009, 1427[]
  4. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 20.10.1997 – IX R 38/97, BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106, und vom 24.08.2006 – IX R 40/05, BFH/NV 2006, 2236, unter II.2.[]
  5. vgl. auch BFH, Beschluss vom 24.07.2012 – IX B 173/11, BFH/NV 2012, 1784[]