Zufluss und Bewertung von Aktienoptionsrechten für Arbeitnehmer

Der Vorteil aus einem vom Arbeitgeber eingeräumten Aktienoptionsrecht fließt dem Arbeitnehmer zu, wenn der Arbeitnehmer das Recht ausübt oder anderweitig verwertet. Eine solche anderweitige Verwertung liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer das Recht auf einen Dritten überträgt. Der Vorteil bemisst sich nach dem Wert des Rechts im Zeitpunkt der Verfügung darüber.

Zufluss und Bewertung von Aktienoptionsrechten für Arbeitnehmer

Streitig in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall war die einkommensteuerliche Behandlung einer vom Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer gewährten Aktienoption, die der Arbeitnehmer entgeltlich an eine von ihm beherrschte Kapitalgesellschaft überträgt:

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Dementsprechend kann auch die Gewährung eines Ankaufs-/Optionsrechts zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit führen.

Nach der mittlerweile ständigen BFHsrechtsprechung fließt i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG der Vorteil aus einem solchen Optionsrecht dem Arbeitnehmer allerdings nicht schon mit der Einräumung des (Options-)Rechts, zu einem späteren Zeitpunkt Aktien verbilligt zu erwerben, zu, sondern erst mit Ausübung der Option durch den verbilligten Erwerb der Aktien selbst. Denn der für den Zufluss von Arbeitslohn maßgebliche geldwerte Vorteil in Form des auf den Aktienerwerb gewährten Preisnachlasses gelangt regelmäßig erst aufgrund der Ausübung der Option in das wirtschaftliche Eigentum des Arbeitnehmers1.

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Der Vorteil aus einer Optionsgewährung fließt dem Arbeitnehmer als Optionsnehmer nicht nur dadurch zu, dass er die Optionsrechte ausübt, sondern auch dadurch, dass der Arbeitnehmer die Optionsrechte anderweitig verwertet. Eine solche anderweitige Verwertung liegt regelmäßig vor, wenn der Arbeitnehmer über das Recht verfügt, so etwa, wenn der Arbeitnehmer ein Wandeldarlehen samt damit verbundenem Wandlungsrecht gegen Entgelt auf einen Dritten überträgt2 oder der Arbeitnehmer auf ein ihm zugewandtes Aktienankaufsrecht gegen Entgelt verzichtet3. Denn auch durch solche anderweitigen Verwertungen dieser Optionsrechte kann der Arbeitnehmer den diesen innewohnenden Wert realisieren.

Der einkommensteuerrechtlich maßgebende Zuflusszeitpunkt des aus einer Option stammenden Vorteils richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Verwertung des Rechts. Das ist im Falle der Optionsausübung regelmäßig der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien, nämlich der Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers4. Soweit der Arbeitnehmer über das Optionsrecht anderweitig verfügt, ist der Vorteil aus der Verwertung dieses Rechts im Zeitpunkt der Verfügung darüber zu erfassen, nämlich im Zeitpunkt der Übertragung des Rechts5 oder des Verzichts darauf6.

Dabei ist auch eine verdeckte Einlage eines dem Arbeitnehmer von dessen Arbeitgeber eingeräumten Optionsrechts eine Verwertung des Rechts durch den Arbeitnehmer, indem er das Recht auf einen anderen Rechtsträger überträgt. Auch in diesem Fall kommen die vom Bundesfinanzhof schon früher herangezogenen Rechtsgrundsätze zur Anwendung: Der Vorteil aus dem Recht ist im Zeitpunkt der Übertragung des Rechts5 oder des Verzichts darauf6 zu erfassen.

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Der Vorteil aus der Verwertung des Optionsrechts ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Verfügung darüber zugeflossen und auch auf diesen Zeitpunkt zu bewerten. Entscheidend ist demnach der Wert des Optionsrechts im Zeitpunkt der Übertragung. Das durch Übertragung realisierte Optionsrecht zählt in gleicher Weise wie vom Arbeitgeber verbilligt zugewandte Aktien zu den Sachbezügen i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG und ist daher ebenso mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen7.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. September 2012 – VI R 90/10

  1. vgl. BFH, Urteile vom 24.01.2001 – I R 119/98, BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512; vom 20.06.2001 – VI R 105/99, BFHE 195, 395, BStBl II 2001, 689; und vom 20.11.2008 – VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382[]
  2. vgl. dazu BFH, Urteil vom 23.06.2005 – VI R 10/03, BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770, unter II.4.[]
  3. BFH, Urteil vom 19.06.2008 – VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382, m.w.N.[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770[][]
  6. BFH, Urteil in BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826[][]
  7. vgl. BFH, Urteil vom 01.02.2007 – VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898[]
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