Verkauft eine Schiffsgesellschaft nach Aufgabe der Eigenbetriebsabsicht das (noch nicht fertiggebaute) Schiff, begründet sie nur dann einen Schiffsproduktionsbetrieb, wenn Gegenstand des Veräußerungsvertrags ein in wesentlicher Hinsicht anderes als das dem (ursprünglichen) Bauvertrag entsprechende Schiff ist.

Erfüllt eine Schiffsgesellschaft nach Aufgabe der Eigenbetriebsabsicht noch den bereits abgeschlossenen Bauvertrag und überträgt sie dem Erwerber (erst) das dem Bauvertrag entsprechend fertiggebaute Schiff, ist die Veräußerung des von der Werft abgelieferten Schiffs und der darauf entfallende Gewinn regelmäßig noch der (nicht gewerbesteuerbaren) Abwicklung des nicht begonnenen Schiffsbetriebs zuzurechnen.
Verpflichtet sich die Schiffsgesellschaft dem Erwerber gegenüber zu Tätigkeiten, die nach dem Bauvertrag dem Besteller obliegen oder zu Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, dem Erwerber ein über die Abnahme von der Werft hinaus zur sofortigen Vercharterung betriebsbereites Schiff zu übertragen, erbringt sie insoweit Leistungen, die grundsätzlich nicht mehr der Abwicklung des nicht begonnenen Schiffsbetriebs, sondern einer neuen werbenden Tätigkeit (Geschäftsbesorgung) zuzurechnen sind.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer nur der stehende Gewerbebetrieb. Deshalb beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines (originären oder fiktiven) Gewerbebetriebs erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist. Während die Einkommensteuer als Personensteuer sämtliche betrieblichen Vorgänge ab der ersten Vorbereitungshandlung zur Eröffnung eines Betriebs erfasst, ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche Leistungen entstandene Gewinn. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer1.
Maßgebend für den Beginn des Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG ist der Beginn der werbenden Tätigkeit. Davon abzugrenzen sind die bloßen, gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen.
Die sachliche Gewerbesteuerpflicht endet mit der dauerhaften Einstellung der werbenden Tätigkeit. Daher kann auch eine nach Einkommensteuerrecht nicht tarifbegünstigte „allmähliche Abwicklung“ eines Gewerbebetriebs im Gewerbesteuerrecht zu nicht gewerbesteuerbaren Gewinnen führen, wenn sie auf Maßnahmen zur Vermögensverwertung nach Einstellung der werbenden Tätigkeit des Betriebs beruht.
Der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein.
Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Dabei kann auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden. Allerdings handelt es sich lediglich um ein Indiz; letztlich maßgeblich ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit.
Die dargestellten Rechtsgrundsätze gelten gleichermaßen für Einzelgewerbetreibende wie für Personengesellschaften, und zwar unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter2.
Ebenso wie ein Einzelunternehmer kann auch eine Personengesellschaft mehrere Betriebe nacheinander betreiben. Ob eine Aufgabe einer bisherigen betrieblichen Tätigkeit und die Neueröffnung eines anderen Betriebs gegeben ist, richtet sich in Abgrenzung zu einer Betriebsverlegung oder Betriebsumstellung danach, ob der „bisherige“ und der „neue“ Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch sind. Eine Betriebsaufgabe ist regelmäßig zu verneinen, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen, insbesondere Wirtschaftsgüter mit erheblichen stillen Reserven, ohne Realisierung dieser Reserven „in den neuen Betrieb überführt werden“. Erfüllt die Personengesellschaft die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, kommt es für die Frage, ob sie nach Aufgabe des bisherigen einen neuen Betrieb betreibt, nicht darauf an, ob die neue Tätigkeit die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt2.
Ist Gegenstand des Unternehmens einer Ein-Schiff-Gesellschaft vorrangig der Betrieb des Schiffs, können betriebliche Leistungen erst nach Ablieferung des Schiffs erbracht werden. Die vor diesem Zeitpunkt liegenden Bemühungen, Fracht- oder Charterverträge für das Schiff zu erlangen, stellen sich demgegenüber als vorbereitende Maßnahmen der Auftragsbeschaffung dar, die für sich gesehen die Gewerbesteuerpflicht nicht begründen können; Unternehmenserträge können zu diesem Zeitpunkt nicht entstehen. Ist hingegen vorrangig die Veräußerung und nicht der Betrieb des Schiffs beabsichtigt, ist bereits der Bau bzw. der Erwerb des Schiffs als Beginn der werbenden Tätigkeit anzusehen, denn in diesem Fall gehört bereits die Herstellung bzw. der Erwerb der später zu veräußernden Waren zum Gegenstand des gewerblichen Betriebs. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt danach nur dann bereits mit Abschluss des Bau- oder Kaufvertrags über das Schiff, wenn die Gesellschaft den entsprechenden Vertrag mit unbedingter Veräußerungsabsicht abgeschlossen hat. Eine lediglich latente Veräußerungsabsicht reicht nicht aus. Jede Ein-Schiff-Gesellschaft wird bei entsprechend günstigem Angebot bereit sein, das bestellte Schiff bzw. die Rechte aus dem Bauvertrag noch vor der Indienststellung zu veräußern.
Beabsichtigt die Gesellschaft zwar bei Abschluss des Bauvertrags noch den Betrieb des Schiffs, gibt sie die Eigenbetriebsabsicht jedoch später auf und veräußert das Schiff bzw. die Rechte aus dem Bauvertrag noch vor Indienststellung des Schiffs, so ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob sie damit übergangslos von der (noch) nicht gewerbesteuerbaren Vorbereitungs- in die nicht gewerbesteuerbare Abwicklungsphase tritt, oder ob -und ggf. durch welche weiteren Maßnahmen- sie eine andere werbende Tätigkeit beginnt und damit der Gewerbesteuer unterliegt3.
Beschränkt sich die Gesellschaft nach Aufgabe der Eigenbetriebsabsicht darauf, die ihr zu diesem Zeitpunkt aus bereits abgeschlossenen Verträgen zustehenden Rechte zu übertragen, und übernimmt sie gegenüber dem Erwerber keine weiteren Aufgaben, so geht sie damit in der Regel übergangslos von der Vorbereitungsphase in die Abwicklungsphase des nicht in Gang gesetzten Schiffsbetriebs über. Das gilt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch dann, wenn sie zwar nach außen weiterhin als Bestellerin des Schiffs und Partner der finanzierenden Banken aufgetreten und damit nach außen in der Haftung geblieben, intern aber von der Erwerberin von allen Verpflichtungen aus den entsprechenden Verträgen freigestellt worden ist. Denn dieses Auftreten nach außen reicht für die Annahme einer werbenden Tätigkeit nicht aus.
Der Annahme bloßer Abwicklungsmaßnahmen steht es grundsätzlich auch nicht entgegen, wenn die Gesellschaft sich entschließt, den Bauvertrag nicht vorzeitig zu beenden oder lediglich die Rechte aus dem Bauvertrag zu übertragen, sondern dem Erwerber das dem Bauvertrag entsprechend fertiggebaute Schiff zu übertragen. Allein der Abschluss eines entsprechenden Veräußerungsvertrags spricht insbesondere nicht dafür, dass die Gesellschaft nunmehr mit einem auf die Veräußerung eines noch zu bauenden Schiffs gerichteten Produktionsbetrieb beginnt.
Zu einem Eintritt in die sachliche Gewerbesteuerpflicht kann es jedoch kommen, wenn während der Abwicklung des nicht begonnenen Schiffsbetriebs eine werbende Tätigkeit aufgenommen wird, die sachlich nicht zur Abwicklung gehört. Das kann z.B. der Fall sein, wenn die Gesellschaft lediglich die Rechte aus dem Bauvertrag überträgt, sich dem Erwerber gegenüber aber zur Übernahme der Bauaufsicht verpflichtet, ohne ihrerseits bereits aus dem Bauvertrag hierzu verpflichtet zu sein. In einem solchen Fall unterliegt allerdings nur der auf die Übernahme der Bauaufsicht entfallende Teil des Veräußerungserlöses der Gewerbesteuer, und nicht auch der auf die Veräußerung der Rechte aus dem Bauvertrag entfallende Teil, da Letzterer der Abwicklung der aufgegebenen Tätigkeit zuzurechnen ist.
Gleiches gilt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs regelmäßig auch dann, wenn sich die Gesellschaft dem Erwerber gegenüber nicht lediglich zur Übertragung des dem Bauvertrag entsprechend fertiggebauten Schiffs verpflichtet, sondern darüber hinaus auch dazu, dieses betriebsbereit auszurüsten. Auch in diesem Fall unterliegt grundsätzlich nur der auf die Übernahme der weiteren Verpflichtungen entfallende und nicht auch der auf die Veräußerung des „nackten“ Schiffs entfallende Teil des Veräußerungserlöses der Gewerbesteuer. Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn sich aus weiter gehenden objektiven Anhaltspunkten ergibt, dass die Gesellschaft nunmehr zu einem Schiffshersteller geworden ist. Dann unterliegt grundsätzlich der gesamte aus der Veräußerung erzielte Erlös der Gewerbesteuer, denn die Veräußerung stellt sich dann als betriebsgewöhnlicher Geschäftsvorfall dar, der auf der im Wesentlichen unveränderten Fortführung der (neuen) unternehmerischen Tätigkeit und nicht auf deren Einstellung beruht.
Eine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit kann schließlich auch darin liegen, dass die Schiffsgesellschaft das bereits schuldrechtlich veräußerte Schiff zwischen Ablieferung durch die Werft und Übergabe an den Erwerber noch selbst einsetzt. Das gilt selbst dann, wenn ein solcher vorübergehender Einsatz zunächst nicht beabsichtigt war und nur deshalb möglich wurde, weil das Schiff vorzeitig fertiggestellt und an die Schiffsgesellschaft abgeliefert wurde. Denn auch in diesem Fall stellt der Einsatz des Schiffs eine gewerbliche Tätigkeit dar, die die sachliche Gewerbesteuerpflicht auslösen kann.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Oktober 2016 – IV R 21/13