Betriebsaufspaltung -und die erweiterte Kürzung für Grundbesitz

Ein Besitz-Einzelunternehmen, das im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Grundbesitz an eine Betriebs-Kapitalgesellschaft verpachtet, kann die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft vermögensverwaltend tätig ist. Selbst wenn in einem derartigen Fall die Betriebs-Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erfüllt, kommt eine Anwendung dieser Kürzungsvorschrift auf das Besitz-Einzelunternehmen im Wege einer „Merkmalsübertragung“ nicht in Betracht1.

Betriebsaufspaltung -und die erweiterte Kürzung für Grundbesitz

Zwischen der Grundstückseigentümerin und der GmbH besteht eine Betriebsaufspaltung. Dies hat zur Folge, dass das Besitzunternehmen der Grundstückseigentümerin als Steuergegenstand der Gewerbesteuer anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 GewStG), und ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht mehr streitig.

Die erforderliche personelle Verflechtung ist gegeben, weil die Grundstückseigentümerin Alleingesellschafterin der GmbH ist.

Die Voraussetzung einer sachlichen Verflechtung in Gestalt der Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage ist ebenfalls erfüllt. Auch ein unbebautes Grundstück kann eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, wenn es vom Betriebsunternehmen nach seinen Bedürfnissen bebaut oder in anderer Weise gestaltet worden ist2 bzw. künftig bebaut werden soll3.

Hier hat die GmbH das von der Grundstückseigentümerin angepachtete Grundstück gemeinsam mit einem deutlich kleineren, in ihrem Eigentum stehenden Grundstück überbaut; dabei erstreckt sich der Haupt-Baukörper über beide Grundstücke. Die Einnahmen der GmbH -und damit ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage- resultieren im Wesentlichen aus der Vermietung der beiden Grundstücke und der darauf errichteten Gebäude. Ohne die Überlassung des der Grundstückseigentümerin gehörenden Grundstücks, das sich in einer höchst begehrten Lage für Gewerbeimmobilien befindet, könnte die GmbH ihren Geschäftsbetrieb nicht fortführen; das Grundstück ist daher für die Erreichung des Betriebszwecks der GmbH unmittelbar erforderlich.

Der Annahme einer Betriebsaufspaltung steht nicht entgegen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft allein kraft ihrer Rechtsform als Gewerbebetrieb anzusehen ist4.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung erfüllt das Besitzunternehmen in Fällen der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nicht. Entscheidend dafür ist, dass die personelle und sachliche Verflechtung, die für eine Betriebsaufspaltung kennzeichnend ist, den Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung überschreitet.

Entgegen der Auffassung der Grundstückseigentümerin hat der Bundesfinanzhof diesen Rechtssatz nicht nur in Bezug auf solche Sachverhalte ausgesprochen, in denen die Betriebsgesellschaft originär gewerblich tätig war. Zwar war eine solche Fallgestaltung in der Mehrzahl der entschiedenen Verfahren gegeben5.

Im Urteil in BFH/NV 2005, 1624 hat der Bundesfinanzhof einem Besitzunternehmen die erweiterte Kürzung aber auch in einem Sachverhalt versagt, der dadurch gekennzeichnet war, dass die Betriebs-GmbH sich auf die reine Vermietung von Grundbesitz beschränkte; ergänzend wickelte sie noch die Pensionen ihrer früheren Arbeitnehmer als Trägerin einer Unterstützungskasse ab. Zur Begründung hat der Bundesfinanzhof ausgeführt, das Besitzunternehmen betätige sich wegen der Möglichkeit, über den einheitlichen Betätigungswillen der Gesellschafter Einfluss auf die Betriebsgesellschaft zu nehmen, eigengewerblich. Diese Entscheidung zeigt, dass es für die -von den Ertragsteuersenaten des BFH in ständiger Rechtsprechung ausgesprochene- Versagung der erweiterten Kürzung in Fällen der Betriebsaufspaltung nicht darauf ankommt, ob die Betriebsgesellschaft als Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 GewStG) oder als Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG) anzusehen ist. Damit steht in Einklang, dass auch das Vorliegen des Grundtatbestands der Betriebsaufspaltung nicht davon abhängig ist, dass die Betriebsgesellschaft eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausübt. Vielmehr genügt auch das Vorhandensein eines Gewerbebetriebs kraft Rechtsform.

Diese Beurteilung wird noch dadurch gestützt, dass gerade in den beiden ausführlich begründeten Leitentscheidungen des BFH, die zu dieser Thematik ergangen sind, gar keine Angaben zur konkreten Tätigkeit der Betriebsgesellschaft mitgeteilt werden6. In beiden Fällen wurde zwar u.a. ein „Fabrikgebäude“ überlassen. Ob die Betriebsgesellschaft das Fabrikgebäude zu eigengewerblichen Zwecken nutzt oder aber das überlassene Grundstück in einer an sich vermögensverwaltenden Weise an Dritte weiterüberläßt -wie die GmbH im vorliegenden Verfahren oder auch im Falle des BFH, Urteils in BFH/NV 2005, 1624-, kann den genannten Urteilen nicht entnommen werden. Dies zeigt, dass es für den BFH auf eine solche -von der Grundstückseigentümerin gewünschte- Differenzierung von vornherein nicht ankommt.

Das Besitzunternehmen kann die erweiterte Kürzung in Fällen der Betriebsaufspaltung nur dann in Anspruch nehmen, wenn es selbst die Rechtsform der Kapitalgesellschaft hat („kapitalistische Betriebsaufspaltung“) und die Anteile an der Betriebs-Kapitalgesellschaft nicht der Besitz-Kapitalgesellschaft als solcher, sondern deren Gesellschaftern zuzurechnen sind7, weil ein Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht zulässig ist. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Besitz-Kapitalgesellschaft selbst Inhaberin der Anteile an der Betriebs-Kapitalgesellschaft ist und als solche selbst die die Betriebsaufspaltung kennzeichnende Beherrschung ausübt. Hier kommt die Gewährung der erweiterten Kürzung nicht in Betracht8.

Die Literatur hat sich zu dieser Rechtsprechung überwiegend zustimmend geäußert9.

Eine Übertragung gewerbesteuerrechtlich günstiger Merkmale der Betriebs-Kapitalgesellschaft -selbst wenn diese im Streitfall die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfüllen sollte- kommt bei der erweiterten Kürzung nicht in Betracht.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass eine nach § 3 Nr.20 Buchst. c GewStG (bestimmte Altenheime) bestehende Gewerbesteuerbefreiung der Betriebs-Kapitalgesellschaft sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des Besitz-Personenunternehmens erstreckt10. Dem hat sich der IV. Senat des Bundesfinanzhofs für die Verpachtung an eine Betriebs-Kapitalgesellschaft, die gemäß § 3 Nr. 6 GewStG wegen Gemeinnützigkeit von der Gewerbesteuer befreit ist11 sowie an eine gemäß § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG steuerbefreite Krankenhaus-Betriebs-Kapitalgesellschaft12 angeschlossen.

Der Bundesfinanzhof hat zwar zur Begründung seines Urteils in BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661 zunächst darauf abgestellt, dass der gewerbliche Charakter der an sich vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens nicht in einer isolierenden Sichtweise ausschließlich aus Merkmalen abgeleitet werden könne, die allein dem Besitzunternehmen anhafteten. Ferner heißt es, es verstoße gegen das Gebot der Folgerichtigkeit, wenn einerseits für den „Belastungsgrund“ der Gewerblichkeit maßgebend auf die wirtschaftliche Verflochtenheit und andererseits für den „Entlastungsgrund“ der Gewerbesteuerbefreiung auf den Aspekt der rechtlichen Trennung abgestellt werde.

Anschließend hat der Bundesfinanzhof aber ausgeführt, es bedürfe „zur schlüssigen Begründung einer dahin gehenden weiten Auslegung des § 3 Nr.20 GewStG“ keiner Aufgabe der seit dem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 08.11.197113 in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck kommenden Vorstellung von der zivil- und steuerrechtlichen Selbständigkeit des Besitz- und Betriebsunternehmens in Fällen der Betriebsaufspaltung. Vielmehr folge die weite Auslegung der Steuerbefreiungsvorschrift schon aus ihrem sozial- und wirtschaftspolitisch motivierten Zweck, der darin liege, die bestehenden Strukturen bei der Pflege zu verbessern (Kostenentlastung der Träger der Einrichtungen, Anreiz für die Vornahme entsprechender Investitionen). Dieser Normzweck würde ohne eine Merkmalsübertragung nur unvollständig erreicht. Denn die Ausschüttungen der Betriebs-Kapitalgesellschaft -und damit letztlich sämtliche im Betriebsunternehmen erwirtschafteten Gewinne- wären im Besitzunternehmen gewerbesteuerpflichtig, weil § 9 Nr. 2a GewStG nur die Ausschüttungen von nicht steuerbefreiten Kapitalgesellschaften steuerfrei stelle, im Fall einer steuerbefreiten Betriebs-Kapitalgesellschaft also nicht anwendbar sei.

Danach ist mit diesen Entscheidungen des und des IV. Senats des Bundesfinanzhofs -anders als die Grundstückseigentümerin meint- keine grundlegende Neuausrichtung der systematischen Betrachtung des Instituts der Betriebsaufspaltung verbunden gewesen. Im Gegenteil haben auch diese Entscheidungen ausdrücklich an der Vorstellung des Großen Senat des Bundesfinanzhofs von der zivil- und steuerrechtlichen Selbständigkeit der beiden Unternehmen festgehalten.

Die im Anwendungsbereich der Steuerbefreiungen gemäß § 3 Nr. 6 sowie § 3 Nr.20 Buchst. b, c GewStG vorgenommenen Merkmalsübertragungen sind vielmehr tragend mit den Besonderheiten und den Zwecksetzungen dieser -in Bezug auf die zur Entscheidung gestellten Sachverhalte „weit ausgelegten“- Befreiungsvorschriften begründet worden14. Insoweit unterscheidet sich die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aber in entscheidungserheblicher Weise von den genannten Regelungen des § 3 GewStG.

Zum einen hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich darauf abgestellt, dass es sich bei § 3 Nr.20 GewStG um eine Sozialzwecknorm handelt, die zum Wirtschaftsrecht gehört15. Demgegenüber ist § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG -nicht anders als § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG- als Fiskalzwecknorm anzusehen. Diese Regelung dient dazu, Gewerbebetriebe kraft Rechtsform bei Ausübung einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit mit natürlichen Personen und Personengesellschaften gleichzustellen, die bei Ausübung derartiger Tätigkeiten von vornherein nicht als Steuergegenstand anzusehen sind16. Dabei handelt es sich aber um einen in der gewerbesteuerrechtlichen Systematik selbst angelegten Fiskalzweck; die Verfolgung eines besonderen außersteuerlichen Lenkungs- oder Subventionszwecks ist nicht erkennbar.

Vor allem aber ist die Rechtslage hinsichtlich der Gewerbesteuerbelastung der Ausschüttungen, die das Besitzunternehmen von der Betriebs-Kapitalgesellschaft erhält und auf die der Bundesfinanzhof in seiner Rechtsprechung zur „Merkmalsübertragung“ entscheidend abgestellt hat, in den Fällen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genau gegenteilig zu § 3 Nr. 6, 20 GewStG: In den zuletzt genannten Fällen ist die Betriebs-Kapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer befreit (vgl. den Einleitungssatz des § 3 GewStG). Der Gewerbeertrag des Besitzunternehmens kann daher nicht gemäß § 9 Nr. 2a GewStG um die Gewinnausschüttung, die das Besitzunternehmen erhält, gekürzt werden, da diese Kürzungsvorschrift ausschließlich für Gewinne aus Anteilen an einer „nicht steuerbefreiten … Kapitalgesellschaft“ gilt. Vor diesem Hintergrund ist die vom Bundesfinanzhof in seinem Urteil in BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661 vorgenommene Würdigung zu sehen, dass die Steuerbefreiung der Betriebs-Kapitalgesellschaft letztlich leer liefe -bzw. allenfalls eine vorläufige wäre-, wenn ihr Gewinn mittels einer Erfassung der Dividende beim Besitzunternehmen wirtschaftlich letztlich doch in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterläge.

Gerade umgekehrt stellt es sich jedoch in den Fällen der erweiterten Kürzung dar: Diese ist rechtstechnisch nicht als Steuerbefreiung anzusehen, sondern -entsprechend der amtlichen Überschrift des § 9 GewStG- als „Kürzung“, d.h. als bloßer Abzugsposten im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags. Folglich steht sie der Anwendung des § 9 Nr. 2a GewStG auf die Ausschüttung der Betriebs-Kapitalgesellschaft an das Besitzunternehmen nicht entgegen. Der ausgeschüttete Gewinn der Betriebs-Kapitalgesellschaft wird daher, soweit er auf der Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz beruht, auch im wirtschaftlichen Ergebnis vollständig von der Gewerbesteuer freigestellt. Es lässt sich daher -anders als bei der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr.20 GewStG- nicht sagen, dass diese Steuerbefreiung durch eine an anderer Stelle ersatzweise eintretende Steuerpflicht in vollem Umfang konterkariert wird.

Vielmehr kommt es bei der im Streitfall verwirklichten wirtschaftlichen Gestaltung nur insoweit zu einer Gewerbesteuerbelastung, als das Besitzunternehmen Gewinne aus der -im Wege sachlicher und personeller Verflechtung vorgenommenen- Überlassung des Grundstücks an die Betriebs-Kapitalgesellschaft erzielt. Die Erträge der Betriebs-Kapitalgesellschaft aus der Überlassung eigenen Grundbesitzes bleiben hingegen auf beiden Ebenen in vollem Umfang gewerbesteuerfrei, sofern man unterstellt, dass die GmbH die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung erfüllt. Dass es sich hierbei um erhebliche Beträge handelt, zeigt sich im Streitfall schon daran, dass die Höhe der Ausschüttungen, die die Grundstückseigentümerin von der GmbH erhalten hat, ihren verbleibenden Gewerbeertrag in mehreren Streitjahren -teils um ein Vielfaches- überschritten hat.

Dem steht das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.06.200717 nicht entgegen. Der Bundesfinanzhof hat dort entschieden, dass die Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG, die die erweiterte Kürzung in Fällen der Überlassung des Grundbesitzes an einen Gesellschafter oder Genossen ausschließt, im Wege der teleologischen Reduktion „nur dann“ nicht anzuwenden sei, wenn die gesamten (positiven oder negativen) Einkünfte des nutzenden Unternehmens von der Gewerbesteuer befreit seien. Vorliegend sind aber -selbst wenn man der Grundstückseigentümerin noch darin folgen wollte, dass die Betriebs-GmbH die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfüllt- nicht die gesamten Einkünfte dieser GmbH von der Gewerbesteuer befreit. Vielmehr bleibt es hinsichtlich der Einkünfte aus der Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen sowie hinsichtlich der weiteren in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten, zwar unschädlichen, aber nicht selbst steuerbegünstigten Tätigkeiten bei der Belastung mit Gewerbesteuer. Die genannte Regelung stellt -wie unter bb)) bereits ausgeführt- in systematischer Hinsicht keine Steuerbefreiung dar, sondern gewährt einen Abzugsposten im Rahmen der Ermittlung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage.

Die Grundstückseigentümerin verweist ferner darauf, dass die Betriebsaufspaltung sie hier benachteilige, wenn keine Merkmalsübertragung vorgenommen werde. Denn sowohl bei der Alternativgestaltung, dass sie als natürliche Person ein (bebautes) Grundstück einheitlich vermiete, als auch wenn die GmbH Eigentümerin sowohl des Grund und Bodens als auch des Gebäudes gewesen wäre und dieses vermiete, wäre im Ergebnis keine Gewerbesteuer angefallen.

Hierauf ist indes zu entgegnen, dass ein solcher Sachverhalt (einheitliches Eigentum von Grund und Boden sowie Gebäude) im Streitfall gerade nicht verwirklicht worden ist und daher auch nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann. Im Übrigen ist die Annahme einer Betriebsaufspaltung -und die damit verbundene Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit der Grundstückseigentümerin- durchaus nicht ausschließlich nachteilig. So vermeidet dieses Institut etwa die Aufdeckung der -hier sehr hohen- stillen Reserven im Wertansatz des schon seit langer Zeit im Eigentum der Grundstückseigentümerin stehenden Grundstücks. Ferner besteht infolge der Zuordnung des Grundstücks zum Betriebsvermögen die Möglichkeit, bei Verwirklichung eines Sachverhalts, der der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegt, hohe Steuervergünstigungen zu erlangen.

Danach kann offen bleiben, ob die Auffassung des Finanzgericht zutrifft, die GmbH habe die Begünstigung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu Recht in Anspruch genommen. Hiergegen hegt der Bundesfinanzhof insofern Bedenken, als die genannte Regelung zur Voraussetzung hat, „ausschließlich eigenen Grundbesitz“ zu verwalten und nutzen. Der Grund und Boden, den die GmbH von der Grundstückseigentümerin angepachtet hat und an verschiedene Mieter weiter überlässt, könnte aus Sicht der GmbH aber fremden Grundbesitz darstellen. Er dürfte angesichts der guten Lage des Grundstücks sowie des Bedarfs des Hauptmieters an großen Stell- und Rangierflächen für LKW auch im Verhältnis zu den darauf errichteten Gebäuden nicht von vollkommen untergeordneter Bedeutung sein.

Allerdings liegen im hier entschiedenen Fall die Voraussetzungen einer einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG -zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörender Grundbesitz- offensichtlich vor. Ist zum maßgebenden Stichtag (§ 20 GewStDV) Grundbesitz im Betriebsvermögen vorhanden, ist entweder die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG oder diejenige nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG – „An Stelle der Kürzung nach Satz 1 …“ – zu gewähren; ein vollständiges Außerachtlassen kommt nicht in Betracht.

Der Höhe nach beläuft sich der Kürzungsbetrag auf 1, 2 % des auf den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem Ende des jeweiligen Erhebungszeitraums festgestellten Einheitswerts, wobei der Einheitswert um 40 % zu erhöhen ist (§ 121a BewG).

Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Juni 2016 – X R 54/14

  1. Abgrenzung zu dem zu § 3 Nr.20 GewStG ergangenen BFH, Urteil vom 29.03.2006 – X R 59/00, BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661[]
  2. BFH, Urteile vom 24.08.1989 – IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014, unter 5.b; und vom 10.04.1991 – XI R 22/89, BFH/NV 1992, 312, unter 2.a[]
  3. BFH, Urteile vom 15.01.1998 – IV R 8/97, BFHE 185, 500, BStBl II 1998, 478, unter II. 3.; und vom 19.03.2002 – VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662, unter II.B.02.b bb[]
  4. BFH, Entscheidungen vom 22.01.1988 – III B 9/87, BFHE 152, 539, BStBl II 1988, 537, unter 2.b am Ende; und vom 22.02.2005 – VIII R 53/02, BFH/NV 2005, 1624, unter II. 2.c[]
  5. vgl. BFH, Urteile vom 11.12 1974 – I R 260/72, BFHE 114, 433, BStBl II 1975, 266, unter 3. – Fertigungsbetrieb; in BFH/NV 1992, 312, unter 2.c – Fabrikationsbetrieb; und vom 12.09.1991 – IV R 8/90, BFHE 166, 55, BStBl II 1992, 347, unter 2., Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.09.1994 2 BvR 204/92 – lüftungstechnisches Unternehmen; BFH, Urteile vom 27.08.1992 – IV R 13/91, BFHE 169, 231, BStBl II 1993, 134 – Hotel; vom 26.08.1993 – IV R 48/91, BFH/NV 1994, 265, unter 1. – Möbel-Einzelhandel; und vom 22.01.2009 – IV R 80/06, BFH/NV 2009, 1279, unter II. 1.a – Textilhandel[]
  6. BFH, Urteile vom 29.03.1973 – I R 174/72, BFHE 109, 456, BStBl II 1973, 686, unter 2.a; und vom 28.06.1973 – IV R 97/72, BFHE 109, 459, BStBl II 1973, 688[]
  7. BFH, Urteil vom 01.08.1979 – I R 111/78, BFHE 129, 57, BStBl II 1980, 77[]
  8. BFH, Entscheidungen vom 24.01.2012 – I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176; und vom 28.01.2015 – I R 20/14, BFH/NV 2015, 1109, unter II. 1.[]
  9. z.B. Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 62 f.; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 26; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz 106, 150 ff.; kritisch Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz 1279[]
  10. BFH, Urteil in BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661[]
  11. BFH, Urteil vom 19.10.2006 – IV R 22/02, BFHE 215, 268, unter II. 2.[]
  12. BFH, Urteil vom 20.08.2015 – IV R 26/13, BFHE 251, 53, BStBl II 2016, 408[]
  13. BFH, Beschluss vom 08.11.1971 – GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63[]
  14. so auch Wüllenkemper in seiner Anmerkung zur vorinstanzlichen Entscheidung in EFG 2014, 2073[]
  15. BFH, Urteil in BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661, unter II. 3.i[]
  16. BFH, Entscheidungen in BFHE 109, 456, BStBl II 1973, 686, unter 2.a; in BFH/NV 2012, 1176, unter II.a; BFH, Urteil vom 17.05.2006 – VIII R 39/05, BFHE 213, 64, BStBl II 2006, 659, unter II. 2.b aa[]
  17. BFH, Urteil vom 26.06.2007 – IV R 9/05, BFH/NV 2007, 2197[]