Die Reichweite eines Einspruchs gegen einen mehrere Festsetzungen umfassenden Sammelbescheid richtet sich nach der Beschwer, die sich aus der Begründung des Einspruchs ergibt1.

Ein solcher Sammelbescheid ist etwa der „Bescheid über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer“. Alle Steuerfestsetzungen stehen hierin selbstständig nebeneinander und sind lediglich in einem Bescheid verbunden. Die Steuerfestsetzungen können je nach Rechtsschutzbegehren grundsätzlich unabhängig voneinander angefochten werden2.
In den meisten Fällen reicht hierbei ein Einspruch gegen die Festsetzung der Einkommensteuer aus da dieser Bescheid gleichzeitig der Grundlagenbescheid etwa für den Solidaritätszuschlag oder die Kirchensteuer bildet. In bestimmten Fällen ist es darüber hinaus aber auch erforderlich, die Festsetzung des Solidaritätszuschlags oder der Kirchensteuer ebenfalls anzugreifen. Einen solchen Fall lag auch der jetzigen Entscheidung des Bundesfinanzhofs zugrunde:
Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 SolzG können mit einem Rechtsbehelf gegen den Solidaritätszuschlag weder die Bemessungsgrundlage noch die Höhe des zu versteuernden Einkommens angegriffen werden. Die Einkommensteuerfestsetzung ist Grundlagenbescheid für die Höhe des Solidaritätszuschlags (§ 1 Abs. 5 Satz 2 SolzG). Die Anfechtung der Festsetzung des Solidaritätszuschlags aus verfassungsrechtlichen Gründen muss sich hingegen gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags selbst richten3.
Gegen welche Festsetzungen des Sammelbescheides sich der Einspruch richtet, ist regelmäßig eine Frage der Auslegung des Einspruchs (oder des Klageantrags).
Dies gilt zumindest dann, wenn der Einspruch auslegungsbedürftig ist. Hieran fehlt es, wenn die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt hat4.
Fehlt es hingegen bei einer Einspruchsschrift an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung des tatsächlich Gewollten, ist der wirkliche Wille des Steuerpflichtigen durch Auslegung seiner Erklärungen zu ermitteln. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen5. Dies gilt grundsätzlich auch für Erklärungen rechtskundiger Personen6.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Februar 2009 – X R 51/06
- Anschluss an BFH-Urteil vom 8. Mai 2008 VI R 12/05, BFHE 222, 196, BStBl II 2009, 116[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2007, 1509; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 347 AO Rz 77[↩]
- vgl. BFH, Beschluss in BFHE 213, 573, BStBl II 2006, 692[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 28.11.2001 – I R 93/00, BFH/NV 2002, 613; vom 19.06.1997 – IV R 51/96, BFH/NV 1998, 6; vom 08.05.2008 – VI R 12/05, BFHE 222, 196, BStBl II 2009, 116[↩]
- vgl. BFH, Entscheidungen vom 08.05.2007 – X B 43/06, BFH/NV 2007, 1499; vom 24.07.2006 – IX B 208/05, BFH/NV 2006, 2269; vom 19.07.2005 – XI B 206/04, BFH/NV 2006, 68; vom 27.05.2004 – IV R 48/02, BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964; in BFHE 222, 196, BStBl II 2009, 116[↩]
- vgl. z.B. BFH, Entscheidungen vom 24.08.2006 – XI B 149/05, BFH/NV 2006, 2035; vom 06.07.2005 – XI B 45/03, BFH/NV 2005, 2029; in BFHE 222, 196, BStBl II 2009, 116[↩]